JudikaturOGH

6Ob150/18d – OGH Entscheidung

Entscheidung
26. September 2018

Kopf

Der Oberste Gerichtshof hat durch den Senatspräsidenten Dr. Schramm als Vorsitzenden sowie die Hofräte Dr. Gitschthaler, Univ. Prof. Dr. Kodek und Dr. Nowotny und die Hofrätin Dr. Faber als weitere Richter im Verfahren zur Wiederaufnahme des Nachprüfungsverfahrens gemäß § 33 ÜbG gegen 1. A***** AG, *****, 2. M***** Limited, *****, 3. W***** AG, *****, diese drei vertreten durch Schönherr Rechtsanwälte GmbH, 4. C***** C*****, 5. C***** Privatstiftung, *****, beide vertreten durch EY Law Pelzmann Gall Rechtsanwälte GmbH in Wien, 6. P***** (UK) LLP, *****, vertreten durch Brandstätter Scherbaum Rechtsanwälte OG in Wien, 7. B***** S.A.M., *****, vertreten durch Mag. Martin Platte, Rechtsanwalt in Wien, 8. R***** B*****, 9. C***** GmbH, *****, vertreten durch Dr. Michael Pramberger, Rechtsanwalt in Wien, 10. G***** C*****, vertreten durch Mag. Martin Platte, Rechtsanwalt in Wien, 11. D***** Limited, *****, 12. W***** H*****, beide vertreten durch Weber Rechtsanwälte GmbH in Wien, 13. M***** S.A., *****, vertreten durch Rautner Rechtsanwälte GmbH, 14. B***** GmbH, *****, 15. J***** S*****, beide vertreten durch Denkmaier Hutterer Hüttner Waldl Rechtsanwälte GmbH in Hofkirchen im Traunkreis, sowie 16. c***** SE, *****, vertreten durch Eisenberger Herzog Rechtsanwalts GmbH in Wien, über die Rekurse der P***** LLP sowie der P***** (UK) LLP, beide vertreten durch Brandstätter Scherbaum Rechtsanwälte OG in Wien, gegen den Bescheid der Übernahmekommission vom 27. Juni 2018, GZ 2018/1/3 14, womit der Antrag auf Wiederaufnahme des Verfahrens AZ 2016/1/2 abgewiesen wurde, in nichtöffentlicher Sitzung den

Beschluss

gefasst:

Spruch

Dem Rekurs wird nicht Folge gegeben.

Text

Begründung:

Gegenstand des Verfahrens ist ein Antrag der Rekurswerber auf Wiederaufnahme eines Verfahrens vor der Übernahmekommission nach dem Übernahmegesetz (ÜbG).

In diesem Verfahren wurde gemäß § 33 Abs 1 Z 2 ÜbG geprüft, ob die Angebotspflicht hinsichtlich der Beteiligung an der Zielgesellschaft c***** SE gemäß §§ 22, 22a ÜbG verletzt wurde. Gegenstand dieses Nachprüfungsverfahrens war, ob A***** AG („A*****“), C***** C***** und P***** (UK) LLP („P*****“) sowie allfällige weitere Personen als gemeinsam vorgehende Rechtsträger iSd § 1 Z 6 ÜbG zu qualifizieren seien. Dies betraf insbesondere mögliche Absprachen rund um eine geplante Transaktion im Herbst 2015 sowie im Vorfeld der außerordentlichen Hauptversammlung der Zielgesellschaft vom 17. 3. 2016.

Im Vorverfahren sprach die Übernahmekommission mit Bescheid aus, A*****, M***** Limited („M*****“), W***** AG, C***** C***** und P***** LLP („P*****“) hätten gemäß § 33 Abs 1 Z 2 ÜbG ein Pflichtangebot zu Unrecht nicht gestellt. Diese Entscheidung wurde mit Beschluss des erkennenden Senats vom 1. 3. 2017 zu 6 Ob 22/17d bestätigt.

