11Ns40/18y – OGH Entscheidung
Kopf
Der Oberste Gerichtshof hat am 19. Juli 2018 durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofs Dr. Schwab als Vorsitzenden sowie die Vizepräsidentin des Obersten Gerichtshofs Mag. Marek, die Hofrätinnen des Obersten Gerichtshofs Dr. Bachner Foregger und Mag. Fürnkranz und den Hofrat des Obersten Gerichtshofs Dr. Oberressl als weitere Richter in Gegenwart der Richteramtsanwärterin Mag. Sinek als Schriftführerin in der Strafsache gegen Herbert K***** wegen des Vergehens der Verletzung der Unterhaltspflicht nach § 198 Abs 1 StGB in dem zu AZ 18 U 208/18p des Bezirksgerichts Linz und zu AZ 17 U 164/18h des Bezirksgerichts Innere Stadt Wien zwischen diesen Gerichten geführten Zuständigkeitsstreit nach Anhörung der Generalprokuratur in nichtöffentlicher Sitzung den
Beschluss
gefasst:
Spruch
Das Hauptverfahren ist vom Bezirksgericht Linz zu führen.
Gründe:
Rechtliche Beurteilung
Mit beim Bezirksgericht Innere Stadt Wien zu AZ 17 U 164/18h eingebrachtem Strafantrag legt die Staatsanwaltschaft Wien Herbert K***** (ohne Tatortangabe) ein in der Zeit von 1. März 2016 bis zumindest 15. Mai 2018 begangenes, als Vergehen der Verletzung der Unterhaltspflicht nach § 198 Abs 1 StGB beurteiltes Verhalten zur Last (ON 4).
Das Bezirksgericht Innere Stadt Wien überwies die Sache am 14. Juni 2018 mit dem Hinweis „Tatort zu Deliktsbeginn 4020 Linz“ „zuständigkeitshalber“ dem Bezirksgericht Linz (ON 1 S 2), welches seine Zuständigkeit ebenso bezweifelte und gemäß § 38 dritter Satz StPO die Vorlage an den Obersten Gerichtshof verfügte.
Für das Hauptverfahren ist gemäß § 36 Abs 3 erster Satz StPO primär das Gericht zuständig, in dessen Sprengel die Straftat ausgeführt wurde oder ausgeführt werden sollte. Beim Vergehen der Verletzung der Unterhaltspflicht nach § 198 Abs 1 StGB ist dies (im hier interessierenden Fall des Geldunterhalts) jener Ort, an dem der Unterhaltspflichtige die Unterhaltszahlungen leisten soll, also – soweit vorhanden – dessen Wohnsitz (vgl Markel in WK 2 StGB § 198 Rz 23; RIS Justiz RS0127231 [T2]). Da es sich bei diesem Vergehen um ein Dauerdelikt handelt ( Markel in WK 2 StGB § 198 Rz 64), ist bei Wohnsitzwechsel innerhalb des Tatzeitraums jeder Wohnsitz des Unterhaltspflichtigen Tatort (vgl Nordmeyer , WK StPO § 25 Rz 1). Wenngleich § 37 Abs 2 zweiter Satz StPO den Sonderfall des Dauerdelikts nicht ausdrücklich regelt, kommt in dieser Bestimmung, wonach das Verfahren im Fall mehrerer Straftaten dem Gericht zukommt, in dessen Zuständigkeit die frühere Straftat fällt, der Grundsatz der Anknüpfung an das frühere kriminelle Handeln zum Ausdruck (RIS Justiz RS0126604, RS0127231 [T3]), weshalb von mehreren Wohnsitzen innerhalb des Tatzeitraums der früheste den Ausschlag gibt (vgl auch RIS Justiz RS0129078, wonach § 37 Abs 2 dritter Satz StPO im bezirksgerichtlichen Verfahren keine Anwendung findet – anders noch 15 Ns 40/13w).
Hieraus ergibt sich die Zuständigkeit des Bezirksgerichts Linz, weil der Wohnsitz des Beschuldigten nach der Aktenlage (ON 6 und 7) zu Beginn des präsumtiven Tatzeitraums (bis 6. Dezember 2016) in Linz, mithin im Sprengel dieses Bezirksgerichts lag.