15Os47/17a – OGH Entscheidung
Kopf
Der Oberste Gerichtshof hat am 24. Mai 2017 durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofs Prof. Dr. Danek als Vorsitzenden, den Hofrat des Obersten Gerichtshofs Mag. Lendl sowie die Hofrätinnen des Obersten Gerichtshofs Dr. Michel Kwapinski, Mag. Fürnkranz und Dr. Mann in Gegenwart der Richteramtsanwärterin Mag. Melounek als Schriftführerin in der Strafsache gegen Abdirizag I***** wegen des Verbrechens der Vergewaltigung nach §§ 15, 201 Abs 1 StGB und einer weiteren strafbaren Handlung über die Nichtigkeitsbeschwerde und die Berufung des Angeklagten sowie die Berufung der Staatsanwaltschaft gegen das Urteil des Landesgerichts Feldkirch als Schöffengericht vom 20. Februar 2017, GZ 40 Hv 6/16i 58, nach Anhörung der Generalprokuratur in nichtöffentlicher Sitzung den
Beschluss
gefasst:
Spruch
Die Nichtigkeitsbeschwerde wird zurückgewiesen.
Zur Entscheidung über die Berufungen werden die Akten dem Oberlandesgericht Innsbruck zugeleitet.
Dem Angeklagten fallen die Kosten des bisherigen Rechtsmittelverfahrens zur Last.
Text
Begründung:
Mit dem angefochtenen Urteil, das auch einen in Rechtskraft erwachsenen Freispruch enthält, wurde Abdirizag I***** des Verbrechens der Vergewaltigung nach §§ 15, 201 Abs 1 StGB schuldig erkannt.
Danach hat er am 4. Juli 2016 in B***** Yoselyn K***** mit Gewalt zur Duldung oder Vornahme des Beischlafs oder einer dem Beischlaf gleichzusetzenden geschlechtlichen Handlung zu nötigen versucht, indem „er ihr zunächst mit der linken Hand an ihre rechte bekleidete Brust fasste, sie anschließend an den Handgelenken erfasste und zu Boden drückte und sich sodann mit den fortlaufenden Worten 'du willst das' über sie beugte, um sich auf sie hinauf zu legen“.
Rechtliche Beurteilung
Dagegen richtet sich die auf Z 5 und 9 lit b des § 281 Abs 1 StPO gestützte Nichtigkeitsbeschwerde des Angeklagten; sie verfehlt ihr Ziel.
Eine unter Nichtigkeitsdrohung stehende Begründungspflicht besteht ausschließlich für den Ausspruch über entscheidende Tatsachen (zum Begriff vgl RIS-Justiz RS0117264). Der genaue Zeitpunkt, zu dem der Angeklagte den Entschluss fasste, das Tatopfer mit Gewalt zu geschlechtlichen Handlungen zu zwingen (US 4; vgl auch US 3 vierter Absatz), stellt keine solche Tatsache dar, sodass das Fehlen begründender Erwägungen hiezu auch keine Nichtigkeit bewirkt (Z 5 vierter Fall).
Die Feststellungen zur subjektiven Tatseite blieben – den Ausführungen der Rüge zuwider – nicht unbegründet (Z 5 vierter Fall), sondern wurden – logisch und empirisch mängelfrei – aus dem äußeren Tatgeschehen in Verbindung mit der Aussage des Tatopfers abgeleitet (US 9). Dass aus den Beweisergebnissen auch für den Angeklagten günstigere Schlussfolgerungen möglich wären, die Erkenntnisrichter sich aber dennoch für eine den Angeklagten ungünstigere Variante entschieden haben, ist als Akt freier Beweiswürdigung mit Mängelrüge nicht bekämpfbar (RIS Justiz RS0098400). Auch mit Spekulationen über andere mögliche Geschehensvarianten (dass es sich um ein Missverständnis handelte; dass es dem Angeklagten nur um körperliche Nähe ging) zeigt die Rüge keinen Begründungsmangel im Sinn des in Anspruch genommenen Nichtigkeitsgrundes auf, sondern bekämpft die Beweiswürdigung des Erstgerichts nach Art einer im kollegialgerichtlichen Verfahren nicht zulässigen Berufung wegen Schuld.
Die Konstatierungen, wonach der Angeklagte nicht freiwillig von der Tatausführung absah (US 4), gründeten die Tatrichter ersichtlich – ohne Verstoß gegen die Kriterien logischen Denkens und grundlegende Erfahrungssätze – auf die als „lebensnah, einleuchtend und schlüssig“ bewertete Aussage der Yoselyn K***** (US 6 f; Z 5 vierter Fall). Dass die Zeugin T***** den Übergriff als solchen nicht unmittelbar wahrgenommen hat, haben die Tatrichter mitbedacht (US 7). Einer darüber hinausgehenden Auseinandersetzung mit diesem Umstand bedurfte es jedoch nicht, steht er doch den erstgerichtlichen Konstatierungen nicht entgegen (Z 5 zweiter Fall).
Die Rechtsrüge (Z 9 lit b) macht Straflosigkeit wegen freiwilligen Rücktritts vom Versuch (§ 16 Abs 1 StGB) geltend. Mit dem Vorbringen, dem Angeklagten hätte nicht bekannt sein können, dass sich weitere Personen im Gebäude aufhielten, sodass er damit rechnen konnte, dass er die Tat ohne Entdeckung vollenden können werde, übergeht das Rechtsmittel allerdings die konträren Urteilskonstatierungen, wonach der Angeklagte wegen der massiven Gegenwehr des Opfers erkannte, dass „er seinem Entschluss nicht mehr in die Tat umsetzen konnte“, er unfreiwillig von ihr abließ und zu flüchten beabsichtigte (US 4 vorletzter Absatz). Solcherart verfehlt der Beschwerdeführer aber den in der Gesamtheit der Feststellungen gelegenen Bezugspunkt der Anfechtung (zur Geltendmachung materiell rechtlicher Nichtigkeit vgl RIS Justiz RS0099810).
Die Nichtigkeitsbeschwerde war daher bereits bei nichtöffentlicher Beratung sofort zurückzuweisen (§ 285d Abs 1 StPO), woraus sich die Zuständigkeit des Oberlandesgerichts zur Entscheidung über die Berufungen ergibt (§ 285i StPO).
Die Kostenentscheidung gründet sich auf § 390a Abs 1 StPO.