27Ds1/18f – OGH Entscheidung
Kopf
Der Oberste Gerichtshof als Disziplinargericht für Rechtsanwälte und Rechtsanwaltsanwärter hat am 21. Juni 2018 durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofs Hon. Prof. Dr. Schroll als Vorsitzenden sowie den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofs Dr. Schramm als weiteren Richter sowie durch die Rechtsanwälte Dr. Kretschmer und Dr. Schlager als Anwaltsrichter in Gegenwart der Richteramtsanwärterin Gschiel, LL.M., als Schriftführerin in der Disziplinarsache gegen *****, Rechtsanwalt in *****, über die Berufung des Disziplinarbeschuldigten gegen das Erkenntnis des Disziplinarrats der Rechtsanwaltskammer Wien vom 28. April 2017, AZ D 42/16, nach nichtöffentlicher mündlicher Verhandlung in Anwesenheit der Vertreterin der Generalprokuratur, Generalanwältin MMag. Jennichl und des Kammeranwalts Dr. Reif Breitwieser zu Recht erkannt:
Spruch
Der Berufung wird nicht Folge gegeben.
Dem Disziplinarbeschuldigten fallen auch die Kosten des Rechtsmittelverfahrens zur Last.
Text
Gründe:
Mit dem angefochtenen Erkenntnis des Disziplinarrats der Rechtsanwaltskammer Wien vom 28. April 2017, AZ D 42/16, wurde ***** des Disziplinarvergehens der Beeinträchtigung von Ehre und Ansehen des Standes nach § 1 Abs 1 zweiter Fall DSt schuldig erkannt, weil er seine gegenüber Paul B***** im zu AZ ***** des Bezirksgerichts W***** am 3. Juli 2014 abgeschlossenen Vergleich übernommene Zahlungsverpflichtung insoweit nicht eingehalten hat, als er von der letzten, per 1. Juli 2015 fällig gewesenen Rate von 2.366 Euro bei der Bezahlung am 7. September 2015 einen Betrag von 838,44 Euro einbehielt und diesen Betrag trotz der mit Beschluss des Bezirksgerichts I***** vom 22. Oktober 2015, AZ *****, bewilligten Fahrnis- und Forderungsexekution nicht gleich vollständig bezahlte, sodass diese Exekution erst im Dezember 2016 eingestellt wurde.
Über den Disziplinarbeschuldigten wurde gemäß § 16 Abs 1 Z 2 DSt eine Geldbuße von 500 Euro verhängt. Zugleich wurde er zur Tragung der Kosten des Disziplinarverfahrens verpflichtet.
Rechtliche Beurteilung
Gegen dieses Erkenntnis richtet sich die Berufung des Disziplinarbeschuldigten wegen (der Sache nach) Nichtigkeit (vgl RIS Justiz RS0128651 [T1]), Schuld und Strafe, der keine Berechtigung zukommt.
Mit der Wiederholung seiner Verantwortung, wonach die Exekution „völlig unberechtigt“ gewesen sei und er nur „aus Zeitmangel sowie aufgrund dringenderer Probleme“ bezahlt habe, vermag der Disziplinarbeschuldigte weder formelle Begründungsmängel im Sinne des § 281 Abs 1 Z 5 StPO iVm § 77 Abs 3 DSt aufzuzeigen, noch Bedenken gegen die Richtigkeit der Beweiswürdigung des Disziplinarrats zu wecken, welcher die den Schuldspruch tragenden Konstatierungen aus den in der Disziplinarverhandlung verlesenen Urkunden nachvollziehbar erschlossen hat.
Das Berufungsvorbringen, „eine allfällige vorübergehende Zahlungsstockung“ sei „kein Grund für eine disziplinäre Verurteilung“ (der Sache nach § 281 Abs 1 Z 9 lit a StPO iVm § 77 Abs 3 DSt), leitet die behauptete rechtliche Konsequenz nicht methodengerecht auf Basis des festgestellten Sachverhalts aus dem Gesetz ab und verfehlt damit die Anfechtungskriterien (vgl RIS Justiz RS0099810, RS0116569).
