JudikaturOGH

7Ob167/17k – OGH Entscheidung

Entscheidung
08. November 2017

Kopf

Der Oberste Gerichtshof hat als Revisionsgericht durch die Senatspräsidentin Dr. Kalivoda als Vorsitzende und durch die Hofrätinnen und Hofräte Dr. Höllwerth, Dr. E. Solé, Mag. Malesich und MMag. Matzka als weitere Richter in der Rechtssache der klagenden Partei Mag. Dr. G***** B*****, vertreten durch Dr. Ewald Hannes Grabner, Rechtsanwalt in Wien, gegen die beklagte Partei A***** R*****, vertreten durch Dr. Wolfgang A. Schwarz, Rechtsanwalt in Wien, wegen 78.000 EUR sA, über die außerordentliche Revision der klagenden Partei gegen das Urteil des Oberlandesgerichts Graz als Berufungsgericht vom 3. August 2017, GZ 2 R 125/17w 28, den

Beschluss

gefasst:

Spruch

Die außerordentliche Revision wird gemäß § 508a Abs 2 ZPO mangels der Voraussetzungen des § 502 Abs 1 ZPO zurückgewiesen.

Der Antrag auf Zuspruch der Kosten der Revisionsbeantwortung wird gemäß § 508a Abs 2 Satz 2 ZPO abgewiesen.

Begründung:

Rechtliche Beurteilung

1.1. Eine stillschweigende Erklärung im Sinn des § 863 ABGB besteht in einem Verhalten, das primär etwas anderes als eine Erklärung bezweckt, dem aber dennoch auch ein Erklärungswert zukommt, der vornehmlich aus diesem Verhalten und den Begleitumständen geschlossen wird. Sie kann in einer positiven Handlung (konkludente oder schlüssige Willenserklärung) oder in einem Unterlassen (Schweigen) bestehen. Nach den von Lehre und Rechtsprechung geforderten Kriterien muss die Handlung – oder Unterlassung – nach der Verkehrssitte und nach den im redlichen Verkehr geltenden Gewohnheiten und Gebräuchen eindeutig in einer Richtung zu verstehen sein, also den zwingenden Schluss zulassen, dass die Parteien einen Vertrag schließen, ändern oder aufheben wollten. Es darf kein vernünftiger Grund bestehen, daran zu zweifeln, dass ein ganz bestimmter Rechtsfolgewille vorliegt, wobei stets die gesamten Umstände des Einzelfalls zur Beurteilung heranzuziehen sind (RIS Justiz RS0109021). Die Beurteilung von konkludenten Wissenserklärungen ist damit regelmäßig einzelfallbezogen und stellt daher keine erhebliche Rechtsfrage dar (RIS Justiz RS0109021 [T5, T6]).

1.2. Auch der Gläubiger kann das Wahlrecht im Sinn des § 906 ABGB ausüben (vgl RIS Justiz RS0024643); dies auch schlüssig (RIS-Justiz RS0017661). Zwar kann der Wahlberechtigte von der einmal getroffenen Wahl nicht einseitig abgehen (§ 906 Abs 1 ABGB), wird aber von einer bereits getroffenen Wahl einverständlich abgegangen, steht das Wahlrecht – mangels gegenteiliger Vereinbarung – dem Wahlberechtigten wieder uneingeschränkt offen (RIS Justiz RS0037081 = 1 Ob 642/94).

1.3. Wenn das Berufungsgericht aus dem Gesamtverhalten der Streitteile schließt, dass der Kläger – letztlich – im Einverständnis mit dem Beklagten schlüssig das Vorgehen nach „Option 3“ der Vereinbarung vom 17. 1. 2012 wählte, so ist diese Beurteilung jedenfalls vertretbar und im Einzelfall nicht zu beanstanden.

2. Die Frage, ob die dort vorgesehene Übertragung der Aktien auch wirksam erfolgte, muss nicht geklärt werden. Der hier allein geltend gemachte Anspruch auf Zahlung ist jedenfalls von der vom Kläger gewählten „Option 3“ nicht umfasst.

3. Der Hinweis des Klägers auf ein konstitutives Anerkenntnis des Beklagten bleibt ebenfalls erfolglos. Ist ein Streit über Ansprüche noch gar nicht entstanden und bestand daher keine Ursache, einen solchen Streit durch Schaffung eines neuen, selbständigen Verpflichtungsgrundes zu bereinigen, so ist im Allgemeinen auch kein Grund vorhanden, ein solches Anerkenntnis anzunehmen (RIS Justiz RS0032841; vgl auch RS0032516). Auch nicht angenommene Vergleichsanbote begründen kein konstitutives Anerkenntnis (vgl 7 Ob 52/16x).

Wenn der Kläger ein konstitutives Anerkenntnis durch den Beklagten darin erblickt, dass dieser die Kreditverbindlichkeit noch im Februar 2014 nicht bestritten, sondern die Rückzahlung des Kreditbetrags zugesagt habe, so übersieht er zum einen, dass bereits nach diesen Behauptungen ein Streit über Ansprüche gar nicht bestanden hat und zum anderen, dass die von den Vorinstanzen vertretbar angenommene Wahl von „Option 3“ – die gerade keinen Zahlungsanspruch beinhaltet – nach diesem Zeitpunkt erfolgte.

Dass die Vorinstanzen das Vorliegen des behaupteten konstitutiven Anerkenntisses verneinten, ist daher nicht zu beanstanden.

4. Einer weiteren Begründung bedarf dieser Beschluss nicht (§ 510 Abs 3 ZPO).

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