JudikaturOGH

10Ob91/18g – OGH Entscheidung

Entscheidung
20. November 2018

Kopf

Der Oberste Gerichtshof hat als Revisionsgericht durch den Vizepräsidenten Univ. Prof. Dr.

Neumayr als Vorsitzenden, die Hofrätinnen Dr. Fichtenau und Dr. Grohmann, den Hofrat Mag. Ziegelbauer und die Hofrätin Dr. Faber als weitere Richter in der Rechtssache der klagenden Partei F***** GmbH, *****, vertreten durch Mag. Bertram Fischer, Rechtsanwalt in Mondsee, gegen die beklagte Partei R*****, vertreten durch Ebner Aichinger Guggenberger Rechtsanwälte GmbH in Salzburg, wegen 19.584 EUR sA (Revisionsinteresse: 13.056 EUR), über die Revision der beklagten Partei gegen das Urteil des Oberlandesgerichts Linz als Berufungsgericht vom 18. Juni 2018, GZ 3 R 53/18m 15, womit das Urteil des Landesgerichts Wels vom 1. März 2018, GZ 5 Cg 82/17h 11, abgeändert wurde, in nichtöffentlicher Sitzung den

Beschluss

gefasst:

Spruch

Der Revision wird Folge gegeben.

Das Urteil des Berufungsgerichts wird aufgehoben und die Rechtssache zur neuerlichen Entscheidung an das Berufungsgericht zurückverwiesen.

Die Kosten des Revisionsverfahrens sind weitere Verfahrenskosten.

Text

Begründung:

Gegenstand des Verfahrens ist die Frage, ob die Beklagte verpflichtet ist, der klagenden Immobilienmaklergesellschaft eine Käuferprovision für die Vermittlung des Ankaufs einer Eigentumswohnung zu einem Kaufpreis von 544.000 EUR zu leisten.

Nach den Behauptungen der klagenden Partei sei ein (konkludenter) Maklervertrag betreffend den Ankauf der Eigentumswohnung zustande gekommen, sie sei für das Zustandekommen des Kaufvertrags auch verdienstlich geworden.

Die Beklagte bestreitet und bringt vor, zwischen ihr und der klagenden Partei bestehe weder ein ausdrücklicher noch ein konkludenter Maklervertrag. Der Abschluss des Kaufvertrags sei ausschließlich auf ihre Eigeninitiative sowie jene des Verkäufers zurückzuführen.

Das Erstgericht wies das auf Zahlung einer Käuferprovision in Höhe von 3 % des Kaufpreises (insgesamt 19.584 EUR inkl 20 % Umsatzsteuer sA) gerichtete Klagebegehren ab.

Nach den – hier zusammengefasst wiedergegebenen – bisherigen Feststellungen suchten die Beklagte und ihr Lebensgefährte 2014 eine Mietwohnung. Sie kamen in Kontakt mit dem Geschäftsführer der klagenden Partei, der meinte, er werde sich unverbindlich nach einer passenden Wohnung umsehen. Er präsentierte ihnen eine Eigentumswohnung, mit deren Eigentümer er eine Provision vereinbart hatte, deren Höhe bei Verkauf innerhalb von zwei Monaten (bis ca Ende Oktober 2014) 1 % betragen sollte, anschließend war eine provisionsfreie Vermittlung vereinbart. Der Geschäftsführer der klagenden Partei legte den Vermittlungsauftrag gegenüber der Beklagten offen, zu welchem Zeitpunkt er dies tat, steht nicht fest. Es kam zu einer (ersten) Besichtigung im Beisein des Geschäftsführers der klagenden Partei. Die Beklagte war mangels entsprechender finanzieller Mittel an einem Ankauf nicht interessiert, die mit 2.500 EUR monatlich angegebene Miete erschien dem Lebensgefährten der Beklagten zu hoch. Bei der Besichtigung wurden der Beklagten weder ein Expose noch ein Plan noch eine Betriebs- oder Nebenkostenübersicht übergeben, ebensowenig war jemals von einer Provision die Rede.

