15Os94/17p – OGH Entscheidung
Kopf
Der Oberste Gerichtshof hat am 23. August 2017 durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofs Prof. Dr. Danek als Vorsitzenden sowie den Hofrat des Obersten Gerichtshofs Mag. Lendl und die Hofrätinnen des Obersten Gerichtshofs Dr. Michel Kwapinski, Mag. Fürnkranz und Dr. Mann in Gegenwart des Richteramtsanwärters Limberger, LL.M., als Schriftführer in der Strafsache gegen Angelo A***** wegen des Verbrechens der Brandstiftung nach §§ 15, 169 Abs 1 StGB über die Nichtigkeitsbeschwerde und die Berufung des Angeklagten gegen das Urteil des Landesgerichts Klagenfurt als Schöffengericht vom 27. April 2017, GZ 73 Hv 67/17s 52, nach Anhörung der Generalprokuratur in nichtöffentlicher Sitzung den
Beschluss
gefasst:
Spruch
Die Nichtigkeitsbeschwerde wird zurückgewiesen.
Zur Entscheidung über die Berufung werden die Akten dem Oberlandesgericht Graz zugeleitet.
Dem Angeklagten fallen die Kosten des bisherigen Rechtsmittelverfahrens zur Last.
Text
Gründe:
Mit dem angefochtenen Urteil wurde Angelo A***** des Verbrechens der Brandstiftung nach §§ 15, 169 Abs 1 StGB schuldig erkannt.
Danach hat er am 31. Dezember 2016 in F***** am Haus der Erika T***** und des Hubert T*****, das an Manfred L***** verpachtet war, sohin an einer fremden Sache ohne Einwilligung der Berechtigten, versucht, eine Feuersbrunst zu verursachen, indem er die Weihnachtsdekoration bestehend aus einem dekorierten Nadelbaum und einem Strohballen entzündete.
Rechtliche Beurteilung
Die dagegen aus § 281 Abs 1 Z 5 und 5a StPO erhobene Nichtigkeitsbeschwerde des Angeklagten verfehlt ihr Ziel.
Der Ausspruch des Gerichts über entscheidende Tatsachen ist nur dann mit sich selbst im Widerspruch (Z 5 dritter Fall), wenn zwischen Feststellungen und deren zusammenfassender Wiedergabe im Urteilsspruch oder zwischen zwei oder mehr Feststellungen in den Entscheidungsgründen oder zwischen Feststellungen und den dazu in der Beweiswürdigung angestellten Erwägungen oder zwischen in der Beweiswürdigung angestellten Erwägungen ein Widerspruch besteht (RIS-Justiz RS0119089).
Keine oder eine offenbar unzureichende Begründung (Z 5 vierter Fall) liegt vor, wenn für den Ausspruch über eine entscheidende Tatsache entweder überhaupt keine oder nur solche Gründe angegeben sind, aus denen sich nach den Kriterien logischen Denkens und allgemeiner Lebenserfahrung ein Schluss auf die zu begründende Tatsache entweder überhaupt nicht ziehen lässt oder der logische Zusammenhang kaum noch erkennbar ist (RIS Justiz RS0099413).
Ein Widerspruch im dargestellten Sinn ist zwischen den Feststellungen, wonach der Angeklagte das Tatobjekt zwischen 21:05 und 21:35 Uhr angezündet habe (US 3), und den Erwägungen, der Genannte sei – aufgrund der Angaben der Zeugin P*****, die allerdings keine exakten Angaben zur Uhrzeit machen habe können – nach seinem Verschwinden aus dem Lokal zwischen 21:00 und 21:15 Uhr für (zumindest) 15 Minuten weggewesen (US 9 f), gerade nicht auszumachen.
Indem die Beschwerde diesen Urteilsannahmen zunächst einen anderen Bedeutungsinhalt (der Angeklagte habe exakt für den Zeitraum von 21:00 bis 21:15 Uhr kein lückenloses Alibi aufweisen können) unterstellt und darauf aufbauend die aus den Angaben der Zeugin und weiteren Indizien (vgl RIS Justiz RS0098249) gezogenen Schlüsse der Tatrichter auf die Täterschaft des Angeklagten (US 5 f, 9 ff, 12) als widersprüchlich und unzureichend begründet kritisiert, vermag sie einen Urteilsmangel iSd § 281 Abs 1 Z 5 StPO nicht aufzuzeigen.
Gleiches gilt für die Berufung auf den Zweifelsgrundsatz (RIS Justiz RS0117561, RS0102162).
Insgesamt stellt das Vorbringen der Mängelrüge bloß einen Versuch dar, die Beweiswürdigung der Tatrichter nach Art einer im kollegialgerichtlichen Verfahren unzulässigen Berufung wegen des Ausspruchs über die Schuld zu bekämpfen.
Der formelle Nichtigkeitsgrund des § 281 Abs 1 Z 5a StPO greift seinem Wesen nach erst dann, wenn aktenkundige Beweisergebnisse vorliegen, die nach allgemein menschlicher Erfahrung gravierende Bedenken gegen die Richtigkeit der bekämpften Urteilsannahmen aufkommen lassen. Eine über die Prüfung erheblicher Bedenken hinausgehende Auseinandersetzung mit der Überzeugungskraft von Beweisergebnissen – wie sie die Berufung wegen Schuld des Einzelrichterverfahrens einräumt – wird dadurch nicht eröffnet (RIS Justiz RS0119583, RS0118780).
Mit Erwägungen zum Fehlen eines Motivs (vgl dazu allerdings RIS-Justiz RS0088761), zum Vorhandensein einer Wohnung des Angeklagten im Gebäude des Brandgeschehens, zur Möglichkeit der Duplizierung des Gebäudeschlüssels durch frühere Dienstnehmer der Pizzeria, zum Fehlen einer früheren Verurteilung (auch) wegen Brandstiftung und zu isoliert hervorgehobenen Angaben der Zeuginnen P***** und G***** über seinen Aufenthalt im Lokal „K*****“ gelingt es der Beschwerde nicht, beim Obersten Gerichtshof erhebliche Bedenken im aufgezeigten Sinn zu erwecken.
Die Nichtigkeitsbeschwerde war daher bereits bei nichtöffentlicher Beratung sofort zurückzuweisen (§ 285d Abs 1 StPO), woraus die Zuständigkeit des Oberlandesgerichts zur Erledigung der Berufung folgt (§ 285i StPO).
Die Kostenentscheidung beruht auf § 390a Abs 1 StPO.