15Os144/18t – OGH Entscheidung
Kopf
Der Oberste Gerichtshof hat am 21. November 2018 durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofs Hon. Prof. Dr. Kirchbacher als Vorsitzenden, den Hofrat des Obersten Gerichtshofs Mag. Lendl sowie die Hofrätinnen des Obersten Gerichtshofs Dr. Michel Kwapinski, Mag. Fürnkranz und Dr. Mann in Gegenwart der FOI Bayer als Schriftführerin in der Strafsache gegen Hassan M***** wegen des Verbrechens des Raubes nach § 142 Abs 1 und 2 StGB und einer weiteren strafbaren Handlung über die Nichtigkeitsbeschwerde und die Berufung des Angeklagten gegen das Urteil des Landesgerichts für Strafsachen Wien als Schöffengericht vom 31. Juli 2018, GZ 114 Hv 59/18h 13, nach Anhörung der Generalprokuratur in nichtöffentlicher Sitzung den
Beschluss
gefasst:
Spruch
Die Nichtigkeitsbeschwerde wird zurückgewiesen.
Zur Entscheidung über die Berufung werden die Akten dem Oberlandesgericht Wien zugeleitet.
Dem Angeklagten fallen auch die Kosten des bisherigen Rechtsmittelverfahrens zur Last.
Text
Gründe:
Mit dem angefochtenen Urteil wurde Hassan M***** des Verbrechens des Raubes nach § 142 Abs 1 und 2 StGB (I./) und des Vergehens der Körperverletzung nach § 83 Abs 1 StGB (II./) schuldig erkannt.
Danach hat er am 23. März 2018 in W*****
I./ Nimo Mo***** mit gegen sie gerichteter Gewalt eine Umhängetasche aus Kunstleder im Wert von 7 Euro sowie darin befindliche 59 Euro Bargeld mit dem Vorsatz weggenommen, sich durch deren Zueignung unrechtmäßig zu bereichern, indem er ihr einen Schlag auf den Hinterkopf versetzte, ihr die Tasche, welche sie um den Hals trug, herunterriss und damit flüchtete, wobei er den Raub ohne Anwendung erheblicher Gewalt an einer Sache geringen Werts beging;
II./ Abdu Ma***** dadurch am Körper verletzt, dass er ihm zumindest drei Mal einen Kopfstoß ins Gesicht versetzte, wodurch dieser eine Schwellung an der Stirn und eine Nasenprellung mit einer Hautabschürfung erlitt.
Rechtliche Beurteilung
Der dagegen gerichteten, auf § 281 Abs 1 Z 4 und 5 StPO gestützten Nichtigkeitsbeschwerde des Angeklagten kommt keine Berechtigung zu.
Entgegen der Verfahrensrüge (Z 4) hat das Schöffengericht den in der Hauptverhandlung gestellten Antrag des Angeklagten auf „Ausforschung der Zeugen, die zum Vorfallszeitpunkt im Lokal waren und beweisen können, dass der Angeklagte keinen Raub begangen hat“, dies nach Einsicht in eine von der Zeugin Nimo Mo***** – ihren Angaben zufolge einige Zeit vor der Tat (ON 12 S 8 f) – angefertigte Bildaufnahme, ohne Verletzung von Verteidigungsrechten abgewiesen. Denn Anträge, die das Gericht nur zur Vornahme von Ermittlungen veranlassen sollen, um zu klären, ob von bestimmten Beweisen eine Förderung der Wahrheitsfindung zu erwarten ist oder ob überhaupt Beweismittel auffindbar sind, deren Heranziehung der Wahrheitsfindung dienlich sein könnten, laufen auf eine im Hauptverfahren unzulässige Erkundungsbeweisführung hinaus (RIS Justiz RS0099353, RS0118123).
Gleiches gilt für den Antrag, die Polizei möge „sich mit dem islamischen Zentrum in Verbindung setzen“, dort das von der Zeugin aufgenommene Video zur Identifizierung darauf erkennbarer Personen vorzeigen und nachfragen, welche Personen „nachher auch in dem Lokal gewesen sind“.
Zur Fundierung dieser Anträge in der Beschwerdeschrift nachgetragene Ausführungen sind aufgrund des Neuerungsverbots unbeachtlich (RIS Justiz RS0099618).
Die Feststellungen zum Zueignungs und Bereicherungsvorsatz (US 5 f) hat das Schöffengericht – der Mängelrüge (Z 5 vierter Fall) zuwider – aus dem objektiven Tatgeschehen abgeleitet (US 8).
Indem der Beschwerdeführer Feststellungen des Erstgerichts als „widersprüchlich“ und „nicht nachvollziehbar“ erachtet, diese „mit den Lebenserfahrungen nicht in Einklang“ bringen kann, auf seine Verantwortung in der Hauptverhandlung verweist und Vermutungen zum Geschehensablauf sowie zu einem möglichen Interesse des Opfers an einer Falschbelastung anstellt, wird ein Begründungsmangel im Sinn der Z 5 nicht zur Darstellung gebracht, sondern in unzulässiger Form Beweiswürdigungskritik geübt.
Die Nichtigkeitsbeschwerde war daher bereits bei der nichtöffentlichen Beratung sofort zurückzuweisen (§ 285d Abs 1 StPO), woraus die Zuständigkeit des Oberlandesgerichts zur Entscheidung über die Berufung folgt (§ 285i StPO).
Die Kostenersatzpflicht beruht auf § 390a Abs 1 StPO.
Bleibt mit Blick auf § 290 Abs 1 zweiter Satz erster Fall StPO anzumerken, dass die Heranziehung der mangelnden Schuldeinsicht des Angeklagten zur Begründung der Ablehnung (teil-)bedingter Strafnachsicht (US 9) einen unvertretbaren Gesetzesverstoß im Sinn der Z 11 dritter Fall darstellt (RIS Justiz RS0090897 [T3]; Ratz , WK-StPO § 281 Rz 677 f). Diesen von der Beschwerde nicht aufgegriffenen Umstand wird das Oberlandesgericht bei der Berufungsentscheidung zu berücksichtigen haben (RIS-Justiz RS0122140).