JudikaturOGH

11Os43/17h – OGH Entscheidung

Entscheidung
30. Mai 2017

Kopf

Der Oberste Gerichtshof hat am 30. Mai 2017 durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofs Dr. Schwab als Vorsitzenden sowie den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofs Dr. Philipp und die Hofrätinnen des Obersten Gerichtshofs Dr. Bachner-Foregger, Mag. Michel und Mag. Fürnkranz als weitere Richter in Gegenwart der Richterin Dr. Sadoghi als Schriftführerin in der Strafsache gegen Spiro D***** und einen weiteren Angeklagten wegen des Verbrechens des Suchtgifthandels nach § 28a Abs 1 zweiter und dritter Fall, Abs 4 Z 3 SMG und einer weiteren strafbaren Handlung über die Nichtigkeitsbeschwerde und die Berufung des Angeklagten D***** sowie über die Berufung der Staatsanwaltschaft gegen das Urteil des Landesgerichts Salzburg als Schöffengericht vom 13. Juni 2016, GZ 64 Hv 46/16i 52, nach Anhörung der Generalprokuratur in nichtöffentlicher Sitzung den

Beschluss

gefasst:

Spruch

Die Nichtigkeitsbeschwerde wird zurückgewiesen.

Zur Entscheidung über die Berufungen werden die Akten dem Oberlandesgericht Linz zugeleitet.

Dem Angeklagten fallen die Kosten des bisherigen Rechtsmittelverfahrens zur Last.

Text

Gründe:

Mit dem angefochtenen Urteil, das auch einen Schuldspruch des Mitangeklagten Eduard P***** (dessen dagegen gerichtete Nichtigkeitsbeschwerde zu AZ 11 Os 102/16h bereits erledigt wurde) enthält, wurde Spiro D***** (gemeint:) der Verbrechen des Suchtgifthandels nach § 28a Abs 1 zweiter und dritter Fall, Abs 4 Z 3 SMG und § 28a Abs 1 fünfter Fall, Abs 4 Z 3 SMG (vgl RIS Justiz RS0111410 [T8]) schuldig erkannt.

Danach hat er am 28. Jänner 2016 vorschriftswidrig Suchtgift in einer die Grenzmenge (§ 28b SMG) um das Fünfundzwanzigfache übersteigenden Menge, nämlich mehr als 1.000 Gramm Kokain mit einem Reinheitsgehalt von über 80 %

1./ [in seinem Pkw versteckt] von Deutschland aus- und nach Österreich eingeführt,

2./ in S***** im bewussten und gewollten Zusammenwirken mit Eduard P***** als Mittäter (§ 12 StGB) einem verdeckten Ermittler überlassen.

Rechtliche Beurteilung

Dagegen richtet sich die auf § 281 Abs 1 Z 5 und 5a StPO gestützte Nichtigkeitsbeschwerde des Angeklagten.

Vorab ist festzuhalten, dass der Verfassungsgerichtshof mit Erkenntnis vom 14. März 2017 den auf Art 140 Abs 1 Z 1 lit d B-VG gestützten Antrag des Angeklagten, § 281 Abs 1 Z 5a StPO als verfassungswidrig aufzuheben, abgewiesen und seine Anträge, die Verfassungwidrigkeit der §§ 288 Abs 2 Z 3, 468 Abs 1, 489 Abs 1 StPO festzustellen, zurückgewiesen hat (G 260/2016).

Indem die Mängelrüge die Feststellungen hinsichtlich der Einfuhr des Suchtgifts durch den Beschwerdeführer und die „konkrete arbeitsteilige Tathandlung“ als offenbar unzureichend begründet (Z 5 vierter Fall) bezeichnet, ohne auf die Gesamtheit der Entscheidungsgründe (US 5 f, US 9) einzugehen, verfehlt sie die prozessordnungskonforme Darstellung des herangezogenen Nichtigkeitsgrundes (RIS-Justiz RS0119370).

Dem Vorwurf der Unvollständigkeit (Z 5 zweiter Fall) zuwider blieben die Aussagen des Angeklagten D***** und des Mittäters P***** nicht unerörtert (insb US 9 f).

Mit dem Einwand, dass „keine daktyloskopischen Spuren … am Versteck [im Fahrzeug des Beschwerdeführers] und an der Verpackung des Suchtgifts aufgefunden wurden“, spricht der Beschwerdeführer keinen für die Schuld oder für die Subsumtion bedeutsamen Aspekt an.

Der formelle Nichtigkeitsgrund des § 281 Abs 1 Z 5a StPO greift seinem Wesen nach erst dann, wenn aktenkundige Beweisergebnisse vorliegen, die nach allgemein menschlicher Erfahrung gravierende Bedenken gegen die Richtigkeit der bekämpften Urteilsannahmen aufkommen lassen. Eine über die Prüfung erheblicher Bedenken hinausgehende Auseinandersetzung mit der Überzeugungskraft von Beweisergebnissen – wie sie die Berufung wegen Schuld des Einzelrichterverfahrens einräumt – wird dadurch nicht eröffnet (RIS-Justiz RS0119583). Tatsachenrügen, die außerhalb solcher Sonderfälle auf eine Überprüfung der Beweiswürdigung abzielen, beantwortet der Oberste Gerichtshof ohne eingehende eigene Erwägungen, um über den Umfang seiner Eingriffsbefugnisse keine Missverständnisse aufkommen zu lassen (RIS Justiz RS0118780).

Diesen Anfechtungsrahmen verfehlt die – im Übrigen überwiegend ohne die gebotene Bezugnahme auf konkrete Aktenstellen ausgeführte – Tatsachenrüge.

Soweit die Beschwerde auf die „wahrheitsgemäßen“ Aussagen des Mitangeklagten sowie darauf verweist, dass keine (brauchbaren; ON 31 S 2) Spuren im Fahrzeug oder an der Verpackung gefunden wurden, es somit „keinen einzigen triftigen Schuldbeweis“ gäbe, der auf einem Beweismittel „forensischer Qualität fußt“, bekämpft sie bloß die als „lebensfremd und denkunmöglich“ bezeichnete Beweiswürdigung der Tatrichter nach Art einer nur im einzelrichterlichen Verfahren gesetzlich vorgesehen Berufung wegen des Ausspruchs über die Schuld (vgl überdies RIS Justiz RS0128874).

Dass aus den von den Tatrichtern angeführten Prämissen auch andere, für den Beschwerdeführer günstigere Schlussfolgerungen gezogen werden können, stellt den geltend gemachten Nichtigkeitsgrund nicht her (RIS Justiz RS0099674). Die Beschwerde kritisiert überdies nach Art einer Aufklärungsrüge die unterbliebene amtswegige „nähere Befragung der Angeklagten“, legt aber nicht dar, wodurch der Beschwerdeführer an entsprechender Antragstellung oder entsprechenden eigenen Angaben in der Hauptverhandlung gehindert war (RIS-Justiz RS0115823; Ratz , WK-StPO § 281 Rz 477 ff).

Die Nichtigkeitsbeschwerde war daher bereits bei nichtöffentlicher Beratung sofort zurückzuweisen (§ 285d Abs 1 StPO), woraus die Zuständigkeit des Oberlandesgerichts zur Erledigung der Berufungen folgt (§ 285i StPO).

Die Kostenentscheidung beruht auf § 390a Abs 1 StPO.

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