11Os69/17g – OGH Entscheidung
Kopf
Der Oberste Gerichtshof hat am 8. August 2017 durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofs Dr. Schwab als Vorsitzenden sowie die Hofrätinnen des Obersten Gerichtshofs Dr. Bachner Foregger, Mag. Michel und Mag. Fürnkranz und den Hofrat des Obersten Gerichtshofs Dr. Oberressl als weitere Richter in Gegenwart der Rechtshörerin cand. iur. Schwarzer als Schriftführerin in der Strafsache gegen Yüksel S***** wegen des Verbrechens der schweren Erpressung nach §§ 144 Abs 1, 145 Abs 1 Z 1 StGB und weiterer strafbarer Handlungen über die Nichtigkeitsbeschwerde und die Berufung des Angeklagten sowie die Berufung der Staatsanwaltschaft gegen das Urteil des Landesgerichts für Strafsachen Wien als Schöffengericht vom 13. Februar 2017, GZ 25 Hv 69/16x 68, nach Anhörung der Generalprokuratur in nichtöffentlicher Sitzung den
Beschluss
gefasst:
Spruch
Die Nichtigkeitsbeschwerde wird zurückgewiesen.
Zur Entscheidung über die Berufungen werden die Akten dem Oberlandesgericht Wien zugeleitet.
Dem Angeklagten fallen die Kosten des bisherigen Rechtsmittelverfahrens zur Last.
Text
Gründe:
Mit dem angefochtenen Urteil wurde Yüksel S***** der Verbrechen der schweren Erpressung nach §§ 144 Abs 1, 145 Abs 1 Z 1 StGB (A), des Raubes nach § 142 Abs 1 StGB (B) und der schweren Nötigung nach §§ 15, 105 Abs 1, 106 Abs 1 Z 1 erster Fall StGB (C) schuldig erkannt.
Danach hat er in W***** Katrin K*****
A) am 27. Dezember 2015 mit dem Vorsatz, sich durch ihr Verhalten unrechtmäßig zu bereichern, durch gefährliche Drohung mit dem Tod zu einer Handlung genötigt, die sie am Vermögen schädigte, und zwar zur Übergabe von 4.500 Euro am folgenden Tag, indem er ihr eine als solche nicht erkennbare Attrappe einer silbernen Pistole an den Bauch hielt und sagte, wenn sie ihm nicht 4.500 Euro übergebe, werde er ihren Freund Mohamed G***** umbringen;
B) am 23. Jänner 2016 mit Gewalt gegen deren Person 300 Euro mit auf unrechtmäßige Bereicherung gerichtetem Vorsatz weggenommen, indem er sie gegen eine Tür drückte, in ihre Jackentasche griff und daraus das Bargeld entnahm, wobei er sie im Zuge der Gegenwehr am Hals packte und mit dem Hinterkopf gegen die Tür schlug;
C) durch gefährliche Drohung mit dem Tod zu einer Handlung, und zwar zur Wiederaufnahme der Beziehung mit ihm und zur Beendigung der Beziehung zu Mohamed G*****, am 27. Dezember 2015 auch zu einem Treffen, zu nötigen versucht, und zwar
1) im Dezember 2015, indem er ihr eine als solche nicht erkennbare Attrappe einer silbernen Pistole an den Kopf hielt, sie aufforderte sich hinzuknien und zu ihr sagte, „dein Leben gegen das von deinem Freund“;
2) am 27. Dezember 2015, indem er telefonisch äußerte, „ihr werdet schon sehen, was passieren wird, wir treffen uns jetzt oder ich bring deinen Freund um“.
Dagegen richtet sich die auf § 281 Abs 1 Z 5 und 9 lit a StPO gestützte Nichtigkeitsbeschwerde des Angeklagten.
Rechtliche Beurteilung
Unvollständig (Z 5 zweiter Fall) ist ein Urteil dann, wenn das Gericht bei der für die Feststellung entscheidender Tatsachen angestellten Beweiswürdigung (§ 258 Abs 2 StPO) erhebliche, in der Hauptverhandlung vorgekommene (§ 258 Abs 1 StPO) Verfahrensergebnisse unberücksichtigt ließ (RIS Justiz RS0118316).
Mit der Bezugnahme auf einzelne Angaben der Zeugin K***** verfehlt die zu B) aufgestellte Behauptung der Unvollständigkeit (Z 5 zweiter Fall) der Feststellungen zur subjektiven Tatseite die Ausrichtung an der Gesamtheit der tatrichterlichen Erwägungen (RIS Justiz RS0119370). Mit der für die Annahme der subjektiven Tatseite zentralen Frage des Bestehens einer Geldschuld der Zeugin K***** gegenüber dem Angeklagten setzte sich der Schöffensenat nämlich sehr eingehend auseinander, folgte den Beteuerungen des Angeklagten aber aufgrund der Angaben der Zeugen K***** und G***** in der Hauptverhandlung nicht und legte auch dar, weshalb es die leugnende Verantwortung des Yüksel S***** als unglaubwürdig verwarf (US 10 f).
Soweit die Rechtsrüge (Z 9 lit a) zu A) das Fehlen von Feststellungen zum Bedeutungsinhalt der Äußerung behauptet, dabei aber die Konstatierungen übergeht, wonach der Angeklagte bei seiner durch das Anhalten einer täuschend echt aussehenden Waffenattrappe untermauerten Aussage den Tod des Freundes der Katrin K***** in Aussicht stellen und den Eindruck erwecken wollte, er sei auch in der Lage und gewillt, das angedrohte Übel in die Tat umzusetzen (US 5 f), verfehlt sie den vom Gesetz geforderten Bezugspunkt (RIS-Justiz
RS0099810).
Der aus Eifersuchtsanfällen des Angeklagten, dessen Bedürfnissen und dem Misslingen der Nötigungen entwickelte Einwand fehlender Eignung der zu C) inkriminierten Äußerungen begründete Besorgnis einzuflößen ( vgl dazu RIS-Justiz RS0092448, RS0092160), vernachlässigt die bereits dargestellten Annahmen der Tatrichter zum Bedeutungsgehalt und der Tatumstände.
Die Nichtigkeitsbeschwerde war daher schon bei nichtöffentlicher Beratung sofort zurückzuweisen (§ 285d Abs 1 StPO), woraus die Zuständigkeit des Oberlandesgerichts zur Entscheidung über die Berufungen folgt (§ 285i StPO).
Die Kostenentscheidung beruht auf § 390a Abs 1 StPO.