JudikaturOGH

13Os31/17h – OGH Entscheidung

Entscheidung
17. Mai 2017

Kopf

Der Oberste Gerichtshof hat am 17. