Der Oberste Gerichtshof hat durch den Senatspräsidenten Dr. Hoch als Vorsitzenden sowie die Vizepräsidentin Dr. Lovrek, die Hofräte Dr. Jensik und Dr. Roch und die Hofrätin Dr. Kodek als weitere Richter in der Rechtssache der Antragsteller 1. F*****, und 2. C*****, wegen Verfahrenshilfe (hier: Ablehnung), über den Rekurs der Antragsteller gegen den Beschluss des Oberlandesgerichts Wien vom 7. Dezember 2016, GZ 11 Nc 19/16b 2, den
Beschluss
gefasst:
Dem Rekurs wird nicht Folge gegeben.
Die weiters im Rekurs/seiner Ergänzung enthaltenen, an den Obersten Gerichtshof gestellten Anträge werden zurückgewiesen.
Begründung:
Die Antragsteller begehrten, ihnen Verfahrenshilfe zur Erhebung der Klage auf Feststellung der Nichtigkeit des Verfahrens 2 Cg 99/00w (= 4 Cg 18/15w) des Landesgerichts St. Pölten (in Hinkunft: Anlassprozess) zu bewilligen. Mit Beschluss vom 28. Juni 2016, 2 Nc 2/16w 4, wies das Landesgericht St. Pölten diesen Antrag ab.
Es folgte ein fristgerechter Antrag der Antragsteller vom 25. Juli 2016 auf Bewilligung der Verfahrenshilfe zur Einbringung eines Rekurses gegen diesen abweisenden Beschluss und das nachfolgende Verfahren. Dieser Schriftsatz enthielt auch die Anträge auf „Aufhebung des [Anlassprozesses] und Widerruf des Urteils 'Im Namen der Republik'“ sowie den Antrag auf „Ablehnung des Landesgerichtes St. Pölten wegen Befangenheit“. Es sei offensichtlich, dass dieses Gericht mit der laufenden Nichtgewährung von Verfahrenshilfe bzw mit der mutwilligen Abweisung ihrer Anträge sowie durch wissentlich nichtige Verfahrensführung seine amtswegige Verpflichtung auf Objektivität missachte, sich selbst schütze, sich bereichere und zur unrechtmäßigen Bereicherung der Republik Beihilfe leiste. Gegen die Erstrichterin bringen die Antragsteller konkret vor, sie hätte wissentlich Details des Verfahrenshilfeantrags einfach nach Belieben zum Selbstschutz abgeändert und damit unrichtige Fakten in den Abweisungsbeschluss einfließen lassen. So sei Tatsache, dass der den Anlassprozess genehmigende Richter sehr wohl beschlussmäßig für befangen erkannt worden sei, weshalb der Anlassprozess auf Nichtigkeit basiere. Daher seien alle Entscheidungen dieses Richters, der als befangen erkannt worden sei, aufzuheben. Im Übrigen sei der Erstrichterin Arglist zu unterstellen, wenn sie § 529 Abs 1 Z 2 ZPO zitiere, aber trotz des Umstands, dass die beiden Antragsteller im Anlassprozess unvertreten gewesen seien, den Antrag als aussichtslos darstelle.
Das Landesgericht St. Pölten legte den Akt nach Einholung von Stellungnahmen sämtlicher Richter zur Entscheidung über die Befangenheit dem Oberlandesgericht (OLG) Wien vor. Bis auf einen Richter erklärten sich alle anderen als nicht befangen.
Das Erstgericht (OLG Wien) stellte mit seinem Beschluss vom 7. Dezember 2016, 11 Nc 19/16b-2, die Befangenheit eines namentlich genannten Richters des Landesgerichts St. Pölten fest (der sich selbst für befangen erachtete) und wies den Ablehnungsantrag in Ansehung aller übrigen Richterinnen und Richter des Landesgerichts St. Pölten zurück. Es ging – abgesehen von der Erstrichterin – hinsichtlich aller anderen Richterinnen und Richter des Landesgerichts St. Pölten von einer unzulässigen Pauschalablehnung aus. Zur Erstrichterin, die ihre Entscheidung umfassend begründet habe, hätten die Antragsteller keinen derart gewichtigen Grund dargetan, der eine mangelnde Objektivität der abgelehnten Richterin erkennen ließe. Keinesfalls sei eine ihr unterstellte Rechtsbeugung oder eine wissentliche falsche Anwendung von Gesetzen zu erkennen, welche im Ablehnungsverfahren aufgegriffen werden müssten. Ob die rechtlichen Schlussfolgerungen der abgelehnten Richterin zuträfen, könne im Rechtsmittelverfahren in der Sache überprüft werden.
