9ObA66/17x – OGH Entscheidung
Kopf
Der Oberste Gerichtshof hat als Revisionsgericht in Arbeits und Sozialrechtssachen durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofs Dr. Hopf als Vorsitzenden, die Hofrätin des Obersten Gerichtshofs Hon. Prof. Dr. Dehn, den Hofrat des Obersten Gerichtshofs Dr. Hargassner und die fachkundigen Laienrichter Mag. Klaus Oblasser und ADir. Gabriele Svirak in der Arbeitsrechtssache der klagenden Partei G***** R*****, vertreten durch Puttinger Vogl Rechtsanwälte GmbH in Ried im Innkreis, gegen die beklagte Partei T***** GmbH, *****, vertreten durch Dr. Gerhard Schartner, Rechtsanwalt in Telfs, wegen Anfechtung einer Kündigung, über die außerordentliche Revision der klagenden Partei gegen das Urteil des Oberlandesgerichts Innsbruck als Berufungsgericht in Arbeits und Sozialrechtssachen vom 24. März 2017, GZ 13 Ra 2/17t 32, in nichtöffentlicher Sitzung den
Beschluss
gefasst:
Spruch
Die außerordentliche Revision der klagenden Partei wird gemäß § 508a Abs 2 ZPO mangels der Voraussetzungen des § 502 Abs 1 ZPO zurückgewiesen (§ 510 Abs 3 ZPO).
Begründung:
Rechtliche Beurteilung
Die Vorinstanzen haben eine Sozialwidrigkeit der Kündigung des Klägers verneint. In seiner dagegen gerichteten außerordentlichen Revision zeigt er keine Rechtsfrage von der Qualität des § 502 Abs 1 ZPO auf:
1. Angebliche Verfahrensmängel erster Instanz, die vom Berufungsgericht nicht als solche anerkannt worden sind, können in der Revision nicht neuerlich geltend gemacht werden (RIS Justiz RS0042963). Dieser Grundsatz kann auch nicht mit der Behauptung umgangen werden, das Berufungsverfahren selbst sei – weil das Berufungsgericht der Mängelrüge des Klägers nicht gefolgt sei – mangelhaft geblieben (RIS Justiz RS0042963 [T58]). Eine Ausnahme besteht dann, wenn das Berufungsgericht das Vorliegen eines wesentlichen Verfahrensmangels erster Instanz mit einer bloßen Scheinbegründung abtut und die Mängelrüge in Wirklichkeit daher gar nicht erledigt, oder ein krasser Fall einer unhaltbaren Begründung vorliegt, der jedes Beurteilungsspielraums entbehrt (RIS Justiz RS0041032 [T13, T14]).
Ein solcher Ausnahmefall ist hier nicht gegeben. Das Berufungsgericht hat sich ausführlich unter Erläuterung der maßgeblichen Rechtsprechung mit der Mängelrüge des Klägers, insbesondere auch mit seinem Vorbringen zum berufskundlichen Sachverständigengutachten, auseinandergesetzt (S 9 bis 21 des Berufungsurteils), sodass hier nicht von „unvertretbaren Scheinbegründungen“ gesprochen werden kann. Nur beispielhaft sei hervorgehoben, dass die Methodenwahl zum Kern der Sachverständigentätigkeit gehört und ihm im Allgemeinen daher nicht vorzuschreiben ist (s RIS Justiz RS0119439). Das berufskundliche Gutachten ist daher nicht „offensichtlich mangelhaft“, wenn die deutsche Marktsituation nicht durch Spezialisten vor Ort, sondern durch eine Reihe von Tiefeninterviews erhoben wird, die mit den deutschen Markt mitbetreuenden Personalvermittlern geführt werden.
2. Das Berufungsgericht hat auch die Beweisrüge des Klägers zur Einschulungszeit in der Branche nicht unerledigt gelassen, sondern sich damit auseinandergesetzt (Berufungsurteil S 22 f). Die Behandlung der Beweisrüge ist im Revisionsverfahren aber nicht weiter bekämpfbar (s RIS Justiz RS0043371).
3. In rechtlicher Hinsicht hat die Beurteilung, ob eine wesentliche Interessenbeeinträchtigung des Arbeitnehmers vorliegt, nach der konkreten wirtschaftlichen und sozialen Lage des Arbeitnehmers zu erfolgen (RIS Justiz RS0051806 [T7]; vgl auch RS0051918 [T1]). Dabei wurde vom Berufungsgericht zu Recht auch die Behinderung eines Kindes des Klägers berücksichtigt. Letztlich hängt die Beurteilung der wesentlichen Interessenbeeinträchtigung aber von den Umständen des Einzelfalls ab und stellt damit regelmäßig keine erhebliche Rechtsfrage dar (RIS Justiz RS0051640 [T5]).
4. Da der Kläger danach insgesamt keine Rechtsfrage von der Qualität des § 502 Abs 1 ZPO aufzeigt, ist seine außerordentliche Revision zurückzuweisen. Einer weitergehenden Begründung bedarf der Zurückweisungsbeschluss nicht (§ 510 Abs 3 S 2 ZPO).