JudikaturOGH

14Os107/18v – OGH Entscheidung

Entscheidung
13. November 2018

Kopf

Der Oberste Gerichtshof hat am 13. November 2018 durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofs Prof. Dr. Danek als Vorsitzenden, die Hofrätin des Obersten Gerichtshofs Mag. Hetlinger, die Hofräte des Obersten Gerichtshofs Dr. Nordmeyer und Dr. Oshidari sowie die Hofrätin des Obersten Gerichtshofs Dr. Mann in Gegenwart der Kontr. Gsellmann als Schriftführerin in der Strafsache gegen Veronika E***** wegen des Vergehens des schweren gewerbsmäßigen Betrugs nach §§ 146, 147 Abs 2, 148 erster Fall StGB und einer weiteren strafbaren Handlung über die Nichtigkeitsbeschwerde und die Berufung der Angeklagten gegen das Urteil des Landesgerichts St. Pölten als Schöffengericht vom 8. Jänner 2018, GZ 36 Hv 90/17t 62, nach Anhörung der Generalprokuratur in nichtöffentlicher Sitzung den

Beschluss

gefasst:

Spruch

Die Nichtigkeitsbeschwerde wird zurückgewiesen.

Zur Entscheidung über die Berufung werden die Akten dem Oberlandesgericht Wien zugeleitet.

Der Angeklagten fallen auch die Kosten des bisherigen Rechtsmittelverfahrens zur Last.

Text

Gründe:

Mit dem angefochtenen Urteil wurde Veronika E***** der Vergehen des schweren gewerbsmäßigen Betrugs nach §§ 146, 147 Abs 2, 148 erster Fall StGB und der Urkundenfälschung nach § 223 Abs 2 StGB schuldig erkannt.

Danach hat sie von Dezember 2014 bis 30. November 2016 in F***** und andernorts

I./ gewerbsmäßig mit dem Vorsatz, durch das Verhalten der Getäuschten sich oder einen Dritten unrechtmäßig zu bereichern, Nachgenannte durch Vortäuschung ihrer Rückzahlungsfähigkeit und willigkeit zur Gewährung von Darlehen verleitet, die diese in einem jeweils 5.000 Euro übersteigenden Betrag am Vermögen schädigten, und zwar

1./ Karl F***** zur Übergabe von insgesamt 160.000 Euro;

2./ Daniel Fr***** zur Übergabe von insgesamt 29.000 Euro;

3./ Maria F***** zur Übergabe von 30.000 Euro;

II./ „eine verfälschte Urkunde“ im Rechtsverkehr zum Beweis einer Tatsache verwendet, indem sie den Beamten des Stadtpolizeikommandos St. Pölten eine Bestätigung vorlegte, auf der nachträglich über der Blankounterschrift des Karl F***** der Text „Hiermit bestätige ich Karl F*****, dass mir Fr. Veronika E***** (D*****) zum heutigen Datum 14. 11. 2016 kein Geld mehr schuldet. Beide Seiten bestätigen mit ihrer Unterschrift.“ eingefügt worden war.

Die dagegen aus den Gründen der Z 5a und 9 lit a des § 281 Abs 1 StPO ergriffene Nichtigkeitsbeschwerde der Angeklagten verfehlt ihr Ziel.

Rechtliche Beurteilung

Die Tatsachenrüge (Z 5a) will (nur) geradezu unerträgliche Feststellungen zu entscheidenden Tatsachen und völlig lebensfremde Ergebnisse der Beweiswürdigung durch konkreten Verweis auf aktenkundige Beweismittel bei gleichzeitiger Bedachtnahme auf die Gesamtheit der tatrichterlichen Beweiserwägungen verhindern. Außerhalb solcher Sonderfälle auf eine Überprüfung der Beweiswürdigung abzielende Tatsachenrügen beantwortet der Oberste Gerichtshof ohne eingehende eigene Erwägungen, um über den Umfang seiner Eingriffsbefugnisse keine Missverständnisse aufkommen zu lassen (RIS Justiz RS0118780).

