10Ob42/18a – OGH Entscheidung
Kopf
Der Oberste Gerichtshof hat durch den Senatspräsidenten Univ. Prof. Dr. Neumayr als Vorsitzenden, die Hofrätinnen Dr. Fichtenau und Dr. Grohmann sowie die Hofräte Mag. Ziegelbauer und Dr. Stefula als weitere Richter in der Pflegschaftssache des M*, vertreten durch Dr. Hans Jörg Luhamer, Rechtsanwalt in Wien, infolge der Revisionsrekurse des Vaters R*, vertreten durch Dr. Klaus Gossi, Rechtsanwalt in Wien, gegen die Beschlüsse des Landesgerichts für Zivilrechtssachen Wien als Rekursgericht vom 25. Jänner 2018, GZ 43 R 27/18s 73 (Unterhalt) und GZ 43 R 28/18p 74 (Unterhaltsvorschuss), womit die Beschlüsse des Bezirksgerichts Floridsdorf vom 24. November 2017, GZ 16 Pu 79/11f 62 (Unterhalt) und GZ 16 Pu 79/11f 63 (Unterhaltsvorschuss), bestätigt wurden, in nichtöffentlicher Sitzung den
Beschluss
gefasst:
Spruch
Die Akten werden dem Erstgericht zurückgestellt.
Text
Begründung:
Mit dem angefochtenen Beschluss vom 24. 11. 2017, ON 62, hat das Erstgericht
1. die Unterhaltspflicht des Vaters von bisher monatlich 570 EUR ab 1. 11. 2015 auf monatlich 630 EUR erhöht und
2. den Antrag des Vaters, seine Unterhaltspflicht ab 1. 11. 2015 auf monatlich 300 EUR herabzusetzen, abgewiesen.
Mit dem weiteren angefochtenen Beschluss vom 24. 11. 2017, ON 63, hat das Erstgericht dem Sohn für die Zeit vom 1. 11. 2016 bis 31. 12. 2017 Unterhaltsvorschüsse gemäß §§ 3, 4 Z 1 UVG von monatlich 300 EUR bewilligt.
Den vom Vater dagegen erhobenen Rekursen gab das Rekursgericht mit den nunmehr angefochtenen Beschlüssen nicht Folge und sprach in beiden Beschlüssen aus, dass der Revisionsrekurs mangels Vorliegens der Voraussetzungen des § 62 Abs 1 AußStrG nicht zulässig sei.
Gegen diese Beschlüsse erhob der Vater jeweils einen „außerordentlichen Revisionsrekurs“, den das Erstgericht jeweils unmittelbar dem Obersten Gerichtshof zur Entscheidung vorlegte.
Diese Vorlage widerspricht dem Gesetz.
Rechtliche Beurteilung
1. Nach § 62 Abs 3 AußStrG ist der Revisionsrekurs jedenfalls unzulässig, wenn der Entscheidungsgegenstand an Geld oder Geldeswert insgesamt 30.000 EUR nicht übersteigt und das Rekursgericht den Revisionsrekurs für nicht zulässig erklärt hat (§ 59 Abs 1 Z 2 AußStrG). Unter diesen Voraussetzungen kann eine Partei nur einen Antrag an das Rekursgericht (Zulassungsvorstellung gemäß § 63 Abs 1 und 2 AußStrG) stellen, den Zulässigkeitsausspruch dahin abzuändern, dass der Revisionsrekurs doch für zulässig erklärt werde; mit dieser Zulassungsvorstellung ist der ordentliche Revisionsrekurs zu verbinden.
2.1 Der Anspruch des Sohnes auf Unterhalt ist rein vermögensrechtlicher Natur im Sinn des § 62 Abs 4 AußStrG (RIS Justiz RS0007110 [T32]).
2.2 Wird eine Erhöhung oder Herabsetzung eines Unterhaltsbetrags begehrt, so bildet der dreifache Jahresbetrag der begehrten Erhöhung oder Herabsetzung den Streitwert im Sinn des § 58 Abs 1 JN (RIS Justiz RS0046543). Für die Bewertung des Entscheidungsgegenstands des Rekursgerichts ist daher der 36 fache Betrag jenes monatlichen Unterhaltsbetrags maßgeblich, der zum Zeitpunkt von dessen Entscheidung noch strittig war (RIS Justiz RS0122735). Eine Bewertung nach § 59 Abs 2 AußStrG durch das Gericht zweiter Instanz ist nicht vorzunehmen (RIS Justiz RS0042366 [T5]).
2.3 Im vorliegenden Fall bekämpfte der Vater in zweiter Instanz die Erhöhung des von ihm zu leistenden Unterhaltsbeitrags um monatlich 60 EUR und begehrte zusätzlich die Herabsetzung seiner Unterhaltspflicht auf monatlich 300 EUR. Es ergibt sich somit kein Wert des Entscheidungsgegenstands über 30.000 EUR.
3.1 Auch der Anspruch des (für den hier zu beurteilenden Zeitraum noch minderjährigen) Sohnes auf Unterhaltsvorschuss ist rein vermögensrechtlicher Natur (RIS Justiz RS0007110 [T17, T27]; RS0007215 [T3, T6]).
3.2 Der Streitwert im Verfahren nach dem UVG ist der dreifache Jahresbetrag des begehrten oder bekämpften Unterhaltsvorschusses (RIS Justiz RS0042366 [T11]). Dieser Wert beträgt hier ebenfalls weniger als 30.000 EUR.
4. Wenn der Wert des Entscheidungsgegenstands, über den das Rekursgericht entschieden hat, – wie hier sowohl im Unterhalts , als auch im Unterhaltsvorschussverfahren – jeweils nicht 30.000 EUR übersteigt, steht einer Partei nach § 63 Abs 1 und 2 AußStrG nur ein Antrag an das Rekursgericht offen, den Ausspruch dahin abzuändern, dass der Revisionsrekurs doch für zulässig erklärt werde (Zulassungsvorstellung). Die Zulassungsvorstellung ist mit der Ausführung des ordentlichen Revisionsrekurses zu verbinden und – selbst wenn sie an den Obersten Gerichtshof gerichtet ist – dem funktional zuständigen Rekursgericht zur Entscheidung über den Antrag auf Abänderung des Zulässigkeitsausspruchs vorzulegen (RIS Justiz RS0109623 [T13]).
5. Die vom Vater eingebrachten Revisionsrekurse waren daher nicht dem Obersten Gerichtshof vorzulegen, weshalb der Akt an das Erstgericht zurückzustellen ist. Ob der dem Rekursgericht vorzulegende Schriftsatz den Erfordernissen des § 63 Abs 1 AußStrG entspricht, bleibt der Beurteilung der Vorinstanzen vorbehalten (10 Ob 56/17h; RIS Justiz RS0109623 [T14]).