Gegen den zurückweisenden Teil dieses Beschlusses erhoben die Antragsteller mit Schriftsatz vom 17. Jänner 2017 (ua) Rekurs an den Obersten Gerichtshof, der aus folgenden Gründen nicht berechtigt ist:
1. Wegen des dem Ablehnungsantrag zugrunde liegenden Verfahrens über den Verfahrenshilfeantrag, in dem keine Anwaltspflicht besteht, bedarf der schriftliche Rekurs hier keiner Anwaltsunterschrift (3 Ob 93/17y mwN; RIS Justiz RS0036113).
2. Zur Klarstellung ist zunächst festzuhalten, dass das – wegen der Ablehnung des gesamten Landesgerichts St. Pölten – nach § 23 JN zuständige OLG Wien nur über den im weiteren Verfahrenshilfeantrag vom 25. Juli 2016 für einen Rekurs gegen die Verfahrenshilfeabweisung (betreffend Nichtigkeitsklage gegen den Anlassprozess) enthaltenen Ablehnungsantrag zu entscheiden hatte; es hatte also nur die Befangenheit der Erstrichterin und aller weiteren Richterinnen und Richter des Landesgerichts St. Pölten für das weitere Verfahren über den Verfahrenshilfeantrag und für einen allenfalls folgenden Prozess über die Nichtigkeitsklage zu prüfen (und nicht, wie die Antragsteller offensichtlich glauben, von ihnen behauptete Fehler im Anlassprozess).
3. Der Rekurs rügt zunächst als Verfahrensmangel, das OLG Wien habe über den im Verfahrenshilfeantrag enthaltenen Antrag auf Aufhebung des Anlassverfahrens samt Urteil nicht entschieden. Dabei wird übersehen, dass das OLG Wien allein den Ablehnungsantrag zu erledigen hatte.
4. Weiters wird dem Erstgericht eine Aktenwidrigkeit vorgeworfen, weil unrichtig ausgeführt werde, die Antragsteller hätten in ihrer Eingabe vom 25. Juli 2016 Verfahrenshilfe für eine Klage beantragt. Da eine derartige Darstellung dem angefochtenen Beschluss nicht zu entnehmen ist, trifft dieser Vorwurf nicht zu.
5. Die weitere Kritik an der Beschlussbegründung des OLG Wien betrifft gar nicht dessen eigenständige (rechtlichen) Überlegungen, sondern dessen Wiedergabe der Begründung des Beschlusses des Landesgerichts St. Pölten vom 28. Juni 2016, die jedoch aktenkonform erfolgte.
6. Gegen die Begründung des OLG Wien für das Nichtvorliegen von Ablehnungsgründen bei der Erstrichterin trägt der Rekurs nichts Substantielles vor. Die Ausführungen zur Erstrichterin beschränken sich auf die Vorwürfe, sie hätte das OLG Wien „völlig einseitig, subjektiv und mangelhaft unterrichtet“ und die Verfahrenshilfe mutwillig nicht bewilligt. Die bloße Wiederholung schon in erster Instanz erhobener Vorwürfe ermöglicht aber mangels gesetzmäßiger Ausführung der Rechtsrüge keine nähere Auseinandersetzung mit der Begründung des OLG Wien.
7. Im Übrigen enthält der Rekurs zum überwiegenden Teil Kritik im Wesentlichen an Konkursverfahren, Konkursrichter und Masseverwalter sowie am Verlauf und an der Führung des Anlassprozesses, aus der erneut nur pauschale Anwürfe gegen „das Landesgericht St. Pölten“ abgeleitet werden. Schon das OLG Wien hat zutreffend auf die – den Antragstellern aus der Vergangenheit ohnehin schon bekannte – Rechtslage hingewiesen, dass immer nur ganz bestimmte Richter, nicht aber pauschal ein ganzer Senat oder das ganze Gericht als Institution abgelehnt werden können. Die unsubstantiierte pauschale Ablehnung aller Richter eines Gerichtshofs ist unzulässig (RIS
8. Im Rekurs/seiner Ergänzung sind noch weitere Begehren enthalten, und zwar die Anträge auf „Beendigung“ des (seit 1999 anhängigen) Konkursverfahrens, „Aufhebung“ des Anlassprozesses, „Verlegung“ (gemeint: Delegierung) des Verfahrenshilfeverfahrens und des Konkursverfahrens an das Landesgericht Salzburg, Absetzung des Masseverwalters, „Entfernung/Ausschließung“ des Konkursrichters aus dem „Konkursgericht“ und Wiederaufahme eines Strafverfahrens beim Landesgericht St. Pölten zu 14 Hv 1120/01 sowie auf Beigabe rechtsanwaltlichen Beistands im Fall des Misserfolgs des Rekurses.
Diese sind im Ablehnungsverfahren – wie bereits ausgeführt – unzulässig und wegen Unzuständigkeit des Obersten Gerichtshofs zurückzuweisen.
9. Somit war dem Rekurs der Antragsteller ein Erfolg zu versagen.
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