Der Oberste Gerichtshof hat am 17. Oktober 2017 durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofs Dr. Schwab als Vorsitzenden sowie die Hofrätinnen des Obersten Gerichtshofs Dr. Bachner-Foregger, Mag. Michel und Mag. Fürnkranz und den Hofrat des Obersten Gerichtshofs Dr. Oberressl als weitere Richter in Gegenwart des Richteramtsanwärters Mag. Wetter als Schriftführer in der Strafsache gegen Dr. Josef K***** wegen des Verbrechens nach § 3h VG und einer weiteren strafbaren Handlung über die Nichtigkeitsbeschwerde und die Berufung des Angeklagten gegen das Urteil des Landesgerichts Linz als Geschworenengericht vom 3. Juli 2017, GZ 20 Hv 7/17f 50, nach Anhörung der Generalprokuratur in nichtöffentlicher Sitzung den
Beschluss
gefasst:
Die Nichtigkeitsbeschwerde wird zurückgewiesen.
Zur Entscheidung über die Berufung werden die Akten dem Oberlandesgericht Linz zugeleitet.
Dem Angeklagten fallen die Kosten des bisherigen Rechtsmittelverfahrens zur Last.
Gründe:
Mit dem angefochtenen, auf dem Wahrspruch der Geschworenen beruhenden Urteil, das auch einen unbekämpft in Rechtskraft erwachsenen Freispruch von gleichartigen Vorwürfen enthält, wurde der Angeklagte Dr. Josef K***** des Verbrechens nach § 3h VerbotsG (I./) und des Verbrechens nach § 3g VerbotsG (II./) schuldig erkannt.
Danach hat er in M*****
1./ öffentlich auf eine Weise, dass es vielen Menschen zugänglich wird, den nationalsozialistischen Völkermord geleugnet, indem er am 1. September 2016 an „27“ Gemeinderatsmitglieder der Marktgemeinde einen handschriftlichen Brief des Inhalts:
„Schreiben an die Gemeinderäte der Marktgemeinde M*****. Sehr geehrte Gemeinderäte! Beigeschlossen schicke ich Ihnen eine Seite einer israelischen Monatszeitschrift. Darauf ist zu sehen, dass der Holocaust von 1925–1939 stattgefunden hat. Da diese Darstellung sich weitgehend mit den Statistiken in den jüdischen Weltalmanachen deckt, habe ich keinen Grund an dieser Darstellung zu zweifeln. Dies bedeutet aber, dass der Holokaust in den Gaskammern Hitlerdeutschlands eine infame Lüge sind, erfunden von den Zionisten, um uns schamlos ausbeuten zu können. Es steht somit fest, dass auch im KZ-Mauthausen keine Gaskammer war und niemand vergast worden ist. […]“ verschickte
2./ sich auf andere als die in §§ 3a bis 3f VG bezeichnete Weise im nationalsozialistischen Sinn betätigt, indem er am 16. Jänner 2017 ein von ihm handschriftlich verfasstes Schreiben des Inhalts:
„Am 27. 8. 1979 hat die Frau Prof. E***** W***** für das Landesgericht Feldkirch ein Gutachten erstellt, in welchem sie feststellt: „Judenvernichtungen mittels Vergasungsanlagen ausschließlich in den besetzten polnischen Gebieten stattgefunden ...“ Dies sagt: „In Mauthausen keine Gaskammer!“
Um der Wahrheit Willen fordere ich sie daher auf:
1. Diese Aussage der Fr. Prof. W***** zu widerlegen oder dafür zu sorgen, dass in der Gedenkstätte nur mehr Wahrheit gesagt wird. Ich fordere hiefür die Beiziehung des noch immer in Stein inhaftierten Dipl.-Ing. Wolfgang F*****, der das Buch „Die Gaskammernlüge“ geschrieben hat.
2. Ersuche ich Sie, … Stellungnahmen einzufordern, warum und in wessen Interesse im KZ-Mauthausen diese opferverhöhnende Hollywoodinszenierung 60 Jahre lang aufgeführt wurde und leider noch immer wird.