Soweit der Disziplinarbeschuldigte eine Bedachtnahme des Disziplinarrats der Rechtsanwaltskammer Wien auf die am 6. Oktober 2016 gefällte Entscheidung zu AZ D 20/15 vermisst (inhaltlich § 281 Abs 1 Z 11 StPO iVm § 77 Abs 3 DSt), übersieht er, dass die Anwendung des § 31 StGB iVm § 16 Abs 5 DSt die Rechtskraft der früher gefällten Entscheidung voraussetzt (vgl Lehner in Engelhart/Hoffmann/Lehner/Rohregger/Vitek , RAO 9 § 16 DSt Rz 22; RIS Justiz RS0090610). Da das Erkenntnis des Disziplinarrats der Rechtsanwaltskammer Wien vom 6. Oktober 2016 zu AZ D 20/15 zum Zeitpunkt der Fällung der nunmehr angefochtenen Entscheidung dem Disziplinarbeschuldigten – wie in der Berufung auch eingeräumt – noch nicht zugestellt und demnach noch nicht in Rechtskraft erwachsen war, kam eine Bedachtnahme auf diese Entscheidung durch den Disziplinarrat nicht in Betracht.
Auch der Berufung wegen des Ausspruchs über die Strafe kommt keine Berechtigung zu.
Nach § 16 Abs 6 DSt ist bei der Verhängung der Strafe auf die Größe des Verschuldens und die daraus entstandenen Nachteile, vor allem für die rechtsuchende Bevölkerung, bei Bemessung der Geldbuße auch auf die Einkommens und Vermögensverhältnisse des Disziplinarbeschuldigten abzustellen. Außerdem sind bei der Strafbemessung die maßgebenden Grundsätze der §§ 32 ff StGB anzuwenden (vgl Lehner in Engelhart/Hoffmann/Lehner/Rohregger/Vitek , RAO 9 § 16 DSt Rz 17 mwN). Nach § 32 StGB wiederum sind sowohl die allgemeinen als auch die besonderen Erschwerungs und Milderungsgründe gegeneinander abzuwägen und überdies auf spezial und generalpräventive Gründe Bedacht zu nehmen.
Bei der Strafbemessung wurde im angefochtenen Erkenntnis kein Erschwerungsgrund festgestellt. Hingegen wurde die lange Verfahrensdauer als mildernd gewertet. Die persönlichen Verhältnisse des Disziplinarbeschuldigten wurden gleichfalls berücksichtigt.
Eine nachfolgende Bedachtnahme gemäß § 31 StGB iVm § 16 Abs 5 DSt im Rechtsmittelverfahren (dazu Fabrizy , StGB 12 § 31 Rz 10; 14 Os 127/09x, EvBl 2010/28, 183) war nicht möglich, zumal das Erkenntnis des Disziplinarrats der Rechtsanwaltskammer Wien vom 6. Oktober 2016 zu AZ D 20/15 noch immer nicht rechtskräftig erledigt ist.
Bedenkt man allerdings den zu Unrecht außer Betracht gelassenen Erschwerungsumstand eines mehrfach getrübten Vorlebens, kann sich der Berufungswerber auch mit Blick auf den Milderungsgrund nach § 34 Abs 2 StGB, welcher eine Reduktion der an sich gebotenen Geldbuße von 2.000 Euro um 500 Euro erforderlich machen würde, durch die tatsächlich wesentlich geringer verhängte Geldbuße nicht beschwert erachten; sie war keiner weiteren Reduktion zugänglich.
Der Berufung des Disziplinarbeschuldigten war daher insgesamt keine Folge zu geben.
Die Kostenentscheidung beruht auf § 54 Abs 5 DSt iVm § 36 Abs 2 DSt.