11Os3/18b – OGH Entscheidung
Kopf
Der Oberste Gerichtshof hat am 13. März 2018 durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofs Dr. Schwab als Vorsitzenden sowie die Vizepräsidentin des Obersten Gerichtshofs Mag. Marek, die Hofrätinnen des Obersten Gerichtshofs Dr. Bachner Foregger und Mag. Fürnkranz und den Hofrat des Obersten Gerichtshofs Dr. Oberressl als weitere Richter in Gegenwart des Richteramtsanwärters Mag. Albu als Schriftführer in der Strafsache gegen Felicia H***** und weitere Angeklagte wegen des Verbrechens des Raubes nach § 142 Abs 1 StGB und anderer strafbarer Handlungen über die Nichtigkeitsbeschwerden und die Berufungen der Angeklagten H***** und Sifa K***** sowie über die Berufung der Staatsanwaltschaft hinsichtlich der Angeklagten K***** gegen das Urteil des Landesgerichts für Strafsachen Wien als Schöffengericht vom 30. Oktober 2017, GZ 41 Hv 29/17h- 113, weiters über die Beschwerde der Angeklagten H***** gegen einen Beschluss nach § 494a StPO nach Anhörung der Generalprokuratur in nichtöffentlicher Sitzung den
Beschluss
gefasst:
Spruch
Die Nichtigkeitsbeschwerden werden zurückgewiesen.
Zur Entscheidung über die Berufungen und die Beschwerde werden die Akten dem Oberlandesgericht Wien zugeleitet.
Den genannten Angeklagten fallen die Kosten des Rechtsmittelverfahrens zur Last.
Text
Gründe:
Mit dem angefochtenen, auch jeweils unbekämpft in Rechtskraft erwachsene Schuld und Freisprüche einer weiteren Angeklagten sowie der Sifa K***** enthaltenden Urteil wurden – soweit zur Behandlung der Nichtigkeitsbeschwerden von Relevanz – Felicia H***** und Sifa K***** jeweils des Verbrechens des Raubes nach § 142 Abs 1 StGB (A./1./a./), letztere weiters des Verbrechens des schweren Raubes nach §§ 142 Abs 1, 143 Abs 1 zweiter Fall StGB (A./1./b./) schuldig erkannt.
Danach haben in W***** durch Drohung mit gegenwärtiger Gefahr für Leib oder Leben anderen fremde bewegliche Sachen mit auf unrechtmäßige Bereicherung gerichtetem Vorsatz weggenommen, und zwar
A./1./a./ H***** und K***** am 6. Juli 2016 im bewussten und gewollten Zusammenwirken als Mittäterinnen Jaqueline Kr***** ein Mobiltelefon, eine Playstation mit Spielen und 10 Euro Bargeld, indem sie diese nach gewaltsamem Eindringen in eine Wohnung durch die Äußerung „Willst du auch so [wie Sabrina T*****, der zuvor deutlich sichtbare Verletzungen zugefügt worden waren] aussehen?“ sowie mit dem „Zusammenschlagen“ bedrohten;
A./1./b./ K***** unter Verwendung einer Waffe am 22. Oktober 2016 Winona C***** ein Mobiltelefon, indem sie nach Eindringen in eine Wohnung diese und weitere Personen wiederholt mit einem von ihr betätigten Elektroschocker bedrohte.
Dagegen richten sich getrennt ausgeführte, jeweils auf § 281 Abs 1 Z 5 und 10 StPO gestützte Nichtigkeitsbeschwerden der Angeklagten H***** und K*****.
Rechtliche Beurteilung
Zur Nichtigkeitsbeschwerde der Angeklagten H*****:
Entgegen der Mängelrüge (Z 5 zweiter Fall) haben sich die Tatrichter mit der als übergangen erachteten Aussage der Zeugin Jaqueline Kr***** („Raubbeute vielleicht Pfand“) auseinandergesetzt (US 17 f), wobei das Erstgericht – dem Gebot gedrängter Darstellung in den Entscheidungsgründen (§ 270 Abs 2 Z 5 StPO; RIS Justiz RS0106642) folgend – nicht gehalten war, diese Angaben in all ihren Details gesondert zu erörtern. Soweit die Angeklagte den Schlussfolgerungen der Tatrichter zur subjektiven Tatseite für sich günstigere Annahmen gegenüberstellt (RIS Justiz RS0099455), beschränkt sie sich darauf, nach Art einer im kollegialgerichtlichen Verfahren gesetzlich nicht vorgesehenen Schuldberufung die Beweiswürdigung des Schöffengerichts zu bekämpfen. Überdies würde Bereicherungsvorsatz durch ein gewaltsam genommenes Pfand nicht ausgeschlossen (RIS Justiz RS0093332).
Die eine rechtliche Unterstellung der Schuldspruch A./1./a./ zugrunde liegenden Tat unter § 105 Abs 1 StGB „sowie allenfalls nach §§ 125 bzw 135 StGB“ fordernde Subsumtionsrüge (Z 10) übergeht die Konstatierungen zur – von entsprechendem Vorsatz getragenen (US 11; RIS Justiz RS0089831) – gemeinsamen Bedrohung des Raubopfers mit gegenwärtiger Gefahr für Leib oder Leben (US 11 iVm US 13; zur Vornahme [nur] einer dem Wortlaut des Tatbestandes entsprechenden Ausführungshandlung bei der mittäterschaftlichen Begehung eines mehraktigen Delikts vgl RIS Justiz RS0117320) durch beide Beschwerdeführerinnen bei unmittelbar darauf folgender Wegnahme von 10 Euro Bargeld (US 11) durch die Angeklagte K***** und verfehlt damit den gesetzlichen Bezugspunkt materieller Nichtigkeit.