Mit am 26. 3. 2018 bei der Übernahmekommission eingelangten Antrag beantragten die P***** LLP und die P***** (UK) LLP die Wiederaufnahme dieses Verfahrens. Sie brachten dazu im Wesentlichen vor, es liege sowohl der Wiederaufnahmegrund des § 69 Abs 1 Z 1 als auch der Z 2 AVG vor. Zur Z 1: Es sei unzweifelhaft, dass unrichtige Angaben des Dr. W***** B*****, wie sie auch in die Urkunde der Stellungnahme der Zielgesellschaft im Nachprüfungsverfahren vom 9. 3. 2016 Eingang gefunden hätten, wissentlich aufgestellt worden seien, sodass die strafbare Handlung der Fälschung eines Beweismittels iSd § 293 StGB vorliege. Der Bescheid sei auch von der Zielgesellschaft erschlichen worden. Zur Z 2: Der Wiederaufnahmegrund liege in der nunmehrigen zeugenschaftlichen Aussage von Mag. T***** D***** vor dem Handelsgericht Wien, sodass sich nach Abschluss des Verfahrens herausgestellt habe, dass die Aussage eines Zeugen falsch protokolliert sei oder sich der Zeuge falsch ausgedrückt oder geirrt habe.

Die Übernahmekommission wies mit dem angefochtenen Bescheid den Antrag auf Wiederaufnahme ab und begründete dies im Wesentlichen damit, dass kein Anhaltspunkt dafür vorliege, dass Dr. W***** B***** bzw die Zielgesellschaft durch eine gerichtlich strafbare Handlung, insbesondere durch eine falsche Beweisaussage iSd § 289 StGB bzw die Fälschung eines Beweismittels gemäß § 293 StGB den Bescheid der Übernahmekommission herbeigeführt hätten; vielmehr sei die Richtigkeit der von Dr. W***** B***** im Verfahren vor der Übernahmekommission getätigten Angaben durch das Verfahren vor dem Handelsgericht Wien bestätigt worden. Der Wiederaufnahmegrund des Erschleichens des Bescheids durch die (behauptete) unrichtige Sachverhaltsdarstellung in der Eingabe der Zielgesellschaft vom 9. 3. 2016 sei schon deshalb nicht gegeben, weil die Übernahmekommission auf diese Angaben nicht angewiesen gewesen sei, sondern die Eingabe nur ein Beweismittel dargestellt habe, das zu weiteren Sachverhaltsermittlungen der Übernahmekommission geführt habe. Ebensowenig sei der Wiederaufnahmegrund des § 69 Abs 1 Z 2 AVG erfüllt, da die vom Handelsgericht Wien als glaubwürdig erachtete Aussage von Dr. W***** B***** sich mit seiner Aussage im Nachprüfungsverfahren vor der Übernahmekommission decke. Die Zeugenaussage des Mag. T***** D***** im handelsgerichtlichen Verfahren sei dazu nicht im Widerspruch gestanden und es sei diese Aussage mangels Überzeugungskraft überdies nicht den Feststellungen zugrundegelegt worden.

Dagegen richtet sich der Rekurs von P***** und P***** LLP, in dem zusammengefasst geltend gemacht wird, dass die Übernahmekommission bei richtiger rechtlicher Beurteilung jedenfalls hätte erkennen müssen, dass Dr. W***** B***** und Mag. T***** D***** den Bescheid der Übernahmekommission durch Fälschung einer Urkunde, konkret der Stellungnahme der Zielgesellschaft, und falsches Zeugnis, konkret die Angaben von Dr. W***** B*****, erschlichen haben.

Rechtliche Beurteilung

Hierzu hat der Oberste Gerichtshof erwogen:

1.1. Bescheide der Übernahmekommission können gemäß § 30a Abs 1 ÜbG mit Rekurs an den Obersten Gerichtshof angefochten werden. Auf den Rekurs und für das Rechtsmittelverfahren vor dem Obersten Gerichtshof sind die Bestimmungen des AußStrG über den Revisionsrekurs mit der Maßgabe sinngemäß anwendbar, dass der Rekurs jedenfalls zulässig ist (§ 30a Abs 2 ÜbG).

