JudikaturOGH

14Os61/17b – OGH Entscheidung

Entscheidung
05. September 2017

Kopf

Der Oberste Gerichtshof hat am 5. September 2017 durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofs Dr. Philipp als Vorsitzenden, die Hofrätin des Obersten Gerichtshofs Mag. Hetlinger, die Hofräte des Obersten Gerichtshofs Dr. Nordmeyer und Dr. Oshidari sowie die Hofrätin des Obersten Gerichtshofs Dr. Mann in Gegenwart der Richteramtsanwärterin Mag. Wukovits, LL.M., als Schriftführerin in der Strafsache gegen Liviu M***** wegen des Verbrechens des Raubes nach §§ 15, 142 Abs 1 StGB über die Nichtigkeitsbeschwerde und die Berufung des Angeklagten gegen das Urteil des Landesgerichts für Strafsachen Wien als Schöffengericht vom 26. April 2017, GZ 073 Hv 3/17w 106, sowie die Beschwerde gegen den zugleich gefassten Beschluss auf Widerruf einer bedingten Strafnachsicht nach Anhörung der Generalprokuratur in nichtöffentlicher Sitzung den

Beschluss

gefasst:

Spruch

Die Nichtigkeitsbeschwerde wird zurückgewiesen.

Zur Entscheidung über die Berufung und die Beschwerde werden die Akten dem Oberlandesgericht Wien zugeleitet.

Dem Angeklagten fallen auch die Kosten des bisherigen Rechtsmittelverfahrens zur Last.

Text

Gründe:

Mit dem angefochtenen Urteil wurde Liviu M***** des Verbrechens des Raubes nach §§ 15, 142 Abs 1 StGB schuldig erkannt.

Danach hat er am 11. Juli 2016 in W***** im bewussten und gewollten Zusammenwirken mit einem unbekannten Mittäter mit auf unrechtmäßige Bereicherung gerichtetem Vorsatz anderen mit Gewalt gegen ihre Person fremde bewegliche Sachen (richtig [vgl US 4]) wegzunehmen versucht, indem er Thi P***** und Thi N***** mit Kabelbindern an Armen und Beinen fesselte, ihnen Kleidungsstücke in den Mund presste, sie in einen begehbaren Kleidungsschrank verfrachtete und sie erfolglos aufforderte, das Versteck ihres Bargeldes bekannt zu geben.

Rechtliche Beurteilung

Die dagegen aus § 281 Abs 1 Z 5 StPO ergriffene Nichtigkeitsbeschwerde ist nicht im Recht.

Feststellungen sind nur insoweit mit Mängelrüge anfechtbar als sie (für die Schuld- oder die Subsumtionsfrage) entscheidende Tatsachen betreffen (RIS Justiz RS0117499). Solche spricht der Beschwerdeführer nicht an, indem er die Urteilsannahmen, die Opfer seien geknebelt worden und hätten die (dann gestellte) Frage, „wo Geld – wo Geld?“ nicht beantwortet (US 4), als unvollständig, widersprüchlich und offenbar unzureichend begründet (Z 5 zweiter, dritter und vierter Fall) kritisiert. Im Übrigen steht die ins Treffen geführte Aussage der Zeugin Thi P*****, ihr sei infolge Knebelung eine Antwort auf die Frage nach Bargeld nicht möglich gewesen (ON 2 S 24), den Konstatierungen gar nicht entgegen (vgl RIS-Justiz RS0098495). Weshalb „zwischen der Knebelung der Opfer und“ (richtig) „dem Umstand, dass sie“ infolge dessen „nicht in der Lage waren, die an sie gerichtete Frage zu beantworten“, ein Widerspruch bestehen soll, bleibt unerfindlich.

Die weiters bekämpfte Feststellung, die Täter hätten das Misslingen ihres Tatplans erkannt, weshalb sie die (versuchte) Tatausführung nicht freiwillig beendet hätten, begründete das Erstgericht insbesondere damit, dass die Täter „Geräusche wahrnahmen und befürchteten, entdeckt worden zu sein“ (US 5 iVm 7). Es stützte sich dabei – vom Beschwerdeführer übergangen (vgl RIS-Justiz RS0119370) – logisch und empirisch einwandfrei auf die Aussagen der Zeugen Thi N***** und Cong P*****, zur Tatzeit habe ein starker Sturm geweht, der „die offenen Türen hin und her geschlagen“ habe, und man könne vom Tatort „auch vorbeifahrende Einsatzfahrzeuge wahrnehmen“ (US 7). Weshalb weitere Ausführungen dazu notwendig gewesen wären, ob die Täter eine konkrete Vorstellung gehabt hätten, wer sie entdeckt habe, ist ebenso wenig nachvollziehbar wie der Einwand, die dazu getroffenen Feststellungen könnten mit dem konstatierten Tatplan nicht in Einklang gebracht werden.

Der in diesem Zusammenhang vom Erstgericht ebenfalls angenommene Umstand, dass die Täter keine Möglichkeit mehr gehabt hätten, die Opfer „nach dem Verbleib des Geldes“ zu fragen, nachdem diese sich selbst in der Garderobe eingesperrt hätten (US 4 f), stellt erkennbar keine notwendige Bedingung für die bekämpfte Konstatierung (zur mangelnden Freiwilligkeit des Versuchsrücktritts) dar, weshalb er als Bezugspunkt der Mängelrüge ausscheidet (RIS Justiz RS0116737) und das darauf bezogene Vorbringen (nominell Z 5 zweiter und vierter Fall) keiner Erwiderung bedarf.

Mit der abschließend spekulativ vertretenen Ansicht, es bleibe „die durchaus realistische Möglichkeit offen, dass freiwillig der Entschluss gefasst wurde, von einer weiteren Verwirklichung des Tatplans Abstand zu nehmen“, wird die tatrichterliche Beweiswürdigung bloß nach Art einer im kollegialgerichtlichen Verfahren unzulässigen Schuldberufung bekämpft.

Die Nichtigkeitsbeschwerde war daher bei der nichtöffentlichen Beratung sofort zurückzuweisen (§ 285d Abs 1 StPO).

Daraus folgt die Zuständigkeit des Oberlandesgerichts zur Entscheidung über die Berufung und die Beschwerde (§§ 285i, 498 Abs 3 letzter Satz StPO).

Der Kostenausspruch beruht auf § 390a Abs 1 StPO.

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