JudikaturOGH

11Os5/18x – OGH Entscheidung

Entscheidung
13. März 2018

Kopf

Der Oberste Gerichtshof hat am 13. März 2018 durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofs Dr. Schwab als Vorsitzenden sowie die Vizepräsidentin des Obersten Gerichtshofs Mag. Marek, die Hofrätinnen des Obersten Gerichtshofs Dr. Bachner Foregger und Mag. Fürnkranz und den Hofrat des Obersten Gerichtshofs Dr. Oberressl als weitere Richter in Gegenwart des Richteramtsanwärters Mag. Albu als Schriftführer in der Strafsache gegen Drakce R***** wegen des Verbrechens des gewerbsmäßigen schweren Diebstahls durch Einbruch nach §§ 127, 128 Abs 1 Z 5, 129 Abs 1 Z 1, 130 Abs 2 StGB und weiterer strafbarer Handlungen über die Nichtigkeitsbeschwerde und die Berufung des Angeklagten gegen das Urteil des Landesgerichts Eisenstadt als Schöffengericht vom 13. September 2017, GZ 8 Hv 7/17d 154, nach Anhörung der Generalprokuratur in nichtöffentlicher Sitzung den

Beschluss

gefasst:

Spruch

Die Nichtigkeitsbeschwerde wird zurückgewiesen.

Zur Entscheidung über die Berufung werden die Akten dem Oberlandesgericht Wien zugeleitet.

Dem Angeklagten fallen die Kosten des Rechtsmittelverfahrens zur Last.

Text

Gründe:

Mit dem angefochtenen Urteil wurde der Angeklagte Drakce R***** des Verbrechens des gewerbsmäßigen schweren Diebstahls durch Einbruch nach §§ 127, 128 Abs 1 Z 5, 129 Abs 1 Z 1, 130 Abs 2 StGB schuldig erkannt.

Danach hat er zwischen Juni und Oktober 2015 (1./ bis 6./) und nachts zum 1. Juni 2016 (7./) in G***** und andernorts – zusammengefasst wiedergegeben – im bewussten und gewollten Zusammenwirken mit Aleksandar M***** und weiteren Mittätern gewerbsmäßig anderen fremde bewegliche Sachen überwiegend durch Einbruch in Transportmittel mit auf unrechtmäßige Bereicherung gerichtetem Vorsatz weggenommen, und zwar

1./ Gewahrsamsträgern der L***** GmbH einen Traktor im Wert von 48.000 Euro;

2./ Rene und Theresa P***** einen Traktor im Wert von 35.000 Euro;

3./ Gewahrsamsträgern der A***** GmbH einen Traktor im Wert von 23.000 Euro;

4./ Johann Pi***** einen Traktor im Wert von 20.000 Euro;

5./ Johann Al***** einen Kompaktlader im Wert von knapp 23.000 Euro;

6./ Gewahrsamsträgern der J***** GmbH einen Traktor im Wert von 20.000 Euro;

7./ Gewahrsamsträgern der Po***** GmbH eine Walze im Wert von 17.000 Euro.

Rechtliche Beurteilung

Dagegen richtet sich die auf § 281 Abs 1 Z 5, 5a und 9 lit a StPO gestützte Nichtigkeitsbeschwerde des Angeklagten.

Die Mängelrüge (Z 5) verweist auf Divergenzen in den Depositionen des Zeugen Aleksandar M*****, wonach er zunächst vor der Polizei in S***** (laut Amtsvermerk vom 12. Jänner 2017; ON 81 S 187) bekundete, mit dem Angeklagten in I***** gewesen zu sein, Traktoren verladen und eine Maschine zur Herstellung von Rechnungen gesehen zu haben (was er in der Hauptverhandlung am 13. September 2017 revidierte; vgl ON 153 S 14), und an anderer Stelle erklärte, an den vom Angeklagten durchgeführten Fahrzeugdiebstählen in Österreich nie (unmittelbar) mitgewirkt, sondern vielmehr die Maschinen in Ungarn übernommen zu haben (ON 144 S 5). Da diese Passagen der – im Urteil zusammengefasst dargestellten (US 14 f) – Schilderungen des Zeugen keinen für die Täterschaft des Angeklagten (zu 1./ bis 7./) essentiellen Aspekt oder einen Umstand betreffen, der die Aufrichtigkeit des Zeugen in einem für die Feststellung entscheidender Tatsachen erheblichen Punkt in Frage stellen könnte, war deren vermisste (Z 5 zweiter Fall) Erörterung im Urteil nicht geboten. Im Übrigen haben die Tatrichter ihre Überzeugung von der Täterschaft des Angeklagten – der Beschwerde zuwider – nicht „de facto ausschließlich“ auf die Belastung durch M*****, sondern vielmehr auf eine Gesamtwürdigung der Verfahrensresultate, darunter insbesondere die umfassenden polizeilichen Erhebungsergebnisse und die Aussagen der Zeugen Eva T*****, Hajrudin Mu***** und Franz S***** gestützt (US 10 ff).

