JudikaturOGH

11Os80/17z – OGH Entscheidung

Entscheidung
12. Dezember 2017

Kopf

Der Oberste Gerichtshof hat am 12. Dezember 2017 durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofs Dr. Schwab als Vorsitzenden und die Hofrätinnen des Obersten Gerichtshofs Dr. Bachner Foregger, Mag. Michel und Mag. Fürnkranz und den Hofrat des Obersten Gerichtshofs Dr. Oberressl als weitere Richter in Gegenwart der Richteramtsanwärterin Mag. Pichler als Schriftführerin in der Strafsache gegen Martina R***** wegen des Verbrechens der Untreue nach § 153 Abs 1, Abs 2 StGB idF BGBl I 2004/136 und weiterer strafbarer Handlungen über die Nichtigkeitsbeschwerde und die Berufung der Angeklagten sowie über die Berufung der Staatsanwaltschaft gegen das Urteil des Landesgerichts für Strafsachen Wien als Schöffengericht vom 24. Jänner 2017, GZ 13 Hv 57/13i 435, nach Anhörung der Generalprokuratur in nichtöffentlicher Sitzung den

Beschluss

gefasst:

Spruch

Die Nichtigkeitsbeschwerde wird zurückgewiesen.

Zur Entscheidung über die Berufungen werden die Akten dem Oberlandesgericht Wien zugeleitet.

Der Angeklagten fallen die Kosten des bisherigen Rechtsmittelverfahrens zur Last.

Text

Gründe:

Mit dem angefochtenen – auch einen unbekämpft in Rechtskraft erwachsenen Freispruch von einem weiteren gleichartigen Vorwurf enthaltenden – Urteil wurde Martina R***** im zweiten Rechtsgang unter Einbeziehung der im ersten Rechtsgang in Rechtskraft erwachsenen Teile des Schuldspruchs (vgl dazu 11 Os 27/16d) in die Subsumtionseinheit des Verbrechens der Untreue nach § 153 Abs 1, Abs 2 zweiter Fall StGB idF BGBl I 2004/136 (vgl RIS Justiz RS0116734 [insbesondere T7]) schuldig erkannt.

Danach hat sie – über die rechtskräftigen Teile des Schuldspruchs des ersten Rechtsgangs hinaus und soweit für die Erledigung der Nichtigkeitsbeschwerde von Relevanz – die ihr durch Rechtsgeschäft eingeräumte Befugnis, über fremdes Vermögen zu verfügen, wissentlich missbraucht und den Vollmachtgebern einen 50.000 Euro übersteigenden Vermögensnachteil zugefügt, und zwar die ihr

[…]

A./I./4./ für den Zeitraum Juli 2007 bis August 2010 von Mag. Eva S***** eingeräumte, allgemeine und unbestimmte Vollmacht, diese vor Behörden und gegenüber Dritten zu vertreten, indem sie vereinbarungswidrig Überweisungen vom Konto der Vollmachtgeberin auf ihr Privatkonto vornahm und sich deren Erlös zueignete, wodurch Mag. S***** ein Vermögensnachteil in der Höhe von 111.579,47 Euro zugefügt wurde.

Rechtliche Beurteilung

Ausschließlich gegen diesen Schuldspruch richtet sich die auf § 281 Abs 1 Z 5 StPO gestützte Nichtigkeitsbeschwerde der Angeklagten.

Die den Bezug auf entscheidende Tatsachen (hier das Überschreiten der Wertgrenze) durchgehend versäumende Mängelrüge, die die erstrichterlichen Urteilsannahmen zur Höhe der von der Angeklagten einbehaltenen bzw im Interesse der Vollmachtgeberin verwendeten und daher bei der Schadensberechnung (vgl US 13) in Abzug zu bringenden Beträge kritisiert, ist insgesamt nicht prozessordnungsgemäß ausgeführt (RIS Justiz RS0119370, RS0119664, RS0118316, RS0116586 [va T3]; 11 Os 3/12x, 11 Os 29/12d).

Zur Abrundung bleibt zu erwidern:

Mit der Behauptung, das Erstgericht hätte die – im Übrigen unter ausdrücklicher Bezugnahme auf die im Rechtsmittel zitierte Gutachtenspassage – festgestellten Finanzamtsrückzahlungen von 39.797,81 Euro (US 12) „nicht abgezogen“ (US 13), was „im Widerspruch zur rechtlichen Beurteilung der Tatrichter, wonach bezüglich der Finanzamtsauszahlungen ein Finanzdelikt vorliege“ stehe (US 21), wird keine Nichtigkeit aufgezeigt (Z 5 dritter Fall; Ratz , WK StPO § 281 Rz 436 f). Auch das Vorbringen, es fehle „jegliche Begründung, warum trotz fehlender Gerichtszuständigkeit ... kein Freispruch erfolgt ist“, orientiert sich nicht an den Anfechtungskriterien der Z 5.