Indem die Beschwerde zu I./1./ auf die Höhe des insgesamt übergebenen Geldbetrags sowie dessen Übergabe während eines langen Zeitraums, das Fehlen schriftlicher Übergabebestätigungen oder Rückzahlungsvereinbarungen und auf die Verantwortung der Angeklagten verweist, wonach sie Karl F***** die erhaltenen Geldbeträge zurückgezahlt habe, weckt sie keine erheblichen Bedenken gegen die Richtigkeit der Feststellungen zu entscheidenden Tatsachen.

Mit der Behauptung, das Beweisverfahren biete keine Grundlage für die zu I./1./ bis 3./ getroffenen Feststellungen einer Darlehensgewährung (US 3 ff), wird der Nichtigkeitsgrund der Z 5a nicht zur Darstellung gebracht (RIS-Justiz RS0128874). Der bloße Hinweis auf das „Gesamtverhalten des Karl F*****“ lässt wiederum den gebotenen Aktenbezug vermissen (RIS Justiz RS0119310).

Soweit einzelne (vom Erstgericht umfassend erörterte [US 6 ff]) Verfahrensergebnisse sowie Widersprüche in den Angaben der Zeugen Karl F***** und Maria F***** einer eigenständigen Würdigung unterzogen werden, das Verhalten des Daniel Fr***** interpretiert und die Vermutung angestellt wird, dass der vermeintliche SMS Verkehr zwischen Karl F***** und Daniel Fr***** manipuliert worden sein könnte, versucht die Rüge die Beweiswürdigung (nur) nach Art einer (im kollegialgerichtlichen Verfahren nicht vorgesehenen) Schuldberufung in Zweifel zu ziehen (RIS Justiz RS0117446 [T6]).

Der Vorwurf des Unterbleibens einer Beweisaufnahme zum von der Angeklagten behaupteten Verkauf eines Wohnhauses in Tschechien und zu dem daraus erzielten Betrag von zumindest 300.000 Euro bezieht sich mit Blick auf die Feststellungen zum Fehlen der Rückzahlungswilligkeit (US 5) nicht auf entscheidende Tatsachen (zu den Voraussetzungen einer Aufklärungsrüge vgl im Übrigen RIS-Justiz RS0115823, RS0114036).

Mit der bloßen Behauptung, aus den Beweisergebnissen ergebe sich nicht, dass sich auf dem tatgegenständlichen Schriftstück zu II./ nur eine Blankounterschrift befunden habe, wird die Tatsachenrüge neuerlich nicht prozessordnungskonform zur Darstellung gebracht. Durch Verweis auf die Gestaltung des Schreibens und die Angaben des Zeugen Karl F*****, in unmittelbarer Nähe seiner Unterschrift auch seine Führerscheindaten vermerkt zu haben, weckt sie wiederum keine erheblichen Bedenken gegen die Richtigkeit des Ausspruchs über entscheidende Tatsachen.

Prozessordnungskonforme Ausführung der Rechtsrüge (Z 9 lit a) erfordert das strikte Festhalten am gesamten Urteilssachverhalt und den ausschließlich auf dessen Basis geführten Nachweis eines Rechtsirrtums (RIS Justiz RS0099810; Ratz , WK StPO § 281 Rz 581, 584).

Diesen Kriterien wird die eine unrechtmäßige Bereicherung der Angeklagten in Abrede stellende Beschwerde zu I./ nicht gerecht, indem sie aus dem Zeitraum und der Höhe der Geldüberweisungen schließt, dass die Angeklagte – entgegen den Feststellungen (US 3 ff) – „davon ausgehen“ konnte, dass die Opfer mit einer Rückzahlung der übergebenen Geldbeträge nicht gerechnet haben.

Kein materiell rechtlicher Nichtigkeitsgrund wird mit der Behauptung zu II./ vorgebracht, der Angeklagten sei eine Urkundenfälschung „subjektiv nicht vorwerfbar“, weil sie als Laiin nicht erkennen konnte und musste, dass es sich beim Schreiben vom 14. November 2016 um eine Urkunde handelt.

Die Nichtigkeitsbeschwerde war daher bei der nichtöffentlichen Beratung sofort zurückzuweisen (§ 285d Abs 1 StPO), woraus die Zuständigkeit des Oberlandesgerichts zur Entscheidung über die Berufung folgt (§ 285i StPO).

Die Kostenersatzpflicht beruht auf § 390a Abs 1 StPO.

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