14Os110/18k – OGH Entscheidung
Kopf
Der Oberste Gerichtshof hat am 13. November 2018 durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofs Prof. Dr. Danek als Vorsitzenden, die Hofrätin des Obersten Gerichtshofs Mag. Hetlinger, die Hofräte des Obersten Gerichtshofs Dr. Nordmeyer und Dr. Oshidari sowie die Hofrätin des Obersten Gerichtshofs Dr. Mann in Gegenwart der Kontr. Gsellmann als Schriftführerin in der Strafsache gegen Mathias W***** wegen des Verbrechens des Missbrauchs der Amtsgewalt nach § 302 Abs 1 StGB über die Nichtigkeitsbeschwerde und die Berufung des Angeklagten gegen das Urteil des Landesgerichts Innsbruck als Schöffengericht vom 6. Juni 2018, GZ 37 Hv 48/18w 15, nach Anhörung der Generalprokuratur in nichtöffentlicher Sitzung den
Beschluss
gefasst:
Spruch
Die Nichtigkeitsbeschwerde und die Berufung wegen des Ausspruchs über die Schuld werden zurückgewiesen.
Zur Entscheidung über die Berufung gegen den Ausspruch über die Strafe werden die Akten dem Oberlandesgericht Innsbruck zugeleitet.
Dem Angeklagten fallen auch die Kosten des bisherigen Rechtsmittelverfahrens zur Last.
Text
Gründe:
Mit dem angefochtenen Urteil wurde Mathias W***** des Verbrechens des Missbrauchs der Amtsgewalt nach § 302 Abs 1 StGB schuldig erkannt.
Danach hat er am 22. September 2014 in R***** als zur wiederkehrenden Begutachtung von Fahrzeugen und Ausstellung von Gutachten nach § 57a Abs 4 KFG 1967 Ermächtigter, mithin als Beamter, mit dem Vorsatz, dadurch den Staat an dessen Recht auf (ersichtlich gemeint [US 5]; zu in derartigen Fällen als Bezugspunkt des Schädigungsvorsatzes in Frage kommenden Rechten vgl 17 Os 3/14s) Ausschluss nicht verkehrs- und betriebssicherer (sowie umweltverträglicher) Fahrzeuge von der Teilnahme am Straßenverkehr zu schädigen, seine Befugnis, im Namen des Bundes als dessen Organ in Vollziehung der Gesetze Amtsgeschäfte, nämlich die wiederkehrende Begutachtung von Fahrzeugen und die Ausstellung von Prüfgutachten, vorzunehmen, dadurch wissentlich missbraucht, dass er für einen (im Urteil näher bezeichneten) PKW ein positives Prüfgutachten ausstellte, obwohl er wusste, dass das Fahrzeug wegen einer Vielzahl (auf US 4 f genannter) schwerwiegender Mängel nicht den Erfordernissen der Verkehrs- und der Betriebssicherheit (und des Umweltschutzes [vgl US 4]) entsprach.
Rechtliche Beurteilung
Die dagegen vom Angeklagten aus § 281 Abs 1 Z 4, 5 und 9 lit a StPO ergriffene Nichtigkeitsbeschwerde ist nicht im Recht.
Entgegen der Verfahrensrüge (Z 4) wurden durch die Abweisung des in der Hauptverhandlung gestellten Antrags auf „Einholung eines kfz technischen Sachverständigengutachtens zum Beweis dafür, dass zum Zeitpunkt der Begutachtung diese Mängel nicht vorhanden waren“ (ON 14 S 15), Verteidigungsrechte nicht verletzt.
Bereits vor Antragstellung hatte nämlich der Sachverständige Erwin M *****, der – dem Beschwerdevorbringen zuwider – in der Hauptverhandlung am 6. Juni 2018 als solcher und nicht bloß als Zeuge befragt worden war, unter Verweis auf seine im Verfahren ***** des Bezirksgerichts Kufstein eingeholte Expertise (ON 9 in ON 3) zum selben Thema Befund und Gutachten erstattet, in dem er zum Schluss gekommen war, dass das verfahrensgegenständliche Fahrzeug aufgrund der im Urteil festgestellten Mängel nicht verkehrs- und betriebssicher war, und – über ergänzende Befragung – ausgeführt hatte, dass diese Mängel schon zum Zeitpunkt der Begutachtung durch den Angeklagten vorhanden waren (ON 14 S 7 ff, S 15 iVm ON 9 in ON 3).
