15Os128/17p – OGH Entscheidung
Kopf
Der Oberste Gerichtshof hat am 12. April 2018 durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofs Prof. Dr. Danek als Vorsitzenden und den Hofrat des Obersten Gerichtshofs Mag. Lendl sowie die Hofrätinnen des Obersten Gerichtshofs Dr. Michel Kwapinski, Mag. Fürnkranz und Dr. Mann in Gegenwart des Richteramtsanwärters Mag. Albu als Schriftführer in der Strafsache gegen Aaron S***** wegen des Verbrechens des schweren Betrugs nach §§ 146, 147 Abs 3 StGB und einer weiteren strafbaren Handlung über die Nichtigkeitsbeschwerden der Staatsanwaltschaft und der Privatbeteiligten David und Etel D***** sowie die Berufung des David D***** gegen das Urteil des Landesgerichts für Strafsachen Wien als Schöffengericht vom 27. Jänner 2017, GZ 17 Hv 6/16y 40, nach Anhörung der Generalprokuratur in nichtöffentlicher Sitzung den
Beschluss
gefasst:
Spruch
Die Nichtigkeitsbeschwerden und die Berufung werden zurückgewiesen.
Den Privatbeteiligten David und Etel D***** fallen die durch ihr Rechtsmittel verursachten Kosten des Strafverfahrens zur Last.
Text
Gründe:
Mit dem angefochtenen Urteil wurde Aaron S***** von der wider ihn erhobenen Anklage gemäß § 259 Z 3 StPO freigesprochen, er habe in W***** und B*****
I./ im Zeitraum von Oktober bis Dezember 2011 mit auf unrechtmäßige Bereicherung gerichtetem Vorsatz Nodar und Medea M***** durch Täuschung über Tatsachen, „nämlich der Investition der erhaltenen Zahlungen in eine potentiell rentable Kleinkraftwerksanlage in P*****, wobei er die erhaltenen Kaufpreise für die Geschäftsanteile für eigene Zwecke verwendete und entgegen den gegebenen Versprechungen keinerlei Investition tätigte, zum Erwerb von Geschäftsanteilen an der F***** s.r.o, zur Überweisung von insgesamt 600.000 Euro verleitet“, wodurch diese in einem 300.000 Euro übersteigenden Betrag an ihrem Vermögen geschädigt wurden,
II./ im Zeitraum vom 4. Februar 2010 bis zum 11. August 2011 ein ihm als für die Finanzgebarung der ***** s.r.o Verantwortlichem anvertrautes Gut in einem 300.000 Euro übersteigenden Wert, nämlich ein für die Bezahlung von drei Turbinen zweckgewidmetes Darlehen des David D***** in Höhe von 1.379.950 Euro sich mit auf unrechtmäßige Bereicherung gerichtetem Vorsatz zugeeignet, indem er es nicht für die Bezahlung der Turbinen, sondern für sich selbst verwendete.
Die Privatbeteiligten David und Etel D***** wurden mit ihren Ansprüchen gemäß § 366 Abs 1 StPO auf den Zivilrechtsweg verwiesen.
Rechtliche Beurteilung
Die Staatsanwaltschaft bekämpft den Freispruch mit einer auf Z 4, 5 und 9 lit a des § 281 Abs 1 StPO gestützten Nichtigkeitsbeschwerde.
David D***** hat gegen das Urteil rechtzeitig Nichtigkeitsbeschwerde und (ersichtlich gegen die Entscheidung über seine privatrechtlichen Ansprüche gerichtet) Berufung angemeldet (ON 42 S 3). Etel D***** hat kein Rechtsmittel angemeldet. Nach Zustellung einer Urteilsausfertigung brachte der Privatbeteiligtenvertreter für David und Etel D***** eine Ausführung der Nichtigkeitsbeschwerde ein (ON 45 S 3 ff), die sich aus § 281 Abs 1 Z 4 StPO gegen den Freispruch zu II./ wendet.
Den Nichtigkeitsbeschwerden kommt keine Berechtigung zu.
Die Nichtigkeitsbeschwerde der Etel D***** erweist sich schon deshalb als unzulässig, weil dem Rechtsmittel keine Anmeldung zugrunde liegt (§ 285d Abs 1 Z 1 iVm § 285a Z 1 StPO).
Der sowohl von David D***** als auch von der Staatsanwaltschaft gegen den Freispruch zu II./ erhobenen Verfahrensrüge (Z 4) zuwider wurde der von der Staatsanwaltschaft in der Hauptverhandlung am 27. Jänner 2017 gestellte Antrag auf Vernehmung des Zeugen Teki Su***** (ON 39 S 86), dem sich der Privatbeteiligtenvertreter anschloss (ON 39 S 86), zu Recht abgewiesen (ON 39 S 88 f).
Mit der Vernehmung dieses Zeugen sollte bewiesen werden, dass „der Vertrag über diese Maschinen deshalb storniert wurde, weil der Kaufpreis nicht bezahlt wird“, und „das heutige Vorbringen des Hr. S*****, dass die Maschinen falsch spezifiziert waren und dadurch die Leistung nicht erbracht wurde, nicht stimmt“.