1.2. Der Rekurs ist daher zulässig; er ist aber nicht berechtigt.

2. § 69 Abs 1 AVG normiert, dass dem Antrag einer Partei auf Wiederaufnahme eines durch Bescheid abgeschlossenen Verfahrens stattzugeben ist, wenn ein Rechtsmittel gegen den Bescheid nicht oder nicht mehr zulässig ist und

1. der Bescheid durch Fälschung einer Urkunde, falsches Zeugnis oder eine andere gerichtlich strafbare Handlung herbeigeführt oder sonstwie erschlichen worden ist oder

2. neue Tatsachen oder Beweismittel hervorkommen, die im Verfahren ohne Verschulden der Partei nicht geltend gemacht werden konnten und allein oder in Verbindung mit dem sonstigen Ergebnis des Verfahrens voraussichtlich einen im Hauptinhalt des Spruchs anderslautenden Bescheid herbeigeführt hätten, oder

3. der Bescheid gemäß § 38 von Vorfragen abhängig war und nachträglich über eine solche Vorfrage von der hiefür zuständigen Behörde (Gericht) in wesentlichen Punkten anders entschieden wurde.

3.1. Im Vorverfahren wurden von der Übernahmekommission – soweit im vorliegenden Zusammenhang relevant – folgende Feststellungen getroffen:

Das nächste Treffen fand am 7. 10. 2015 in London statt; Teilnehmer waren W***** B*****, T***** D*****, M***** R***** und C***** C***** (Stellungnahme der c*****; PV C***** C*****, Protokoll der mündlichen Verhandlung vom 31. 5. 2016, Seite 34). Dabei ging es vor allem um technische Fragen zur Abwicklung der möglichen Transaktion. Da für die Beteiligten klar war, dass der Deal einer außerordentlichen Hauptversammlung der c***** vorgelegt werden müsste, wurde auch über eine mögliche künftige Zusammensetzung des Verwaltungsrats gesprochen, über die gleichzeitig in der außerordentlichen Hauptversammlung abgestimmt werden könnte (PV W***** B*****, Protokoll der mündlichen Verhandlung vom 31. 5. 2016, Seite 7). C***** C***** plante, dass drei von sechs Mitglieder auf A***** entfallen sollten und ein bis zwei Mitglieder auf P***** (PV W***** B*****, Protokoll der mündlichen Verhandlung vom 31. 5. 2016, Seite 7). Er nannte als möglichen Kandidaten für A***** D***** H***** und als möglichen Kandidaten für P***** W***** D*****. Letzterer sei ein Wunschkandidat von K***** U*****; seine Wahl in den Verwaltungsrat wäre nötig, damit K***** U***** gut gestimmt und bei der Transaktion mitmachen würde (PV W***** B*****, Protokoll der mündlichen Verhandlung vom 31. 5. 2016, Seite 7 f; Schreiben von c*****). Nach Ansicht von C***** C***** sollte die Transaktion kurzfristig, wenn möglich noch im Jahr 2015 durchgeführt werden (PV C***** C*****, Protokoll der mündlichen Verhandlung vom 31. 5. 2016, Seite 32). […]

Am 4. 11. 2015 gab es zunächst ein Treffen in Berlin zwischen W***** B***** und T***** D***** einerseits sowie A***** H*****, A***** K*****, C***** W*****, M***** R***** sowie C***** C***** andererseits. ... Nach dem Treffen diskutierten W***** B*****, T***** D***** und C***** C***** bei einem gemeinsamen Abendessen über die mögliche Zusammensetzung des Verwaltungsrats. C***** C***** betonte erneut, dass W***** D***** zu berücksichtigen sei, weil K***** U***** sonst nicht für die Transaktion gewonnen werden könne (PV W***** B*****, Protokoll der mündlichen Verhandlung vom 31. 5. 2016, Seite 9).