2015 kam dem Geschäftsführer der klagenden Partei zu Ohren, dass der Beklagten aus einem in Aussicht genommenen Hausverkauf ein Verkaufserlös zur Verfügung stehen könnte. Er schlug ihr vor, diesen Betrag für den Erwerb der Eigentumswohnung zu verwenden. Die Beklagte und ihr Lebensgefährte besichtigten daraufhin in seinem Beisein die Eigentumswohnung ein zweites Mal. Im August oder September 2015 organisierte der Geschäftsführer der klagenden Partei ein Treffen mit dem Eigentümer der Wohnung. Die Beklagte wies darauf hin, dass es ihr auch derzeit an den finanziellen Mitteln fehle und sie erst die Liegenschaft in Deutschland verkaufen müsse. An einer Vermietung der Wohnung war der Eigentümer nicht interessiert. In der Folge fanden direkte persönliche und telefonische Kontakte zwischen der Beklagten und dem Eigentümer statt (ohne Beisein des Geschäftsführers der klagenden Partei), die letztlich darin mündeten, dass die Beklagte die Wohnung mit Kaufvertrag vom 9. August 2016 zu einem Kaufpreis von 544.000 EUR erwarb. Der Geschäftsführer der klagenden Partei war in die Vertrags- und Finanzierungsgespräche nicht mehr involviert.

Rechtlich ging das Erstgericht davon aus, das konkludente Zustandekommen eines Maklervertrags setze voraus, dass der Interessent die von einem Immobilienmakler entfaltete Tätigkeit kenne und ihr nicht widerspreche. Dies reiche jedoch dann nicht aus, wenn der Makler – wie hier – bereits für einen anderen Auftraggeber (Verkäufer) handle. In diesem Fall müsse der Immobilienmakler deutlich zu erkennen geben, für seine Bemühungen (auch) eine Provision vom Verhandlungspartner zu erwarten. Dafür ergäben sich aus den Feststellungen keine Anhaltspunkte.

Das Berufungsgericht gab der Berufung der klagenden Partei teilweise Folge und änderte das Ersturteil dahin ab, dass es die Beklagte schuldig erkannte, der klagenden Partei 13.056 EUR sA zu leisten und das Mehrbegehren abwies. Die Revision ließ es nachträglich zu.

Rechtlich ging das Berufungsgericht vom Zustandekommen eines konkludenten Maklervertrags (erkennbar über den Ankauf der Wohnung) aus. Der Umstand, dass die klagende Partei auch vom Verkäufer mit der Vermittlung der Wohnung betraut gewesen sei, sei für den Provisionsanspruch gegenüber der Beklagten unerheblich. Die Beklagte habe im erstinstanzlichen Verfahren nämlich selbst vorgebracht, für sie habe sich erst nachträglich, und zwar erst nach dem Gespräch im September 2015 herausgestellt, dass der Geschäftsführer der klagenden Partei vom Eigentümer auf Basis eines Alleinvermittlungsauftrags mit der Vermittlung des Verkaufs der Eigentumswohnung betraut gewesen sei. Aus diesem Vorbringen sei der Gegenschluss zu ziehen, dass sich die Beklagte der Leistungen der klagenden Partei bedient habe, ohne dass ein Vertrauenstatbestand vorgelegen habe, der Geschäftsführer der klagenden Partei würde für jemand anderen einschreiten bzw tätig sein. Bereits durch die Inanspruchnahme der Vermittlungstätigkeit der klagenden Partei durch die Beklagte sei es – auch ohne expliziten Hinweis auf die Provisionspflicht – zu einem konkludenten Abschluss eines Maklervertrags gekommen. Mangels eines Vertrauenstatbestands müsse auf die in der Berufungsbeantwortung enthaltene Beweisrüge nicht eingegangen werden. Soweit rechtliche Feststellungsmängel geltend gemacht werden, seien diese rechtlich unerheblich. Im Hinblick darauf, dass der bloße Nachweis der Kaufgelegenheit genüge, sei die Tätigkeit des Geschäftsführers der klagenden Partei als verdienstlich iSd § 6 Abs 1 MaklerG anzusehen. Diese Tätigkeit sei für das Zustandekommen des Geschäfts und für das Entstehen des Provisionsanspruchs auch adäquat kausal. Da die Beklagte Verbraucherin sei, hätte ihr aber gemäß § 30b KSchG vor Abschluss des Maklervertrags eine schriftliche Übersicht mit dem dort angeführten Inhalt übergeben werden müssen. Da dies unterblieben sei, sei der Provisionsanspruch um 33 % auf 13.056 EUR (inklusive USt) zu mindern.

Gegen diese Entscheidung richtet sich die Revision der Beklagten aus den Revisionsgründen der unrichtigen rechtlichen Beurteilung und der Mangelhaftigkeit des Berufungsverfahrens.