Inwiefern die Erörterung (Z 5 zweiter Fall) der vom Verteidiger am 16. Juni 2010 auf das Konto der Mag. S***** getätigten (Fehl )Überweisung von 100.000 Euro, die im Übrigen vom Sachverständigen bei der Gutachtenserstattung berücksichtigt und erläutert wurde (ON 264 S 23 f), geeignet sein soll, für den Standpunkt der Beschwerdeführerin günstigere Tatsachenfeststellungen herbeizuführen, erklärt die Rüge nicht.

Soweit die Beschwerdeführerin die vom Schöffengericht – unter Bezugnahme auf eine von ihr vorgelegte Aufstellung (Beilage zu ON 140 S 65 bzw ON 252 S 21) – mit 16.825,66 Euro konstatierte Höhe der Barauslagen kritisiert und vorbringt, weitere Barauslagen „außerhalb der Buchhaltungsarbeiten getätigt“ zu haben und diese auch belegen zu können, „was bereits im Urteil ... des ersten Rechtsgangs zutreffend festgestellt wurde“, zeigt sie gleichfalls keine Begründungsmängel in der Bedeutung der Z 5 auf. Dass das Schöffengericht im ersten Rechtsgang aus den Verfahrensergebnissen andere Schlüsse gezogen und zum – vom Obersten Gerichtshof aufgehobenen – Schuldspruch A./II./ andere Feststellungen getroffen hat, begründet keine Nichtigkeit. Mit welchen von der Angeklagten vorgelegten Belegen sich die Tatrichter des zweiten Rechtsgangs auseinanderzusetzen gehabt hätten, legt die Rüge nicht dar.

Auch das Vorbringen, es wären weitere Ausgaben von 7.500 bis 8.000 Euro, für die die Angeklagte über Wunsch der Mag. S***** keine Rechnungen verlangt habe, zu berücksichtigen gewesen, ist keiner der Anfechtungskategorien der Z 5 zuordenbar. Inwiefern die im Rechtsmittel zitierten Verfahrensergebnisse, nämlich die Aussage der Mag. S***** vom 19. Februar 2014 ON 319 S 5 f (betreffend Schäden in der Wohnung H*****gasse), die E Mails aus dem Beilagenordner „E. S***** Stunden 2007 – 2011 Mails“ ON 140 S 259 ff (betreffend Probleme mit der vermieteten Wohnung H*****gasse bzw die Sanierung des Balkons), S 435 und S 491 (betreffend „die gesamten Ausgaben für R***** und H*****gasse“) sowie die bezughabenden Angaben der Angeklagten in der Hauptverhandlung am 5. Dezember 2016 ON 422 S 25 ff den erstrichterlichen Urteilsannahmen zur Höhe der Barauslagen (vgl im Übrigen auch US 8 f) erörterungsbedürftig entgegenstehen sollen, erklärt die Beschwerde gleichfalls nicht.

Mit der Kritik mangelnder Erörterung eines in der Hauptverhandlung am 5. Dezember 2016 vorgelegten Überweisungsbelegs für eine Versicherung über 1.455 Euro (ON 422 S 19 f, Beilage ./3) spricht die Rüge mangels Einflusses auf die maßgebliche Wertgrenze keine entscheidende Tatsache an.

Das Vorbringen, die Angeklagte habe einige Stunden noch gar nicht verrechnet und lediglich aufgrund eines Irrtums vorerst auf die Geltendmachung dieser Forderungen verzichtet, entspricht lediglich einer – im schöffengerichtlichen Verfahren gesetzlich nicht vorgesehenen – Berufung wegen des Ausspruchs über die Schuld.

Weshalb der Umstand, dass Mag. S***** der Angeklagten „teure Designerkleider“ nicht zurückgegeben habe, den erstrichterlichen Konstatierungen zum Schuldspruch A./I./4./ erörterungsbedürftig entgegenstehen sollte, erklärt die Beschwerde nicht.

Die Nichtigkeitsbeschwerde war daher bereits bei nichtöffentlicher Beratung sofort zurückzuweisen (§ 285d Abs 1 StPO), woraus die Zuständigkeit des Oberlandesgerichts Wien zur Entscheidung über die Berufungen folgt (§ 285i StPO).

Die Kostenentscheidung beruht auf § 390a Abs 1 StPO.

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