3.2. Die Rekurswerber bringen dazu vor, die Aussage von Mag. T***** D***** vor dem Handelsgericht Wien vom 8. 3. 2016 zu AZ 68 Cg 44/17b stehe dazu in Widerspruch, weil dieser dort als Zeuge ausgesagt habe, er habe keine Wahrnehmung dazu, dass C***** gemeint habe, der D***** müsse hinein, damit U***** bei der Aktion „mitspiele“. Er habe dies im Zuge der Einvernahme auch wiederholt in Abrede gestellt. Die diesbezügliche Begründung der Übernahmekommission in der Entscheidung über die Wiederaufnahme, dass Mag. D***** diese Verknüpfung lediglich von Dr. W***** B***** gehört habe, stelle eine unvertretbare Scheinbegründung der Behörde dar. In dieser Zeugenaussage sehen die Rekurswerber die angeführten Wiederaufnahmegründe des § 69 Abs 1 AVG verwirklicht.

3.3. Die Aussagen von Mag. T***** D***** vor dem Handelsgericht Wien lauten auszugsweise:

Seite 21: Ich habe keine Wahrnehmung dazu, dass C***** gemeint hat, der D*****s müsse hinein, damit U***** bei der Aktion P***** mitspiele.

Seite 24: Gefragt ob der Zeuge Wahrnehmungen dazu hat, dass C***** im Zuge von P***** jemals gesagt hätte, dass U***** an Bord wäre: Nein dazu habe ich keine Wahrnehmungen, weil U***** bei P***** kein Thema war. … Herr C***** hat nie so ausgesprochen dass Herr U***** bei P***** dabei ist.

3.4. Entgegen der Rechtsansicht der Rekurswerber ist darin jedoch kein Wiederaufnahmsgrund zu erblicken. Die Übernahmekommission berief sich bei Treffen der oben angeführten Feststellungen gerade nicht auf eine Aussage des Mag. T***** D***** im damaligen Verfahren vor der Übernahmekommission, sondern auf die Aussage von Dr. W***** B***** und das Schreiben der c*****. Wenn nun Mag. T***** D***** vor dem Handelsgericht Wien angibt, keine Wahrnehmungen darüber zu haben, dass von C***** C***** eine Verknüpfung zwischen der Bestellung von bestimmten Verwaltungsratsmitgliedern für U***** einerseits und dessen Zustimmung zur Transaktion P***** andererseits, vorgenommen worden sei, bedeutet das keineswegs zwingend, dass unter Zugrundelegung auch dieser Aussage ein im Spruchpunkt anderslautender Bescheid erlassen worden wäre, somit der Wiederaufnahmegrund des § 69 Abs 1 Z 2 AVG vorliegen würde. Es bedeutet aber auch nicht, dass Dr. W***** B***** die Unwahrheit gesagt hat, denn nur aus der Tatsache, dass jemand an einem Treffen teilgenommen hat, lässt sich nicht zweifelsfrei der Schluss ziehen, dass er auch alles gehört hat, was dabei besprochen wurde. Letztlich ist auch zu berücksichtigen, dass in der Entscheidung des Handelsgerichts Wien zu AZ 68 Cg 44/17b (Seite 7) in der Beweiswürdigung festgehalten wurde, dass die Aussage des Zeugen Mag. D***** wegen der fehlenden Überzeugungskraft für die Feststellungen nicht herangezogen habe werden können.

3.5. Zur Aussage von Dr. W***** B***** bringen die Rekurswerber vor, die Ansicht der Übernahmekommission, wonach Dr. W***** B***** auch vor der Übernahmekommission nicht bestätigt habe, dass eine Absprache zwischen A***** und P***** bzw U***** bestanden haben soll, sei verfehlt, weil Dr. W***** B***** vor der Übernahmekommission eine solche Behauptung sehr wohl aufgestellt habe. Außerdem sei die im angefochtenen Bescheid für den Umstand, dass Dr. W***** B***** den auch von der Übernahmekommission festgestellten Inhalt des Gesprächs vom 2. 12. 2015 nicht im Detail vor dem Handelsgericht Wien wiederholt habe, angeführte Begründung, dass die Parteienaussage des Dr. W***** B***** im Verfahren vor dem Handelsgericht Wien knapp zweieinhalb Jahre nach diesem Gespräch stattgefunden habe, nicht haltbar. Es sei lebensfremd zu glauben, dass sich Dr. B***** im März 2018 nicht mehr daran erinnern können wolle, welche konkreten Angaben Mag. U***** zur Transaktion P***** in diesem Gespräch gemacht habe, wenn diese Angaben für ihn „erstaunlich“ und „ungewöhnlich“ gewesen seien.