Soweit der Antrag auf den Nachweis der Stornierung des Vertrags wegen Nichtbezahlung des Kaufpreises gerichtet war, konnte er schon deshalb abgewiesen werden, weil die Tatrichter ohnehin davon ausgingen (vgl § 55 Abs 2 Z 3 StPO), dass die G***** GmbH Co OHG vom Vertrag zurücktrat, weil die T***** Kft nach einer (bereits verspätet erfolgten) Teilzahlung über 420.000 Euro keine weiteren Zahlungen mehr leistete (US 7 f; vgl auch US 20).
Inwiefern aus dem Grund für das Unterbleiben der Zahlungen Rückschlüsse auf eine allfällige Zweckwidmung des von David D***** im Februar 2010 überwiesenen Betrags von 1.799.950 Euro und dessen Verwendung durch den Angeklagten gezogen werden können sollen und das Beweisthema insofern für die Schuld- oder Subsumtionsfrage von Bedeutung sein soll, lässt der Beweisantrag nicht erkennen.
Die in den Rechtsmittelschriften zur Antragsfundierung nachgetragenen Argumente sind prozessual verspätet und daher unbeachtlich (RIS-Justiz RS0099618).
Soweit die Staatsanwaltschaft in ihrer gegen den Freispruch zu II./ gerichteten Rechtsrüge (Z 9 lit a) weiters argumentiert, es habe sich bei dem von David D***** im Februar 2010 auf das Konto der F***** s.r.o überwiesenen Betrag um ein für den Ankauf von Maschinen für das zu errichtende Kraftwerk in der Slowakei zweckgebundenes Darlehen gehandelt, vernachlässigt sie die gegenteiligen Urteilsannahmen (US 4 bis 6; vgl auch US 17, US 19) und verfehlt damit den Bezugspunkt materieller Nichtigkeit (RIS-Justiz RS0099810).
Indem die Rechtsmittelwerberin selbständig beweiswürdigend aus dem Inhalt der vom Erstgericht eingehend erörterten „Promesse“ (US 5 f, US 18 f) für ihren Standpunkt günstigere Schlüsse zieht, begibt sie sich auf die Ebene einer im schöffengerichtlichen Verfahren gesetzlich nicht vorgesehenen Schuldberufung.
Soweit die Beschwerdeführerin hinsichtlich des Verwendungszwecks des überwiesenen Geldbetrags gegenteilige Feststellungen zu tatsächlich getroffenen einfordert und Konstatierungen zu einem auf unrechtmäßige Bereicherung gerichteten Vorsatz vermisst, ohne einen solchen indizierende Beweisergebnisse zu benennen, vermag sie weder einen Rechtsfehler mangels Feststellungen (RIS Justiz RS0119884) noch einen Feststellungsmangel (RIS Justiz RS0118580) aufzuzeigen.
Der gegen den Freispruch zu I./ gerichteten Mängelrüge (Z 5 dritter Fall) zuwider ist zwischen den zur subjektiven Tatseite getroffenen Negativfeststellungen (US 13 fünfter Absatz) und den Konstatierungen zur Auflösung des Liefervertrags (US 7 f) ein nach den Kriterien logischen Denkens unvereinbarer Widerspruch nicht zu erkennen (vgl RIS Justiz RS0117402).
Entgegen dem weiteren Einwand der Mängelrüge (Z 5 vierter Fall) haben die Tatrichter die Negativfeststellungen zu jeglicher Täuschung (durch Tun oder Unterlassen: „falsche oder unzureichende Informationen“) durch den Angeklagten (US 10) eingehend begründet (US 21 ff). Gleiches gilt für die Konstatierung, dass der Angeklagte trotz Auflösung des Liefervertrags ein Scheitern des Projekts nicht ernstlich für möglich hielt (US 13). Dass diese Begründung der Beschwerdeführerin nicht überzeugend erscheint, vermag Nichtigkeit in der Bedeutung der Z 5 nicht zu begründen.
Soweit die Staatsanwaltschaft – gestützt auf Z 9 lit a – Feststellungen zu einer Täuschung durch Unterlassen der gebotenen Aufklärung über den Stand und das Risiko des Projekts vermisst, lässt sie zum einen die entsprechenden Urteilsannahmen außer Acht, wonach nicht festgestellt werden konnte, dass der Angeklagte dem Nodar M***** unzureichende Informationen hätte zukommen lassen (US 9 f), und verkennt zum anderen, dass bereits die aus Z 5 erfolglos bekämpften Negativfeststellungen zur subjektiven Tatseite einem Schuldspruch wegen Betrugs entgegenstehen.
Indem die Beschwerdeführerin mit eigenen beweiswürdigenden Überlegungen für ihren Standpunkt günstigere „Ersatzfeststellungen“ anstelle der tatsächlich getroffenen Konstatierungen begehrt, zeigt sie weder einen Rechtsfehler mangels Feststellungen noch einen Feststellungsmangel auf, sondern argumentiert erneut – unzulässigerweise – nach Art einer Schuldberufung.
Die Nichtigkeitsbeschwerden der Staatsanwaltschaft und der Privatbeteiligten David und Etel D***** waren daher bereits bei nichtöffentlicher Beratung sofort zurückzuweisen (§ 285d Abs 1 StPO).
Ebenso war die angemeldete, infolge des Freispruchs jedoch unzulässige (vgl § 283 Abs 4 zweiter Satz, § 366 Abs 3 StPO) Berufung des Privatbeteiligten David D***** bereits bei nichtöffentlicher Beratung zurückzuweisen (§ 294 Abs 4, § 296 Abs 2 StPO).
Die Kostenentscheidung gründet sich auf § 390a Abs 1 zweiter Satz StPO.