1Ob195/17h – OGH Entscheidung
Kopf
Der Oberste Gerichtshof hat als Revisionsgericht durch den Hofrat Univ. Prof. Dr. Bydlinski als Vorsitzenden sowie die Hofräte Univ. Prof. Dr. Kodek, Mag. Wurzer, Mag. Dr. Wurdinger und die Hofrätin Dr. Hofer Zeni Rennhofer als weitere Richter in der Rechtssache der klagenden Partei R***** R*****, vertreten durch Dr. Christoph Joham und Mag. Andreas Voggenberger, Rechtsanwälte in Eugendorf, gegen die beklagten Parteien 1. R***** GmbH und 2. J***** R*****, beide vertreten durch Dr. Michael Langhofer, Rechtsanwalt in Neumarkt am Wallersee, wegen 129.185,80 EUR sA und Feststellung, über die außerordentliche Revision des Klägers gegen das Urteil des Oberlandesgerichts Linz als Berufungsgericht vom 12. September 2017, GZ 6 R 88/17d 81, mit dem das Urteil des Landesgerichts Salzburg vom 5. April 2017, GZ 9 Cg 1/12s 76, bestätigt wurde, den
Beschluss
gefasst:
Spruch
Die außerordentliche Revision wird gemäß § 508a Abs 2 ZPO mangels der Voraussetzungen des § 502 Abs 1 ZPO zurückgewiesen.
Begründung:
Rechtliche Beurteilung
1. Das Berufungsgericht hat ausgehend von unbekämpften erstinstanzlichen Feststellungen (erstmals) damit argumentiert, dass der von den Rechtsvorgängern des Klägers im Eigentum einer Liegenschaft nach außen hin eindeutig zum Ausdruck gebrachte Verzicht betreffend die Geltendmachung von allfälligen Verwendungsansprüchen und Schadenersatzforderungen aus der Müllablagerung auf ihrem Grundstück auch den Kläger als Rechtsnachfolger bindet.
Eine Mangelhaftigkeit des Berufungsverfahrens als Folge eines Verstoßes gegen die §§ 182, 182a ZPO setzt voraus, dass der Revisionswerber die Relevanz des Mangels darlegt und das unterlassene Vorbringen nachholt (RIS Justiz RS0037095 [T16, T19]). Der Kläger hat in seiner Verfahrensrüge wegen Verletzung des Verbots der Überraschungsentscheidung daher die Relevanz des behaupteten Verfahrensverstoßes darzutun, also darzulegen, welchen Verlauf das Verfahren genommen hätte, wenn der behauptete Fehler unterblieben wäre (RIS Justiz RS0037095 [T6]). Dies unterlässt er aber, wenn er der Rechtsansicht des Berufungsgerichts nur mit seinen eigenen rechtlichen Schlussfolgerungen entgegentritt. Aus der Darlegung der Hintergründe der „Übernahme des verfahrensgegenständlichen Grundstückes“ in seinen Besitz ergeben sich keine Anhaltspunkte, dass für die Beurteilung eines Verzichts noch entscheidungserhebliche Sachverhaltsgrundlagen fehlen könnten. Die behauptete Mangelhaftigkeit des Berufungsverfahrens ist daher nicht gegeben.
2.1. Die Frage, ob nach den Umständen des Einzelfalls ein Verzicht anzunehmen ist oder nicht, erfüllt – von einer Fehlbeurteilung des Berufungsgerichts abgesehen – nicht die Voraussetzungen des § 502 Abs 1 ZPO (RIS Justiz RS0044298 [T3, T29]; RS0107199). Gleiches gilt auch für die Beurteilung der Konkludenz von Willenserklärungen (RIS Justiz RS0043253 [T1, T2]). Eine aufzugreifende Fehlbeurteilung liegt hier nicht vor.
2.2. Der Kläger ist als Grundeigentümer Rechtsnachfolger seiner Eltern, von denen er einerseits im Wege der Einantwortung (Vater), andererseits in Form eines Übergabsvertrags (Mutter) deren jeweiligen Hälfteanteil an der Liegenschaft erhielt. Nach dem unstrittigen und daher im Revisionsverfahren zugrunde zu legenden (RIS Justiz RS0121557 [T3]) Inhalt des vom Kläger selbst im Parallelprozess vorgelegten Übergabsvertrags (dort Beilage ./19; vgl zum verlesenen Akt RIS Justiz RS0121557 [T5, T9]) übergab die Mutter des Klägers und dieser übernahm ihren Hälfteanteil „mit allen Rechten, also so, wie die Übergeberin die Übergabsobjekte bisher besaß und benutzte und zu besitzen und zu benutzen berechtigt war“ (Punkt Zweitens lit a). Mit Billigung der jeweiligen Grundeigentümer wurden auf diesem Grundstück Ablagerungen durchgeführt. Konkret wurden der Hausmüll, der Müll der ortsansässigen Unternehmen sowie Bauschutt aus Abrissen abgelagert. Dass ab dem Zeitpunkt seines Eigentums an diesem Grundstück Ablagerungen vorgenommen worden wären, behauptet der Kläger nicht.
2.3. Die Beurteilung des Berufungsgerichts, dass diese Billigung der Ablagerungen von Müll sich schuldrechtlich auch als konkludenter Ausschluss allfälliger Ansprüche, die sich aus einer Sanierungsnotwendigkeit ergeben könnten, gegenüber den Mülllieferanten – und damit gegebenenfalls auch gegenüber den Beklagten – zu verstehen war, ist nicht zu beanstanden. Dessen Rechtsansicht, wenn es die Rechtsvorgänger des Klägers im Eigentum billigten, dass in den dort vorhandenen Schottergruben Müllablagerungen vorgenommen wurden, gehe es nicht an, dass der Kläger gegen allfällige Personen, die während der Zeit des Eigentums seiner Rechtsvorgänger dort solche Ablagerungen vorgenommen haben sollen, Verwendungs oder Schadenersatzansprüche erhebe, ist jedenfalls vertretbar. Damit bestehen aber die vom Kläger als nunmehrigem Eigentümer der Liegenschaft geltend gemachten Verwendungs und (deliktischen) Schadenersatzansprüche nicht, mit denen er seine aufgewendeten und allenfalls noch aufzuwendenden Sanierungskosten auf die Beklagten überwälzen will, die er einerseits als Mülllieferant (Zweitbeklagter/Bruder) und andererseits als Einzelrechtsnachfolger des von seinen Eltern in der Form einer Gesellschaft bürgerlichen Rechts betriebenen Abfallunternehmens, in dessen Rahmen ebenfalls Müll auf der Liegenschaft deponiert wurde, in Anspruch nehmen möchte.
3. Einer weiteren Begründung bedarf dieser Beschluss nicht (§ 510 Abs 3 ZPO).