3.6. Dr. W***** B***** tätigte vor dem Handelsgericht Wien zu AZ 68 Cg 44/14b folgende Aussage (Seite 5 des Protokolls):

… Gefragt ob ich jemals behauptet habe, dass es Absprachen gegeben habe zwischen A*****, P***** und U*****: Nein.

Die bezughabende Aussage des Dr. W***** B*****, auf die sich die Rekurswerber berufen, lautet wie folgt (Seite 9 oben des Verhandlungsprotokolls vor der Übernahmekommission vom 31. 5. 2016):

… Und in dem Zusammenhang – also sich um die 75 % kümmern – ist da auch der Name des Herrn U***** gefallen?

WB: Also das war aus dem Kontext, ich kann mich jetzt nicht mehr genau erinnern, natürlich klar, dass dem Zugeständnis, dass ein P***** Mann in den Verwaltungsrat kommt, er natürlich dann ein Teil davon ist.

MW: Hat Herr C***** gesagt oder angedeutet, dass diesbezüglich schon mit Herrn U***** gesprochen worden sei?

WB: Er hat wiederholt in diversen Meetings gesagt, dass er mit Herrn U***** regelmäßig telefoniert, dass er von Herrn U***** genervt ist, weil er ihn ständig anruft und fragt, wo sie denn stehen mit der Transaktion usw.

3.7. In diesen Aussagen ist nicht notwendigerweise ein Widerspruch zu sehen, weil die vor der Übernahmekommission getätigten Angaben des Dr. W***** B***** zu wenig konkret auf eine wirkliche Absprache hindeuten. Im Übrigen erfordert die Bejahung des Vorliegens einer Absprache – wie die Übernahmekommission im angefochtenen Bescheid zutreffend ausführt – eine von der Übernahmekommission vorzunehmende rechtliche Würdigung eines Sachverhalts.

3.8. Zum Treffen vom 2. 12. 2015 wurde von der Übernahmekommission im zugrundeliegenden Bescheid Nachstehendes festgestellt:

Im Büro von W***** B***** gab es am 2. 12. 2015 ein Treffen zwischen ihm und K***** U*****. Unter anderem wurde auch über die mögliche Transaktion zwischen c***** und A***** gesprochen (PV K***** U*****, Protokoll der mündlichen Verhandlung vom 31. 5. 2016, Seite 50; PV W***** B*****, Protokoll der mündlichen Verhandlung vom 31. 5. 2016, Seite 10). K***** U***** zeigte sich dabei über wesentliche Parameter der Transaktion – Kauf von Assets gegen Tausch von Aktien, auch mit groben Zahlenangaben – informiert und es war ihm bewusst, dass A***** nach Durchführung der Transaktion über 50 % an c***** halten könnte (PV W***** B*****, Protokoll der mündlichen Verhandlung vom 31. 5. 2016, Seite 10).

3.9. Vor dem Handelsgericht Wien zu AZ 68 Cg 44/17b tätigte Dr. W***** B***** nachstehende Aussage (Seite 3 des Verhandlungsprotokolls vom 8. 3. 2018 zu AZ 68 Cg 44/17b des HG Wien):

… Ich kann mich an das Gespräch am 2. 12. nur noch vage erinnern. … worum es genau ging, weiß ich nicht mehr. … Gegen Ende sagte dann Herr U*****, lass uns doch jetzt über die Transaktion sprechen. … Er sagte, er meine A***** und erklärte mir relativ genau wie das aussehen sollte. Nämlich dass wir Immobilien von A***** übernehmen sollten gegen Aktien. Quasi eine Sacheinlage. Er hat mir das auch auf einen Zettel gemalt. Das wären dann etwas über 50 % der Aktien gewesen. Also eine relativ untypische Transaktion. Ich war erstaunt, dass er über diese Transaktionsstruktur gesprochen hat. Das ist ungewöhnlich, weil wir das erst seit September 2015 mit A***** diskutiert hatten und weil wir, damit meine ich die c*****, mit A***** ein NDA vereinbart hatten. … Ich meinte dann, dass es mir komisch erscheinen würde, wenn A***** dann 50 % halten würde und er meinte dazu „nö“. Er meinte als Alternative, dass man auch mit einer Kapitalerhöhung diese Immobilen kaufen könnte, oder einen Teil, aber das weiß ich nicht mehr genau. …