Weil die hinsichtlich der übrigen weggenommenen vom Erstgericht als geraubt erachteten Gegenstände (nämlich dem Mobiltelefon sowie der Playstation samt den Spielen) angestrebte Subsumtionsänderung (in Richtung „§ 125 bzw 135 StGB“) auf der Basis der oben genannten Konstatierungen nichts an der Beurteilung der räuberischen Wegnahme des Bargelds ändern, aber zur Annahme von Idealkonkurrenz mit weiteren Delikten führen würde, ist die Nichtigkeitsbeschwerde insoweit nicht zum Vorteil der Angeklagten ausgeführt (RIS Justiz RS0117640; Ratz , WK StPO § 282 Rz 15 f).
Die Kritik am Gebrauch der verba legalia zur Konstatierung der subjektiven Tatseite (US 11) verkennt, dass dieser die Wirksamkeit einer Tatsachenfeststellung grundsätzlich nicht beeinträchtigt, es sei denn, dass in Wahrheit keinerlei Sachbezug hergestellt und damit gar keine Feststellungen getroffen wurden (RIS Justiz RS0119090; Ratz , WK StPO § 281 Rz 8). Weshalb den Entscheidungsgründen (US 10 f) ein hinreichender Sachverhaltsbezug nicht zu entnehmen wäre, legt die Beschwerdeführerin nicht begründet dar.
Zur Nichtigkeitsbeschwerde der Angeklagten K*****:
Entgegen der Mängelrüge (Z 5 vierter Fall) ist die aus dem äußeren Tatgeschehen erfolgte Ableitung der den Schuldspruch A./1./a./ betreffenden Feststellungen zur subjektiven Tatseite (US 17 f) unter dem Aspekt der Begründungstauglichkeit nicht zu beanstanden, weil der Schluss von einem gezeigten Verhalten auf ein zugrunde liegendes Wollen oder Wissen gerade bei leugnenden Angeklagten in der Regel methodisch nicht zu ersetzen ist (RIS Justiz RS0098671, RS0116882; Ratz , WK StPO § 281 Rz 452). Dem weiteren Vorbringen (Z 5 zweiter Fall), es hätten sich „mehrere Indizien ergeben“, dass die Angeklagte „keinen Bereicherungsvorsatz“ gehabt hätte, zuwider haben sich die Tatrichter mit den Angaben der Zeugin Kr***** und jenen der Beschwerdeführerin auseinandergesetzt (US 17 f), wobei das Erstgericht wie erwähnt nicht gehalten war, diese Aussagen in all ihren Details gesondert zu erörtern. Die Frage, ob die Zeugin C***** Schulden bei der Beschwerdeführerin hatte, betrifft (im Zusammenhang mit Schuldspruch A./1./a./) keine entscheidenden Tatsachen.
Die Kritik an der vermeintlich fehlenden Begründung der Schuldspruch A./1./b./ betreffenden Feststellungen zur subjektiven Tatseite (Z 5 zweiter und vierter Fall) nimmt nicht an der Gesamtheit der Entscheidungsgründe und den darin offengelegten Erwägungen der Tatrichter (US 11 f sowie US 18 bis 20) Maß und verkennt, dass das Schöffengericht hinsichtlich der Wegnahme eines Hundes und des von der Angeklagten als geschuldet erachteten Geldbetrags gerade nicht von einem auf unrechtmäßige Bereicherung gerichteten Vorsatz ausging (US 12). Indem die Beschwerdeführerin aus den – von den Tatrichtern erörterten – Angaben der Zeuginnen Bianca V***** und K***** sowie aus ihrer eigenen Deposition (vgl dazu jeweils US 18) für sich günstigere Schlussfolgerungen reklamiert, beschränkt sie sich ebenfalls darauf, in dieser Form unzulässig die Beweiswürdigung des Schöffengerichts zu bekämpfen.
Die bloß die subjektive Tatseite bestreitende, eine Unterstellung beider Taten „unter § 105 StGB iVm § 134 Abs 2 StGB“ anstrebende Subsumtionsrüge (Z 10) übergeht die zur subjektiven Tatseite getroffenen Sachverhaltsannahmen der Tatrichter (US 11 f) und verfehlt damit den gesetzlichen Bezugspunkt des geltend gemachten Nichtigkeitsgrundes.
Die Nichtigkeitsbeschwerde war daher – in Übereinstimmung mit der Stellungnahme der Generalprokuratur, – bereits bei nichtöffentlicher Beratung gemäß § 285d Abs 1 StPO sofort zurückzuweisen, woraus die Zuständigkeit des Oberlandesgerichts zur Entscheidung über die Berufungen und die implizite Beschwerde folgt (§§ 285i, 498 Abs 3 StPO).
Die Kostenentscheidung beruht auf § 390a Abs 1 StPO.