Rechtliche Beurteilung

Die (vom Berufungsgericht nachträglich zugelassene) Revision ist zulässig und im Sinn des eventualiter gestellten Aufhebungsantrags auch berechtigt.

1.1 Der Provisionsanspruch des Maklers setzt einen zumindest schlüssig erteilten Vermittlungsauftrag voraus (RIS Justiz RS0062685). Dazu reicht es aus, wenn sich der Auftraggeber der Vermittlung nutzbringend bedient hat, also er die vom Makler für ihn entfaltete Tätigkeit kennt und ihr nicht widerspricht (RIS Justiz RS0062234).

1.2 Dies genügt aber nicht, wenn der Immobilienmakler bereits erkennbar für einen anderen Auftraggeber handelt (RIS Justiz RS0062234 [T4]). Die Inanspruchnahme der Dienste des Immobilienmaklers ist in diesem Fall nur dann als konkludentes Einverständnis zum Abschluss eines Maklervertrags zu deuten, wenn der Makler zuvor deutlich zu erkennen gegeben hat, dass er auch von seinem weiteren Gesprächs bzw Verhandlungspartner eine Provision erwartet. Es darf mit Überlegung aller Umstände kein vernünftiger Grund übrig bleiben, an der Zustimmung zum Vertragsschluss zu zweifeln. Verbleiben Zweifel an einer schlüssigen Auftragserteilung, gehen diese stets zu Lasten des Maklers, der für das Zustandekommen des Vermittlungsauftrags beweispflichtig ist (RIS Justiz RS0062658 [T5]).

2.1 Demnach ist im vorliegenden Fall für das Zustandekommen eines schlüssigen Maklervertrags über den Ankauf der Wohnung ua entscheidungswesentlich, ob der Beklagten erkennbar war, dass der Geschäftsführer der klagenden Partei seine Tätigkeit nur im Hinblick auf den ihm bereits vom Wohnungseigentümer erteilten Vermittlungsauftrag über den Verkauf der Wohnung entwickelt.

2.2 Das Berufungsgericht ging in diesem Zusammenhang vom (eigenen) Vorbringen der Beklagten aus, wonach sich für sie erst nachträglich, und zwar erst nach dem Gespräch im September 2015 herausgestellt habe, dass der Geschäftsführer der klagenden Partei mit der Alleinvermittlung des Verkaufs der Eigentumswohnung betraut gewesen sei (Seite 4 des vorbereitenden Schriftsatzes vom 2. 11. 2017, ON 6).

2.3 Zu Recht rügt die Beklagte in der Revision, dass das Berufungsgericht ihr in der Tagsatzung vom 18. 1. 2018 (Seite 2 des Protokolls ON 10 erster Absatz) erstattetes geändertes Vorbringen übersehen habe, der Geschäftsführer der klagenden Partei habe ihr und ihrem Lebensgefährten (doch) bereits eingangs seiner Tätigkeit den ihm vom Eigentümer erteilten Vermittlungsauftrag offengelegt. Dieses – nach § 179 Abs 1 ZPO zulässige – Vorbringen wurde tatsächlich vom Berufungsgericht rechtsirrig nicht beachtet. Daraus resultiert insofern eine unrichtige rechtliche Beurteilung (RIS Justiz RS0043402 [T2]), als das Berufungsgericht die Abänderung der erstinstanzlichen Entscheidung auf eine Tatsachengrundlage gestützt hat, die weder dem (übereinstimmenden) Parteienvorbringen entspricht noch sich aus den bisherigen Feststellungen ableiten lässt. Diese Mangelhaftigkeit ist zur Wahrung der Rechtssicherheit vom Obersten Gerichtshof aufzugreifen und führt zur Aufhebung des Urteils des Berufungsgerichts.

3. Bei seiner neuerlichen Entscheidung wird sich das Berufungsgericht mit der bisher nicht erledigten Beweisrüge und mit den geltend gemachten rechtlichen Feststellungsmängeln zu befassen haben, die es – ausgehend von seiner Rechtsansicht – bisher als nicht entscheidungsrelevant erachtet hat. Im Hinblick auf das Vorbringen der Beklagten wird auch näher darauf einzugehen sein, welchen Vertragsinhalt (Vermittlung einer Mietwohnung, Vermittlung des Ankaufs einer Eigentumswohnung oder beides) ein allenfalls zwischen den Streitteilen konkludent zustandegekommener Maklervertrag hatte.

D er Kostenvorbehalt beruht auf § 52 Abs 1 ZPO.

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