22Ds1/18v – OGH Entscheidung
Kopf
Der Oberste Gerichtshof als Disziplinargericht für Rechtsanwälte und Rechtsanwaltsanwärter hat am 28. Mai 2018 durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofs Dr. Philipp als Vorsitzenden, die Anwaltsrichter Dr. Waizer und Dr. Mascher sowie den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofs Hon. Prof. Dr. Sailer in Gegenwart der Oberkontrollorin Trsek als Schriftführerin in der Disziplinarsache gegen *****, Rechtsanwalt in *****, wegen der Disziplinarvergehen der Berufspflichtenverletzung und der Beeinträchtigung von Ehre oder Ansehen des Standes über die Berufung des Kammeranwalts gegen das Erkenntnis des Disziplinarrats der Rechtsanwaltskammer Tirol vom 3. Mai 2017, AZ D 14 72, 1 DV 16 04, nach mündlicher Verhandlung in Anwesenheit des Vertreters der Generalprokuratur, Staatsanwalt Dr. Hubmer und des Kammeranwalts Dr. Schmidinger zu Recht erkannt:
Spruch
Der Berufung wird nicht Folge gegeben.
Text
Gründe:
Mit dem angefochtenen Erkenntnis wurde ***** vom Vorwurf, er habe (in ***** mit Schreiben vom 23. Mai 2014) für die für Dr. Manfred W***** im Zuge dessen Ehescheidungsverfahrens erbrachten Leistungen
1. eine Bemessungsgrundlage in Höhe von 91.520 Euro in Ansatz gebracht, obwohl eine solche von 4.360 Euro vereinbart gewesen sei, und
2. darüber hinaus ein überhöhtes Honorar verrechnet, weil die von ihm angesetzte Bemessungsgrundlage von 91.520 Euro überhöht gewesen sei und überdies eine Abrechnung nach Einheitssatz und nicht nach Einheitsleistung vereinbart gewesen wäre, (gemäß § 38 Abs 1 erster Fall DSt) freigesprochen.
Rechtliche Beurteilung
Der dagegen wegen Nichtigkeit (§ 281 Abs 1 Z 4 und 5 StPO) und Schuld erhobenen Berufung des Kammeranwalts kommt keine Berechtigung zu.
Der Vorwurf der Aktenwidrigkeit (Z 5 fünfter Fall), der Disziplinarrat sei vom unentschuldigten Nichterscheinen des Anzeigers Dr. W***** aufgrund seiner Ladung für 14:30 Uhr ausgegangen, „während die eigentliche Urkunde ihn für 16:30 Uhr geladen“ habe, geht schon deshalb ins Leere, weil das vorliegende Erkenntnis auf die Ladung des Genannten für den aktuellen Verhandlungstermin inhaltlich gar nicht eingeht.
Das Unterbleiben einer Vernehmung des Anzeigers in der Disziplinarverhandlung begründet auch keine Unvollständigkeit im Sinn von Z 5 zweiter Fall, weil dieser Nichtigkeitsgrund allein auf die Übergehung in der Verhandlung vorgekommener Beweisergebnisse abstellt (RIS Justiz RS0098646 [T3, T4], RS0118316).
Erfolglos bleibt auch die im selben Zusammenhang erhobene Verfahrensrüge (Z 4), weil sich diese nur auf einen in der Verhandlung gestellten Antrag des Beschwerdeführers beziehen kann (RIS Justiz RS0099244). Ein solcher (auf neuerliche Ladung des Anzeigers) wurde nach dem Protokoll der am 3. Mai 2017 wiederholten (§ 77 Abs 3 DSt iVm § 276a StPO) Disziplinarverhandlung jedoch nicht gestellt (Protokoll S 8).
Mit dem im Rahmen seines Vorbringens zur Mängelrüge erhobenen Vorwurf, der Disziplinarrat habe sich allein auf die Aussage des Beschuldigten und des Zeugen Dr. S***** verlassen, ohne die Aussage Dris. W***** (in Ermangelung dessen Vernehmung) würdigen zu können, und insoweit die Glaubwürdigkeit eines vernommenen Zeugen gegenüber jener eines nicht vernommenen abgewogen, erstattet der Berufungswerber ersichtlich auch ein Vorbringen zur Berufung wegen Schuld.
Ausgehend von den Verfahrensergebnissen in Verbindung mit dem mit Zustimmung des Kammeranwalts gemäß § 252 Abs 2a StPO vorgetragenen (auch das Vorbringen des Anzeigers umfassenden, PS 7) Akteninhalt bestehen gegen die Würdigung des Disziplinarrats, wonach auch bei einer allfälligen Wiederholung bzw Bestätigung des eigenen Vorbringens durch Dr. W***** im Fall dessen neuerlicher Ladung aufgrund der glaubwürdigen Aussage des Zeugen Dr. S***** jedenfalls von einer im Rahmen des Scheidungsverfahrens zu verhandelnden Forderung von 200.000 Euro auszugehen gewesen wäre, bzw gegen die Annahme des Erkenntnisses, dass eine sämtliche Leistungen des Beschuldigten umfassende Vereinbarung einer einheitlichen Bemessungsgrundlage von 4.360 Euro nicht festgestellt werden könne, keine Bedenken.