11Ns38/17b – OGH Entscheidung
Kopf
Der Oberste Gerichtshof hat am 8. August 2017 durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofs Dr. Schwab als Vorsitzenden sowie die Hofrätinnen des Obersten Gerichtshofs Dr. Bachner-Foregger, Mag. Michel und Mag. Fürnkranz und den Hofrat des Obersten Gerichtshofs Dr. Oberressl als weitere Richter in Gegenwart der Rechtshörerin cand. iur. Schwarzer als Schriftführerin in der Strafvollzugssache des Sukhwinder S***** über dessen Antrag auf Beigebung eines Verfahrenshilfeverteidigers nach Einsichtnahme durch die Generalprokuratur in nichtöffentlicher Sitzung den
Beschluss
gefasst:
Spruch
Der Antrag wird abgewiesen.
Gründe:
Rechtliche Beurteilung
Mit Eingabe vom 8. Mai 2017 beantragt der Strafgefangene Sukhwinder S***** die Beigebung eines Verfahrenshilfeverteidigers zur Einbringung eines Antrags nach § 363a StPO, weil er durch die Entscheidung des Oberlandesgerichts Wien als Vollzugssenat (§ 16a StVG) vom 13. Februar 2017, AZ 33 Bs 399/16t, in seinem Grundrecht auf Versammlungs- und Vereinigungsfreiheit nach Art 11 MRK verletzt worden sei.
Der Oberste Gerichtshof gewährt Grundrechtsschutz in Anwendung des § 363a StPO auch ohne vorangegangenes Erkenntnis des EGMR, wenn ein Antrag auf Erneuerung des Strafverfahrens eine Verletzung der MRK oder eines ihrer Zusatzprotokolle durch eine Entscheidung oder Verfügung eines (untergeordneten) Strafgerichts behauptet (RIS Justiz RS0122228). Der vorliegende Antrag betrifft eine ursprünglich von der Vollzugsbehörde (§ 11 Abs 1 StVG) entschiedene Sache. Gerichtlicher Rechtsschutz wird (Vewaltungsgerichtsbarkeits-Anpassungsgesetzes-Justiz, BGBl I 2013/190) hier zunächst vom Vollzugsgericht am Sitz des Oberlandesgerichts, in dessen Sprengel die Freiheitsstrafe vollzogen wird (§ 16 Abs 3 StVG), und in letzter Instanz – auch in Betreff behaupteter Grundrechtsverletzungen (vgl Art 13 MRK) – für das gesamte Bundesgebiet vom Oberlandesgericht Wien (§ 16a StVG) gewährt. Nach dem in den Materialien unmissverständlich zum Ausdruck gebrachten Willen des Gesetzgebers sollte damit – als Ausnahme von der Verwaltungsgerichtsbarkeit (Art 130 Abs 1 iVm Art 94 Abs 2 B VG) – ein Rechtszug von der Vollzugsbehörde an ordentliche Gerichte geschaffen und das Oberlandesgericht Wien als bundeseinheitliches Höchstgericht (ohne Möglichkeit eines weiteren innerstaatlichen Rechtszuges) eingerichtet werden (EBRV 2357 BlgNR 24. GP, 19 ff; vgl VfGH B 181/2014; VwGH Ro 2014/03/0045). Lückenschließung im Sinn der zitierten oberstgerichtlichen Rechtsprechung durch Anwendung des § 363a StPO kommt daher bei derartigen Strafvollzugssachen nicht in Betracht (jüngst 14 Ns 32/17t).
Im Übrigen wird auf die ständige Judikatur des Obersten Gerichtshofs zur Subsidiarität des Erneuerungsantrags hingewiesen (RIS Justiz RS0123350).
Für unzulässige oder von vornherein offenkundig aussichtslose Anträge ist Verfahrenshilfe nicht zu gewähren, weswegen der Antrag abzuweisen war (RIS Justiz RS0127077).