Die Kritik fehlender Berücksichtigung „vom Angeklagten vorgelegter Reisepässe“ („mit welchen bestätigt wird, dass sich der Angeklagte zu den jeweiligen Tatzeitpunkten, insbesondere betreffend Fakten 1./ bis 6./, nicht in Österreich aufgehalten und solcherart die ihm vorgeworfenen Taten nicht begangen haben kann“) scheitert schon an der Nennung der maßgeblichen argumentativen Basis im Akt (RIS Justiz RS0124172). Dem Angeklagten wurden im Übrigen in der Hauptverhandlung am 24. April 2017 – inhaltlich des unbeanstandet gebliebenen Protokolls – zwar von seiner Tochter (nicht näher bezeichnete) „Reisepässe“ übergeben (ON 120 S 10), doch nahm der Verteidiger diese an sich und bekundete, er werde dem Gericht fristgerecht Kopien übermitteln (ON 120 S 36). Nach der Aktenlage wurde der Inhalt dieser Urkunden aber nie vorgelegt, verlesen oder sonst zum Gegenstand der in der Hauptverhandlung vorgekommenen Verfahrensergebnisse gemacht. Lediglich eine bereits bekannte, im Akt befindliche Kopie des serbischen Reisepasses des Angeklagten (ON 59 S 39), welche Verwendung beim Abstellen des Kompaktladers auf einem ungarischen Abstellplatz fand (betrifft: 5./), wurde ihm vorgehalten (ON 126a S 11) und fand daher auch Niederschlag in den Entscheidungsgründen (US 11).

Die Kritik, es wäre – zufolge Beschlussfassung auf Wiederholung der Hauptverhandlung gemäß § 276a StPO in der Hauptverhandlung am 24. April 2017, in der sich der Angeklagte gegen die Verlesung des früheren Hauptverhandlungsprotokolls vom 27. Februar 2017 aussprach (ON 120 S 2) – seine darin enthaltene Einlassung „nicht zu verwerten gewesen“ verkennt, dass einem Angeklagten während der Vernehmung seine früheren Angaben vorgehalten werden dürfen (§ 245 Abs 1 StPO; RIS Justiz RS0126738), es für die Zulässigkeit deren Verlesung – im Unterschied zu den Aussagen von Mitbeschuldigten und Zeugen – nicht auf seine Zustimmung ankommt ( Kirchbacher , WK StPO § 245 Rz 57 ff) und dass diese Angaben überdies später einvernehmlich verlesen wurden (ON 126a S 2; ON 153 S 38; RIS Justiz RS0127712).

Der Nichtigkeitsgrund nach Z 5a greift seinem Wesen nach erst dann, wenn Beweismittel, die in der Hauptverhandlung vorkamen oder – unter den Kautelen der Geltendmachung einer Aufklärungsrüge – vorkommen hätten können und dürfen, nach allgemein menschlicher Erfahrung gravierende Bedenken gegen die Richtigkeit der bekämpften Urteilsannahmen aufkommen lassen, mit anderen Worten intersubjektiv gemessen an Erfahrungs- und Vernunftsätzen eine unerträgliche Fehlentscheidung qualifiziert nahelegen. Eine über die Prüfung erheblicher Bedenken hinausgehende Auseinandersetzung mit der Überzeugungskraft von Beweisergebnissen – wie sie die Berufung wegen Schuld des Einzelrichterverfahrens einräumt – wird dadurch nicht ermöglicht (RIS Justiz RS0119583)

