JudikaturOGH

11Os76/18p – OGH Entscheidung

Entscheidung
19. Juli 2018

Kopf

Der Oberste Gerichtshof hat am 19. Juli 2018 durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofs Dr. Schwab als Vorsitzenden sowie die Vizepräsidentin des Obersten Gerichtshofs Mag. Marek, die Hofrätinnen des Obersten Gerichtshofs Dr. Bachner Foregger und Mag. Fürnkranz und den Hofrat des Obersten Gerichtshofs Dr. Oberressl als weitere Richter in Gegenwart der Richteramtsanwärterin Mag. Sinek als Schriftführerin in der Strafsache gegen Salim A***** wegen des Verbrechens der Vergewaltigung nach § 201 Abs 1 StGB über die Nichtigkeitsbeschwerde und die Berufung des Angeklagten gegen das Urteil des Landesgerichts Klagenfurt als Schöffengericht vom 22. März 2018, GZ 17 Hv 127/17b 38, nach Anhörung der Generalprokuratur in nichtöffentlicher Sitzung den

Beschluss

gefasst:

Spruch

Die Nichtigkeitsbeschwerde wird zurückgewiesen.

Zur Entscheidung über die Berufung werden die Akten dem Oberlandesgericht Graz zugeleitet.

Dem Angeklagten fallen die Kosten des bisherigen Rechtsmittelverfahrens zur Last.

Text

Gründe:

Mit dem angefochtenen Urteil wurde Salim A***** des Verbrechens der Vergewaltigung nach § 201 Abs 1 StGB schuldig erkannt.

Danach hat er am 14. Oktober 2017 in S***** seine Ehefrau S***** mit Gewalt und durch Drohung mit gegenwärtiger Gefahr für Leib oder Leben (§ 89 StGB) zur Duldung des Beischlafs genötigt, indem er ihr Schläge mit einer Verteilersteckdose androhte, sie mit der Hand schlug, an den Haaren festhielt und (US 3:) trotz ihres Widerstands mit seinem Penis in ihre Scheide eindrang.

Rechtliche Beurteilung

Dagegen richtet sich die auf § 281 Abs 1 Z 5, 5a und 11 StPO gestützte Nichtigkeitsbeschwerde des Angeklagten.

Bezugspunkt der Mängelrüge ist der Ausspruch des Gerichts über entscheidende Tatsachen ( Ratz , WK StPO § 281 Rz 391) – das sind solche, die auf die Unterstellung der Tat unter das Gesetz oder auf die Wahl des anzuwendenden Strafsatzes Einfluss üben (RIS Justiz RS0106268; Ratz , WK StPO § 281 Rz 399).

Kein Teil dieses Ausspruchs sind folgende – aus Z 5 (zweiter, vierter und fünfter Fall) jeweils isoliert bekämpfte – Urteilsinhalte:

die Feststellungen, wonach der Angeklagte die Tat (just) „nachdem es zum Gespräch mit der Basisbetreuerin gekommen war“ (vgl US 2) begangen habe;

die Feststellung, S***** habe ihrer Schwester Z***** telefonisch „vom stattgefundenen Vorfall“ berichtet und ihr „per WhatsApp eine Schilderung von den Geschehnissen“ geschickt (US 3);

das Referat der Zeugenaussage der Z***** im Rahmen der Beweiswürdigung, „die originale WhatsApp Nachricht sowie andere Daten auf dem Handy“ seien „aufgrund eines Software-Updates gelöscht“ worden (US 6);

das Referat der Einlassung des Angeklagten im Rahmen der Beweiswürdigung, er habe „nach dem Vorbild der afghanischen Tradition“ gehandelt, „indem er durch Gewalttätigkeiten die Überordnung des Mannes gegenüber seiner Frau demonstrierte“ (US 4).

Das darauf bezogene Rechtsmittelvorbringen geht schon deshalb ins Leere, weil die genannten Tatumstände weder entscheidend sind noch die Tatrichter darin erkennbar eine notwendige Bedingung für ihre Feststellung zu einer entscheidenden Tatsache erblickten ( Ratz , WK StPO § 281 Rz 410).

Seine den Schuldspruch tragenden Feststellungen stützte das Schöffengericht auf die (von ihm als überzeugend erachteten) Angaben nicht nur der Zeugin S*****, sondern auch des – in der polizeilichen Vernehmung und im Pflichtverhör umfassend geständigen – Angeklagten im Ermittlungsverfahren. Dies relativierende Aussagen des Opfers und die (nun rundweg leugnende) Verantwortung des Angeklagten in der Hauptverhandlung hingegen verwarf es als unglaubhaft (US 4 bis 7).

Dem Vorwurf der weiteren Mängelrüge zuwider liegt darin (gerade) keine „Scheinbegründung“ (Z 5 vierter Fall).

Mit Blick auf die Gesamtheit der diesbezüglichen Entscheidungsgründe (RIS-Justiz RS0119370) nicht gesondert zu erörtern (Z 5 zweiter Fall) waren

der Umstand, dass der (in die Hauptverhandlung eingeführte – ON 35 S 11) Inhalt einer elektronisch gespeicherten Notiz der Z***** über ihr (gleich nach der Tat geführtes) Telefonat mit S***** nicht ausdrücklich ein Vergewaltigungsgeschehen beschreibt;

im Rechtsmittel hervorgekehrte Details der Aussage der Zeugin U*****, wonach der Angeklagte und seine Ehefrau „nett und friedlich“ seien und diese ihr „nur gesagt“ habe, dass er sie „geschlagen“ habe (ON 35 S 14). Dass U***** die Fragebejahte, ob sie „das Gefühl“ habe, dass S***** „in ihrer Darstellung übertreibt“ (ON 35 S 14 f), ist – als bloß subjektive Einschätzung – von vornherein kein prozessual beachtlicher Zeugnisinhalt (RIS Justiz RS0097540).

Entgegen der weiteren Beschwerde (nominell Z 5a, inhaltlich Z 5 vierter Fall) sind die den Angeklagten – übereinstimmend – im Sinn des Schuldspruchs belastenden Angaben, die er selbst und das Opfer im Ermittlungsverfahren getätigt hatten, (durch Verlesung der betreffenden Vernehmungsprotokolle) gar wohl in der Hauptverhandlung vorgekommen (ON 35 S 16). Sie durften daher nicht nur, sondern mussten vom Erstgericht bei der Urteilsfällung berücksichtigt werden (§ 258 Abs 1, Abs 2 StPO). Mit hypothetischen Überlegungen, welches „Bild“ sich unter Außerachtlassung dieser Aussageinhalte ergäbe, wird kein Nichtigkeitsgrund (§§ 281 Abs 1, 281a StPO) angesprochen.

Indem die Sanktionsrüge (Z 11) bloß beanstandet, das Erstgericht habe bestimmte Milderungsgründe unberücksichtigt gelassen, erstattet sie inhaltlich ein Berufungsvorbringen (RIS Justiz RS0099911).

Die Nichtigkeitsbeschwerde war daher gemäß § 285d Abs 1 StPO schon bei der nichtöffentlichen Beratung sofort zurückzuweisen, woraus die Zuständigkeit des Oberlandesgerichts zur Erledigung der Berufung folgt (§ 285i StPO).

Die Kostenentscheidung beruht auf § 390a Abs 1 StPO.

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