8Ob43/18h – OGH Entscheidung
Kopf
Der Oberste Gerichtshof hat durch den Senatspräsidenten Hon. Prof. Dr. Kuras als Vorsitzenden, die Hofrätinnen Dr. Tarmann Prentner und Mag. Korn, den Hofrat Dr. Stefula und die Hofrätin Mag. Wessely Kristöfel als weitere Richter in der Schuldenregulierungssache des Schuldners E***** H*****, wegen Restschuldbefreiung, über den Revisionsrekurs der Gläubigerin U***** AG, *****, vertreten durch Putz Rischka Rechtsanwälte KG in Wien, gegen den Beschluss des Landesgerichts für Zivilrechtssachen Graz als Rekursgericht vom 15. Dezember 2017, GZ 4 R 326/17s 67, mit dem der Beschluss des Bezirksgerichts Graz West vom 10. November 2017, GZ 3 S 18/08m 64, abgeändert wurde, den
Beschluss
gefasst:
Spruch
Dem Revisionsrekurs wird Folge gegeben.
Die angefochtene Entscheidung wird dahin abgeändert, dass der abweisende Beschluss des Erstgerichts wiederhergestellt wird.
Text
Begründung:
Über das Vermögen des Schuldners wurde mit Beschluss des seinerzeitigen Bezirksgerichts Frohnleiten (nunmehr Bezirksgericht Graz West [Erstgericht]) vom 11. 11. 2008 das Schuldenregulierungsverfahren eröffnet und am 22. 6. 2010 nach Scheitern des angebotenen Zahlungsplans das Abschöpfungsverfahren eingeleitet. Innerhalb der siebenjährigen Laufzeit der Abtretungserklärung erhielten die Gläubiger eine Quote von 4,83 % ihrer angemeldeten Forderungen.
Mit Beschluss vom 19. 5. 2017 verlängerte das Erstgericht das Abschöpfungsverfahren über Antrag des Schuldners gemäß § 213 Abs 4 IO (aF) um drei Jahre.
Mit Schreiben vom 9. 11. 2017 stellte der Schuldner den Antrag auf Beendigung des Abschöpfungsverfahrens und Erteilung der Restschuldbefreiung nach § 280 IO idF des IRÄG 2017.
Das Erstgericht wies den Antrag mangels der Voraussetzungen des § 280 IO idF des IRÄG 2017 ab. Weder sei die aktuelle Abtretungserklärung abgelaufen, noch seien seit dem 1. 11. 2017 fünf Jahre vergangen.
Das Rekursgericht gab dem Rechtsmittel des Schuldners Folge. Es erklärte das Abschöpfungsverfahren für beendet und sprach aus, dass dem Schuldner die Restschuldbefreiung erteilt werde. Es vertrat dabei die Rechtsansicht, dass bei der Lösung der Frage, ob bei der Übergangsbestimmung des § 280 IO (idF IRÄG 2017) auf das Ablaufen der ursprünglichen oder ob auch auf das Ablaufen der verlängerten Abtretungserklärung abzustellen sei, insbesondere auch auf die Zielsetzung der Änderungen im Insolvenzrecht für natürliche Personen durch das IRÄG 2017 Bedacht zu nehmen sei, wonach unter anderem eine Entschuldung/Restschuldbefreiung für den Schuldner erleichtert werden sollte. Ausgehend davon finde die Ansicht des Rekurswerbers, es wäre schon auf das Ablaufen der ursprünglichen Abtretungserklärung abzustellen, in der genannten Bestimmung insoweit Deckung, als im Fall einer Verlängerung (§ 213 Abs 4 IO) die ursprüngliche Abtretungserklärung schon abgelaufen sei.
Das Rekursgericht erklärte den ordentlichen Revisionsrekurs für zulässig, weil noch keine Rechtsprechung des Obersten Gerichtshofs zu der sich durch § 280 IO stellenden Frage vorliege, ob für die Restschuldbefreiung das Ablaufen der ursprünglichen Abtretungserklärung genüge oder auf das Ablaufen der verlängerten Abtretungserklärung abzustellen sei.
Hiergegen richtet sich der Revisionsrekurs einer Gläubigerin, mit dem die Wiederherstellung des erstinstanzlichen Beschlusses begehrt wird.
Rechtliche Beurteilung
Der Revisionsrekurs ist zulässig und berechtigt .
1. Die für das Schuldenregulierungsverfahren maßgeblichen Änderungen der IO durch das IRÄG 2017 traten grundsätzlich mit 1. 11. 2017 in Kraft. Sie sind anzuwenden, wenn das Insolvenzverfahren nach dem 31. 10. 2017 eröffnet wurde oder der Antrag auf Einleitung des Abschöpfungsverfahrens nach diesem Datum bei Gericht eingelangt ist.
Für Abschöpfungsverfahren, die bei Inkrafttreten des Gesetzes anhängig waren, gilt nach § 280 IO idF IRÄG 2017 folgende Übergangsregelung:
„Nach Einleitung des Abschöpfungsverfahrens bis zur Entscheidung über die Restschuldbefreiung ist auf Antrag des Schuldners das Abschöpfungsverfahren zu beenden, wenn die Abtretungserklärung abgelaufen ist oder seit dem 1. November 2017 fünf Jahre der Abtretungserklärung abgelaufen sind. § 213 Abs 1 zweiter bis vierter Satz in der vor dem IRÄG 2017 vorgesehenen Fassung sind anzuwenden.“
2. Nach mittlerweile ständiger Rechtsprechung des erkennenden Senats (RIS Justiz RS0131932; 8 Ob 6/18t; 8 Ob 5/18w; 8 Ob 20/18t ua) ist eine vorzeitige Beendigung jener anhängigen Verfahren, die vor dem Stichtag nach § 213 Abs 4 IO aF aus Billigkeitsgründen verlängert wurden, in der Übergangsregelung des § 280 IO nicht vorgesehen. Der Antrag nach § 280 IO setzt vielmehr voraus, dass die Abtretungserklärung auch für das verlängerte Verfahren abgelaufen ist (8 Ob 6/18t; 8 Ob 5/18w; 8 Ob 20/18t ua).
Dem Rekurs der Gläubigerin war daher Folge zu geben und die Entscheidung des Erstgerichts wiederherzustellen.