11Os41/17i – OGH Entscheidung
Kopf
Der Oberste Gerichtshof hat am 30. Mai 2017 durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofs Dr. Schwab als Vorsitzenden sowie den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofs Dr. Philipp und die Hofrätinnen des Obersten Gerichtshofs Dr. Bachner Foregger, Mag. Michel und Mag. Fürnkranz als weitere Richter in Gegenwart der Richterin Dr. Sadoghi als Schriftführerin in der Strafsache gegen K***** wegen der Verbrechen des schweren sexuellen Missbrauchs von Unmündigen nach § 206 Abs 1 StGB und weiterer strafbarer Handlungen über die Nichtigkeitsbeschwerde und die Berufung des Angeklagten sowie über die Berufung der Staatsanwaltschaft gegen das Urteil des Landesgerichts für Strafsachen Graz als Schöffengericht vom 22. November 2016, GZ 180 Hv 60/16a 38, nach Anhörung der Generalprokuratur in nichtöffentlicher Sitzung den
Beschluss
gefasst:
Spruch
Die Nichtigkeitsbeschwerde wird zurückgewiesen.
Zur Entscheidung über die Berufungen werden die Akten dem Oberlandesgericht Graz zugeleitet.
Dem Angeklagten fallen die Kosten des bisherigen Rechtsmittelverfahrens zur Last.
Text
Gründe:
Mit dem angefochtenen Urteil wurde K***** der Verbrechen des schweren sexuellen Missbrauchs von Unmündigen nach § 206 Abs 1 StGB (I./) und des sexuellen Missbrauchs von Unmündigen nach § 207 Abs 1 StGB (II./) sowie der Vergehen des Missbrauchs eines Autoritätsverhältnisses nach § 212 Abs 1 Z 1 StGB (III./) schuldig erkannt.
Danach hat er von Sommer bis Dezember 2011 in V*****
I./ mit seiner 12 bis 13 jährigen, somit unmündigen Enkeltochter A***** dem Beischlaf gleichzusetzende geschlechtliche Handlungen unternommen, indem er in mehreren Angriffen zumindest einen Finger in die Scheide des Kindes einführte;
II./ außer dem Fall des § 206 StGB in mehreren Angriffen geschlechtliche Handlungen an der unmündigen A***** vorgenommen, indem er ihre Brust und den Scheidenbereich intensiv betastete und im bekleideten Zustand seinen Penis an ihrer Vagina rieb;
III./ durch die zu I./ und II./ geschilderten Handlungen in wiederholten Angriffen mit seiner Enkelin A*****, somit mit einer mit ihm in absteigender Linie verwandten minderjährigen Person geschlechtliche Handlungen vorgenommen.
Rechtliche Beurteilung
Dagegen richtet sich die auf § 281 Abs 1 Z 5, 5a und 9 lit a StPO gestützte Nichtigkeitsbeschwerde des Angeklagten.
Die Mängelrüge beanstandet den vom Erstgericht „bis Dezember 2011“ angenommenen Deliktszeitraum und die Feststellung einer „Mehrzahl“ der sexuellen Übergriffe. Damit spricht sie keine entscheidenden Tatsachen an, weil weder Verjährung noch bedeutsame Altersgrenzen auf Seiten des Opfers oder des Angeklagten in Frage stehen und auch eine Reduktion der (nicht konkret bestimmten)
Anzahl der Angriffe für die Schuld- oder Subsumtionsfrage keine Bedeutung hat (RIS Justiz RS0116736, RS0098557, vgl auch RS0119552; Ratz , WK StPO § 281 Rz 398, 406) und verfehlt solcherart den vom Gesetz geforderten Bezugspunkt.
Die Tatsachenrüge (Z 5a) will nur geradezu unerträgliche Feststellungen zu entscheidenden Tatsachen (das sind schuld- oder subsumtionserhebliche Tatumstände, nicht aber im Urteil geschilderte Begleitumstände oder im Rahmen der Beweiswürdigung angestellte Erwägungen) und völlig lebensfremde Ergebnisse der Beweiswürdigung durch konkreten Verweis auf aktenkundige Beweismittel (bei gleichzeitiger Bedachtnahme auf die Gesamtheit der tatrichterlichen Beweiswerterwägungen) verhindern. Indem der Beschwerdeführer unter Hinweis auf sein „fortgeschrittenes Alter“, seine „Unbescholtenheit“ und die „unrichtigen und frei erfundenen“ Angaben der Zeugin die Urteilserwägungen für die Annahme seiner Täterschaft – nach Art einer im kollegialgerichtlichen Verfahren gesetzlich nicht vorgesehenen Berufung wegen des Ausspruchs über die Schuld – als „nicht nachvollziehbar“ bezeichnet, bewegt er sich außerhalb des erwähnten Anfechtungsrahmens.
Weshalb die mit Hilfe von verba legalia getroffenen Feststellungen zur inneren Tatseite trotz gegebenen Sachverhaltsbezugs (vgl US 3f iVm US 9f; RIS Justiz RS0099620) substanzlos und daher ungenügend sein sollen, lässt die Rüge offen. Dadurch entzieht sich auch dieses Vorbringen einer meritorischen Erwiderung (RIS Justiz RS0116565).
Die Nichtigkeitsbeschwerde war daher bereits bei nichtöffentlicher Beratung gemäß § 285d Abs 1 StPO sofort zurückzuweisen, woraus die Zuständigkeit des Oberlandesgerichts zur Entscheidung über die Berufungen folgt (§ 285i StPO). Dabei wird es zu berücksichtigen haben, dass dem Erstgericht durch den als erschwerend gewerteten Umstand, dass „der Angeklagte die sexuellen Handlungen gegen … seine Enkelin begangen hat“ angesichts des Schuldspruchs III./ ein Verstoß gegen das Doppelverwertungsverbot (Z 11 zweiter Fall) unterlaufen ist (RIS Justiz RS0109969, RS0118870; vgl dementgegen zur Rechtslage vor BGBl I 2004/15 RS0108400).
Die Kostenentscheidung beruht auf § 390a Abs 1 StPO.