JudikaturOGH

11Os90/18x – OGH Entscheidung

Entscheidung
28. August 2018

Kopf

Der Oberste Gerichtshof hat am 28. August 2018 durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofs Dr. Schwab als Vorsitzenden sowie die Vizepräsidentin des Obersten Gerichtshofs Mag. Marek, die Hofrätinnen des Obersten Gerichtshofs Dr. Bachner Foregger und Mag. Fürnkranz und den Hofrat des Obersten Gerichtshofs Dr. Oberressl als weitere Richter in Gegenwart der Richteramtsanwärterin Mag. Wieser als Schriftführerin in der Strafsache gegen Ugur K***** und weitere Angeklagte wegen des Verbrechens der absichtlichen schweren Körperverletzung nach §§ 15, 87 Abs 1 StGB und anderer strafbarer Handlungen über die Nichtigkeitsbeschwerde und die Berufung des Angeklagten Ömer Y***** sowie über die Berufungen der Angeklagten Ugur K***** und Gürol K***** sowie der Staatsanwaltschaft in Ansehung der Angeklagten Ugur K***** und Gürol K***** gegen das Urteil des Landesgerichts Wiener Neustadt als Schöffengericht vom 19. März 2018, GZ 46 Hv 5/18k 43, weiters über die Beschwerde des Gürol K***** gegen einen Beschluss gemäß § 494a StPO nach Anhörung der Generalprokuratur in nichtöffentlicher Sitzung den

Beschluss

gefasst:

Spruch

Die Nichtigkeitsbeschwerde wird zurückgewiesen.

Zur Entscheidung über die Berufungen und die Beschwerde werden die Akten dem Oberlandesgericht Wien zugeleitet.

Dem Angeklagten Y***** fallen die Kosten des bisherigen Rechtsmittelverfahrens zur Last.

Text

Gründe:

Mit dem angefochtenen, auch unbekämpft in Rechtskraft erwachsenen Schuldsprüche der Angeklagten Ugur K***** und Gürol K***** enthaltenden Urteil wurde der Angeklagte Ömer Y***** des Verbrechens der schweren Körperverletzung nach § 84 Abs 4 StGB schuldig erkannt.

Danach hat er am 8. Dezember 2017 in B***** im bewussten und gewollten Zusammenwirken mit Gürol K***** Markus J***** am Körper verletzt und dadurch eine schwere Körperverletzung „oder“ Gesundheitsschädigung (§ 84 Abs 1 StGB) herbeigeführt, indem er dem Genannten Faustschläge und Tritte versetzte, wodurch dieser zu Sturz kam und einen Totalverlust des Zahnes Nr 22, Schädigungen des rechten oberen und des linken unteren Eckzahns, Abschürfungen im Bereich des Ellbogens, des Kleinfingerendglieds, des Handgelenks und des Knies sowie eine Abschürfungswunde der Schleimhaut der rechten Unterlippe, sohin eine an sich schwere Verletzung „oder Gesundheitsschädigung“, erlitt.

Rechtliche Beurteilung

Dagegen richtet sich die auf § 281 Abs 1 Z 4 und 10a StPO gestützte Nichtigkeitsbeschwerde des Angeklagten Y*****.

Entgegen der Verfahrensrüge (Z 4) wurden durch die Abweisung des Antrags auf Beiziehung eines medizinischen Sachverständigen „zur Beurteilung der Schmerzen aufgrund dessen, dass ich [der Verteidiger des Beschwerdeführers] ... der Meinung bin, dass es sich um keine an sich schwere Körperverletzung handelt“ (ON 42 S 111 f), Verteidigungsrechte des Beschwerdeführers nicht verletzt. Bei der Frage des Vorliegens des Erfolgs des § 84 Abs 1 StGB – hier einer an sich schweren Körperverletzung – handelt es sich um eine Rechtsfrage, deren Lösung nicht in die Ingerenz eines Sachverständigen fällt (RIS Justiz RS0092645, RS0099342, RS0092460 ua; Ratz , WK StPO § 281 Rz 343; Burgstaller/Fabrizy in WK² StGB § 84 Rz 20). Der zur Bejahung des Vorliegens einer an sich schweren Körperverletzung führende, sich bereits aus dem Abschlussbericht vom 9. Dezember 2017 ergebende Verlust eines Schneidezahns (US 11 iVm ON 7 S 251) sowie die ebenfalls objektivierte Beschädigung zweier weiterer Zähne (ON 7 S 13, S 225), somit die Relevanz der Beeinträchtigung, für deren Beurteilung zutreffend auch die weiteren Verletzungen (ON 7 S 251) Berücksichtigung fanden (RIS Justiz RS0092544; Burgstaller/Fabrizy in WK² StGB § 84 Rz 24, 28), stehen nicht in Frage.

Die gesetzmäßige Ausführung einer Diversionsrüge (Z 10a) erfordert eine methodisch korrekte Argumentation auf Basis der Tatsachenfeststellungen unter Beachtung der Notwendigkeit des kumulativen Vorliegens sämtlicher Diversionsvoraussetzungen (RIS Justiz RS0124801, RS0116823).

Diese Kriterien verfehlt die Beschwerde, indem sie bloß behauptet, die Schuld des Angeklagten, bei dem „keine Erschwerungsgründe“ vorlägen und der bisher einen ordentlichen Lebenswandel aufweise, sei nicht als schwer anzusehen, sich dabei aber nicht an den getroffenen Feststellungen orientiert ( Ratz , WK StPO § 281 Rz 584, 659). Demnach versetzte der – im Übrigen Tätlichkeiten gegen den Zeugen J***** in Abrede stellende (US 10) – Beschwerdeführer dem Opfer mehrere Faustschläge ins Gesicht, trat auf den am Boden Liegenden gemeinsam mit einem Mittäter ein und ließ erst von ihm ab, als Freunde des Opfers diesem zu Hilfe eilten und einen der beiden Angreifer wegstießen (US 7; US 21 f). Weshalb dessen ungeachtet diversionelles Vorgehen angebracht wäre, leitet der Beschwerdeführer überdies nicht methodisch vertretbar aus dem Gesetz ab (RIS Justiz RS0116565; Ratz , WK StPO § 281 Rz 588).

Die Nichtigkeitsbeschwerde war daher – in Übereinstimmung mit der Stellungnahme der Generalprokuratur – bereits bei nichtöffentlicher Beratung gemäß § 285d Abs 1 StPO sofort zurückzuweisen, woraus die Zuständigkeit des Oberlandesgerichts zur Entscheidung über die Berufungen und die Beschwerde folgt (§§ 285i, 498 Abs 3 StPO).

Die Kostenentscheidung beruht auf § 390a Abs 1 StPO.

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