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Insoweit die Tatsachenrüge das Aussageverhalten des Zeugen M***** thematisiert und erneut auf die „Reisepässe“ des Angeklagten hinweist, aus welchen hervorgehe, dass er zu den Tatzeitpunkten nicht in Österreich gewesen wäre, dabei aber die Gesamtheit der tatrichterlichen Erwägungen, insbesondere zu den nachweislich häufigen Grenzübertritten (Kennzeichenerfassung/Grenzregistrierungs-aufzeichnung; US 15) übergeht, verfehlt sie schon deshalb den dargelegten Anfechtungsrahmen. Hinsichtlich der Reisepässe fehlt ein der Subsidiarität der Aufklärungsrüge (RIS Justiz RS0115823) Genüge tuendes Vorbringen. Dies gilt in gleicher Weise für den Hinweis auf die „im Strafverfahren unumstößlich geltende Unschuldsvermutung“ und auf die (vom Gericht als nicht überzeugend eingestufte; US 13) Schilderung der Zeugin Silvana To***** (dSn Z 5 2. Fall).

Ob der Angeklagte mit (oder ohne) M***** nach Österreich einreiste (US 6), ist für die Lösung der Schuld- und Subsumtionsfrage (zu 5./) nicht relevant und daher einer Anfechtung unter dem Gesichtspunkt der Z 5a entzogen. Die abschließende Forderung, das Gericht hätte „in dubio“ „keinesfalls obige Feststellungen treffen dürfen“, verkennt, dass der Zweifelsgrundsatz vom herangezogenen Nichtigkeitsgrund nicht umfasst wird (RIS Justiz RS0102162).

Gegenstand von Rechts- und Subsumtionsrüge ist ausschließlich der Vergleich des zur Anwendung gebrachten materiellen Rechts einschließlich prozessualer Verfolgungsvoraussetzungen mit dem festgestellten Sachverhalt. Den tatsächlichen Bezugspunkt bildet dabei die Gesamtheit der in den Entscheidungsgründen getroffenen Feststellungen. Von diesem Gesamtzusammenhang ausgehend ist klarzustellen, aus welchen ausdrücklich zu bezeichnenden Tatsachen (einschließlich der Nichtfeststellung von Tatsachen) welche rechtliche Konsequenz hätte abgeleitet werden sollen (RIS Justiz RS09099810; Ratz , WK StPO § 281 Rz 581). Aus welchem Grund jeweils der genaue Zeitpunkt der inkriminierten Zueignungen (vgl US 1 f und 4 ff) von entscheidender Bedeutung sein sollte, entwickelt die Rechtsrüge (Z 9 lit a) lediglich aufgrund der bereits erwähnten spekulativen Alibiüberlegungen (siehe im Übrigen RIS Justiz RS0098557). Soweit diese weiters „ausreichende Feststellungen zur subjektiven Tatseite“ vermisst und substanzlosen Gebrauch der verba legalia behauptet, hält die Rüge nicht an der Gesamtheit der die innere Tatseite deutlichst zum Ausdruck bringenden Feststellungen (US 3, 9) fest und legt nicht dar, weshalb das insofern (auf US 9) gebotene Sachverhaltssubstrat die Annahme des gewerbsmäßig schweren Diebstahls durch Einbruch nach §§ 127, 128 Abs 1 Z 5, 129 Abs 1 Z 1, 130 Abs 2 StGB nicht tragen sollte.

Die Nichtigkeitsbeschwerde war daher bereits bei nichtöffentlicher Beratung gemäß § 285d Abs 1 StPO sofort zurückzuweisen, woraus die Zuständigkeit des Oberlandesgerichts zur Entscheidung über die Berufung folgt (§ 285i).

Da nur eine Ausfertigung der Beschwerdegründe zulässig ist, war auf die eigenen Ausführungen des Angeklagten keine Rücksicht zu nehmen (RIS Justiz RS0100152).

Die Kostenentscheidung beruht auf § 390a Abs 1 StPO.

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