3.10. Vor der Übernahmekommission im ursprünglichen Nachprüfungsverfahren tätigte Dr. W***** B***** zu dem Treffen am 2. 12. 2015 nachstehende Angaben (Seite 10 des Verhandlungsprotokolls vom 31. 5. 2016 vor der Übernahmekommission):

… Da haben wir über alle möglichen Themen über c***** gesprochen und er meinte dann so zum Ende hin, jetzt würde er gerne über die Transaktion sprechen. Ich meinte: Welche Transaktion? Ich kenne keine Transaktion. Dann hat er gesagt die Transaktion mit A***** und dann habe ich gesagt, ich höre gerne zu, erzählen sie mal. Dann hat er im Prinzip die Transaktion relativ genau erklärt. Zu dem Zeitpunkt wusste meines Wissens nach im Markt niemand etwas über diese Transaktion. Wenn Sie sich vorstellen, es gibt ja verschiedene Optionen, entweder A***** kauft und oder wir kaufen A*****, aber die Transaktion, dass wir die Assets kaufen oder einen Teil der Assets von A***** gegen Shares, da kommt man nicht automatisch drauf. Und das hat er im Prinzip erklärt, ganz grob mit Zahlen und wo er dann auch endete mit einem Shareholding von A***** von über 50 %. Die einzige Frage, die ich dazu gestellt hatte, war, ob ihn das stören würde, dass dann A***** über 50 % der Shares halten würde, meinte er, nein, das stört ihn nicht. …

3.11. Zwischen den Aussagen des Dr. W***** B***** im ursprünglichen Verfahren vor der Übernahmekommission und den nunmehrigen Aussagen vor dem Handelsgericht Wien ist jedoch kein Widerspruch erkennbar, da der von ihm wiedergegebene Inhalt des Gesprächs im Wesentlichen gleich geschildert wird. Dabei ist auch – wie bereits zutreffend von der Übernahmekommission hervorgehoben wurde – auf den langen zwischen dem Gespräch vom 2. 12. 2015 und der Einvernahme vor dem Handelsgericht Wien liegenden Zeitraum Bedacht zu nehmen, zumal Dr. W***** B***** in seiner Einvernahme vor der Übernahmekommission keine Angaben tätigte, wie „erstaunlich“ und „ungewöhnlich“ die Angaben des Mag. U***** zur Transaktion für ihn gewesen seien. In seiner Einvernahme vor dem Handelsgericht Wien gab er sich zwar „erstaunt“ über die geschilderte Transaktionsstruktur, aber eben nicht „super erstaunt“, wie er kurz darauf aussagte (Seite 4 des Protokolls vor dem HG Wien). Welcher Zusammenhang zwischen der Möglichkeit, die Beteiligungsverhältnisse aus den „Büchern“ zu errechnen, und dem Inhalt der Schilderungen von Mag. U***** im Gespräch vom 2. 12. 2015 besteht, ist nicht ersichtlich. Entgegen den Rekursausführungen bestand hier auch keine Notwendigkeit zu einer weiteren Nachfrage.

3.12. Inwiefern Dr. W***** B***** bei seiner Einvernahme vor dem Handelsgericht Wien auf schriftliche Aufzeichnungen zurückgegriffen hat, ist dem – vollen Beweis bildenden (§ 292 ZPO) – Protokoll nicht zu entnehmen. Auch aus der ursprünglichen Einvernahme vor der Übernahmekommission am 31. 5. 2016 geht nicht hervor, dass Dr. W***** B***** bei seiner Schilderung unmittelbar auf schriftliche Aufzeichnungen zurückgriff, sodass davon auch nicht ausgegangen werden kann.