Liegt aber ein für den Beschwerdeführer
nachteiliges Gutachten bereits vor, kann bei (in dessen Vernehmung bestehender) Beiziehung dieses
Sachverständigen zur Hauptverhandlung nur durch Aufzeigen von – nach Durchführung eines Verbesserungsverfahrens bestehen gebliebenen – Mängeln im Sinn des §
127 Abs 3 StPO das
Gutachten eines weiteren
Sachverständigen unter der Sanktion der
Z 4 erwirkt werden. Solche Mängel wurden im Antrag nicht einmal behauptet, womit dieser bloß auf eine Überprüfung der Beurteilung der vorliegenden Expertise in der nicht indizierten Erwartung eines für den Antragsteller günstigeren Ergebnisses und damit auf unzulässige Erkundungsbeweisführung abzielte (RIS Justiz RS0117263, RS0102833, RS0115712; Ratz , WK StPO § 281 Rz 351, 373).
Weitere in der Beschwerdeschrift zur Antragsfundierung nachgetragene Ausführungen unterliegen dem
Neuerungsverbot und sind daher unbeachtlich (RIS Justiz RS0099618).
Die Mängelrüge (Z 5 vierter Fall) nimmt mit dem Vorwurf des Fehlens einer Begründung der von ihr kritisierten Sachverhaltsannahmen, nach denen der Angeklagte anlässlich seiner Begutachtung erkannte, dass das überprüfte Fahrzeug die in Rede stehenden Mängel aufwies und damit nicht verkehrs- und betriebssicher war, dessen ungeachtet ein inhaltlich unrichtiges Gutachten nach § 57a Abs 4 KFG erstellte und dadurch wissentlich seine Befugnisse missbrauchte (US 4 f), prozessordnungswidrig nicht an den Entscheidungsgründen (US 6 ff) Maß (RIS Justiz RS0119370). Weshalb die von den Tatrichtern aus den Angaben des Angeklagten und des Zeugen Manuel S ***** im Zusammenhalt mit den Ausführungen des Sachverständigen und der allgemeinen Lebenserfahrung gezogenen entsprechenden Schlussfolgerungen den Kriterien folgerichtigen Denkens oder grundlegenden Erfahrungssätzen widersprechen sollten (RIS Justiz RS0116732), erklärt sie damit nicht.
Die Rechtsrüge (Z 9 lit a) vermisst (ausreichende) Feststellungen zur subjektiven Tatseite, orientiert sich dabei aber nicht an den, auch das Vorliegen eines auf die Schädigung der Republik Österreich durch die Erstellung eines falschen Gutachtens gerichteten (Eventual )Vorsatzes bejahenden, entsprechenden Urteilsannahmen (vgl US 5) und leitet nicht methodengerecht aus dem Gesetz ab (RIS Justiz RS0116569), weshalb es weiterer Konstatierungen dazu bedurft hätte, dass sich der Schädigungsvorsatz des Beschwerdeführers auch auf seinen „wissentlichen Befugnismissbrauch“ bezog (vgl Marek/Jerabek , Korruption und Amtsmissbrauch 10 § 302 Rz 46 [mwN]).
Die Nichtigkeitsbeschwerde war daher bereits bei der nichtöffentlichen Beratung ebenso zurückzuweisen (§ 285d StPO) wie die im kollegialgerichtlichen Verfahren nicht zulässige, vom Angeklagten (durch die Erklärung, „volle Berufung“ zu erheben [ON 17 S 2]) angemeldete Berufung wegen Schuld (§§ 294 Abs 4, 296 Abs 2 StPO), woraus die Zuständigkeit des Oberlandesgerichts zur Entscheidung über seine Berufung wegen des Ausspruchs über die Strafe folgt (§ 285i StPO).
Der Kostenausspruch beruht auf § 390a Abs 1 StPO.