13Os125/18h – OGH Entscheidung
Kopf
Der Oberste Gerichtshof hat am 21. November 2018 durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofs Dr. Lässig als Vorsitzenden sowie die Hofrätin des Obersten Gerichtshofs Mag. Michel und den Hofrat des Obersten Gerichtshofs Dr. Oberressl in Gegenwart der OKontr. Ponath als Schriftführerin in der Strafsache gegen Nicole D***** wegen des Verbrechens des Suchtgifthandels nach § 12 zweiter Fall StGB, § 28a Abs 1 zweiter und dritter Fall SMG sowie weiterer strafbarer Handlungen, AZ 230 Hv 92/18b des Landesgerichts für Strafsachen Graz, über die Grundrechtsbeschwerde der Angeklagten Nicole D***** gegen den Beschluss des Oberlandesgerichts Graz als Beschwerdegericht vom 18. September 2018, AZ 1 Bs 118/18i, 119/18m (ON 34 der Hv Akten), den
Beschluss
gefasst:
Spruch
Die Grundrechtsbeschwerde wird zurückgewiesen.
Text
Gründe:
Das Landesgericht für Strafsachen Graz verhängte mit Beschluss vom 23. August 2018 (ON 18) über die am 21. August 2018 festgenommene (ON 16 S 1) Nicole D***** die Untersuchungshaft aus den Gründen der Verdunkelungs- und der Tatbegehungsgefahr gemäß § 173 Abs 2 Z 2 und 3 lit a, b und c StPO.
Mit Beschluss vom 6. September 2018 ordnete es aus denselben Haftgründen die Fortsetzung der Untersuchungshaft an (ON 27).
Mit der angefochtenen Entscheidung gab das Oberlandesgericht Graz der dagegen erhobenen Beschwerde der (damals Beschuldigten, nunmehr [ON 38] Angeklagten) Nicole D***** nicht Folge und setzte die Untersuchungshaft aus dem Haftgrund der Tatbegehungsgefahr nach § 173 Abs 2 Z 3 lit b und c StPO fort (ON 34).
Dabei ging es gestützt auf polizeiliche Ermittlungsergebnisse vom dringenden Verdacht aus, Nicole D***** habe in V ***** und anderen Orten
1) im Jahr 2015 im bewussten und gewollten Zusammenwirken mit anderen Personen (§ 12 erster Fall StGB) vorschriftswidrig Suchtgift eingeführt, indem sie 50 Gramm Crystal Meth von Tschechien über die Grenze nach Österreich verbrachten;
2) zwischen dem Jahresende 2017 und August 2018 im bewussten und gewollten Zusammenwirken mit einem anderen Beschuldigten in mehrfachen Angriffen eine unbekannte Person dazu bestimmt (§ 12 zweiter Fall StGB), vorschriftswidrig Suchtgift in einer die Grenzmenge (§ 28b SMG) übersteigenden Menge nach Österreich einzuführen, indem sie insgesamt zumindest 700 Gramm Amphetamin (70 Gramm Amphetaminbase) über das Darknet bestellten und so die Übersendung des Suchtgifts im Postweg nach Österreich veranlassten;
3) vom Jahresanfang 2015 bis August 2018 in einer die Grenzmenge (§ 28b SMG) übersteigenden Menge vorschriftswidrig Suchtgift anderen überlassen, indem sie in einer Vielzahl von Angriffen insgesamt zumindest 15 Gramm Cannabiskraut mit einem durchschnittlichen Reinheitsgehalt von 10 % (1,5 Gramm Delta-9-THC), 1.220 Gramm Amphetamin mit einem durchschnittlichen Reinheitsgehalt von zumindest 10 % (122 Gramm Amphetaminbase) und 47 Gramm Crystal Meth mit einem durchschnittlichen Reinheitsgehalt von 10 % (4,7 Gramm Methamphetamin) an im Beschluss genannte Personen weiterveräußerte.
In rechtlicher Hinsicht bejahte das Oberlandesgericht den dringenden Verdacht des Vergehens des unerlaubten Umgangs mit Suchtgiften nach § 27 Abs 1 Z 1 fünfter Fall SMG (1) sowie der Verbrechen des Suchtgifthandels nach § 12 zweiter Fall StGB, § 28a Abs 1 zweiter Fall SMG (2) und nach § 28a Abs 1 fünfter Fall SMG (3).
Rechtliche Beurteilung
Die dagegen erhobene Grundrechtsbeschwerde der Nicole D***** geht fehl:
Die Sachverhaltsgrundlage des dringenden Tatverdachts kann im Grundrechtsbeschwerdeverfahren nach ständiger Judikatur nur nach Maßgabe der Kriterien der Z 5 und 5a des § 281 Abs 1 StPO angefochten werden (RIS-Justiz RS0110146, RS0112012 [T6] und RS0114488 [insbesondere T2]).
Diesen Anfechtungsrahmen verlässt die Beschwerde, indem sie in Bezug auf die Nichtannahme des Vorliegens der Voraussetzungen des § 28a Abs 3 erster Fall SMG (iVm § 27 Abs 5 SMG) das von Nicole D***** sowohl in der verantwortlichen Abhörung am 21. August 2018 als auch am 23. August 2018 jeweils zugestandene Tatmotiv, sich und ihrem Freund den Lebensunterhalt zu finanzieren (ON 15 S 23 und ON 17 S 9), übergeht und aus einzelnen anderen Details der Aussage zum Eigenkonsum anhand eigener Beweiswerterwägungen für die Beschwerdeführerin günstige Schlüsse ableitet (vgl dagegen BS 3 f).
Die rechtliche Annahme einer der von § 173 Abs 2 StPO genannten Gefahren wird vom Obersten Gerichtshof im Grundrechtsbeschwerdeverfahren nur dahin überprüft, ob sie aus den in der angefochtenen Entscheidung angeführten bestimmten Tatsachen abgeleitet werden durfte, ohne dass die darin liegende Ermessensentscheidung als willkürlich angesehen werden müsste (RIS Justiz RS0118185 [T2], RS0117806). Die Behauptung, die „Begründung zur Tatbegehungsgefahr“ sei „unvollständig“, orientiert sich nicht an diesen Kriterien.
Der Vorwurf der Unverhältnismäßigkeit argumentiert nicht auf der Basis der – wie dargelegt nicht prozessordnungskonform in Frage gestellten – Sachverhaltsgrundlage des dringenden Tatverdachts und entzieht sich solcherart ebenfalls einer meritorischen Erledigung.
Die Grundrechtsbeschwerde war daher ohne Kostenzuspruch (§ 8 GRBG) zurückzuweisen.