3.13. Inwieweit aus der Aussage des Dr. W***** B***** vor dem Handelsgericht Wien, es würde ihm dann komisch erscheinen, wenn A***** 50 % halten würde und U***** dazu gemeint habe „nö“, auf die Unrichtigkeit seiner Angaben im ursprünglichen Verfahren vor der Übernahmekommission geschlossen werden können soll, ist nicht ersichtlich.

3.14. Insgesamt ergeben sich durch die nunmehrigen Aussagen von Mag. T***** D***** und Dr. W***** B***** vor dem Handelsgericht Wien daher keine eindeutigen Rückschlüsse auf die Unrichtigkeit der Angaben dieser Personen im ursprünglichen Nachprüfungsverfahren vor der Übernahmekommission bzw auf die Unrichtigkeit der dort vorgelegten Stellungnahme der Zielgesellschaft, sodass weder von einer Fälschung einer Urkunde noch von einem falschen Zeugnis ausgegangen werden kann, mit dem der Bescheid „erschlichen“ wurde. Auch ein neues Beweismittel, das zu einem anderen Bescheidergebnis geführt hätte, liegt nicht vor.

4. Damit liegt aber – wie die Übernahmekommission zutreffend erkannte – kein Anhaltspunkt dafür vor, dass Dr. W***** B***** bzw c***** durch eine gerichtlich strafbare Handlung, insbesondere durch eine falsche Beweisaussage iSd § 289 StGB bzw die Fälschung eines Beweismittels gemäß § 293 StGB, den Bescheid der Übernahmekommission im Verfahren AZ 2016/1/2 herbeiführten. Der Wiederaufnahmegrund des Erschleichens des Bescheids durch die (behauptete) unrichtige Sachverhaltsdarstellung in der Eingabe der c***** vom 9. 3. 2016 ist schon deshalb nicht erfüllt, weil diese Eingabe erst weitere Sachverhaltsermittlungen der Übernahmekommission auslöste, die dann aufgrund des durchgeführten Bescheinigungsverfahrens entschied. Durch die Aussagen von Mag. T***** D***** und Dr. W***** B***** sind auch keine neuen Tatsachen oder Beweismittel iSd § 69 Abs 1 Z 2 AVG hervorgekommen, die voraussichtlich im Vorverfahren zu einem anderslautenden Bescheid geführt hätten.

5. Zutreffend hat die Übernahmekommission auch eine Gebühr von 10.700 EUR auferlegt. Zwar sieht die Gebührenordnung der Wiener Börse AG für das Verfahren vor der Übernahmekommission, BGBl II 2010/363, keinen eigenen ausdrücklichen Tatbestand für Wiederaufnahmeanträge vor. Für alle schriftlichen Erledigungen der Übernahmekommission, die über Antrag erfolgen (insbesondere die Erteilung von schriftlichen Auskünften, die Beratung sowie die gütliche Beilegung von Meinungsverschiedenheiten bei der Anwendung des Übernahmegesetzes), ist vom Antragsteller eine Gebühr von 864 EUR zu entrichten. Allerdings enthält Pkt 7.3. leg cit eine Generalklausel. Demnach ist „[f]ür alle schriftlichen Erledigungen der Übernahmekommission im Sinne von 7.2., die unter Einbeziehung eines Senats der Übernahmekommission erfolgen, [...] vom Antragsteller eine Gebühr von EUR 10.700 zu entrichten.“ Unter diesen Auffangtatbestand ist auch der gegenständliche Wiederaufnahmeantrag zu subsumieren. Mit der Gebühr für das Nachprüfungsverfahren zu AZ 2016/1/2 ist diese zusätzliche Gebühr nicht abgegolten, weil es sich um ein eigenständiges Verfahren handelt, das nicht nur eine eigenständige Geschäftszahl enthält, sondern in dem die Übernahmekommission neuerlich zur Fällung einer separaten Entscheidung zusammentreten musste.

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