3. Aus dem Buch des Dipl.-Ing. F***** lege ich das 25-Punkte Parteiprogramm der NSDAP bei. Und ich ersuche Sie, mir schriftlich mitzuteilen, was an diesem Programm – aus damaliger Sicht – so schrecklich und so verbrecherisch ist!
...
1. Beilage: Das Parteiprogramm der NSDAP.
P.S.: Fordere ich Sie auch auf, die Darstellung des Holocaust in der Israelischen Monatsschrift zu kommentieren. Und was soll ich von Gerard Menuhins Buch: „Tell the truth an share the devil“ halten. Ihre Meinung bitte.“
samt kommentiertem NSDAP-Parteiprogramm der Marktgemeinde M***** im Wege der dort beschäftigten Vertragsbediensteten Tanja O***** übergab.
Gegen die Schuldsprüche richtet sich die vom Angeklagten aus § 345 Abs 1 Z 5 StPO erhobene Nichtigkeitsbeschwerde.
Der Verfahrensrüge (Z 5) zuwider wurden durch die Abweisung der Anträge auf Vernehmung der Zeugen Walter H***** und DI Wolfgang F***** (ON 49 S 11 f) Verteidigungsrechte nicht verletzt.
Insoweit deren Vernehmung zum Beweis dafür beantragt wurde, dass der Angeklagte „keinen Gesinnungswandel in Richtung einer Rechtslastigkeit durchlebt“ habe und „in keiner Weise Verbrechen des nationalsozialistischen Regimes in Abrede stellen, gröblich verharmlosen, gutheißen, zu rechtfertigen versuchen oder die Verwerflichkeit der nationalsozialistischen Verbrechen in Frage stellen wollte oder nationalsozialistischen Maßnahmen oder Ziele zu neuem Leben erwecken, propagandistisch vorteilhaft darstellen und solcherart aktualisieren“ wollte (ON 49 S 11 f), verkennt die Beschwerde, dass Gegenstand einer Zeugenaussage nur Wahrnehmungen über tatsächliche Umstände (aus denen gegebenenfalls Schlüsse zur subjektiven Tatseite gezogen werden könnten), nicht aber Wahrnehmungen über Wissen und Wollen und damit den Vorsatz des Angeklagten sein können (RIS-Justiz RS0097540 [T17]).
Überdies legt der Antrag in Bezug auf den bereits in der Hauptverhandlung am 19. Mai 2017 vernommenen Zeugen H***** (ON 47 S 19 ff) nicht dar, aus welchen Gründen sich die Notwendigkeit einer abermaligen Vernehmung erst nachträglich ergeben habe (RIS Justiz RS0098117 [T2]).
Das Beweisthema, dass DI F***** die Art der Tötung durch Vergasung im Konzentrationslager Mauthausen anders beschreibt als sie in der Gedenkstätte dargestellt wird, betrifft keinen für die Lösung der Schuld- oder Subsumtionsfrage erheblichen Umstand (RIS Justiz RS0116503).
Dies trifft gleichermaßen zu auf den – auf unzulässige Erkundungsbeweisführung (RIS-Justiz RS0118444, RS0118123) abzielenden – Antrag auf Vernehmung des DI F***** zum Beweis dafür, „ob“ der Angeklagte bei Verfassung der gegenständlichen Schreiben unsicher war, welche Methode der Tötung im Konzentrationslager Mauthausen im Bereich der Gaskammer angewendet wurde.
Die als Versuch einer Fundierung der Anträge nachgetragenen Beschwerdeausführungen sind prozessual verspätet und damit unbeachtlich (RIS Justiz RS0099618).
Die Nichtigkeitsbeschwerde war daher in Übereinstimmung mit der Stellungnahme der Generalprokuratur, jedoch entgegen der hiezu erstatteten Äußerung des Verteidigers bei nichtöffentlicher Beratung gemäß §§ 285d Abs 1, 344 StPO sofort zurückzuweisen, woraus die Zuständigkeit des Oberlandesgerichts zur Entscheidung über die Berufung folgt (§§ 285i, 344 StPO).
Die Kostenentscheidung beruht auf § 390a Abs 1 StPO.
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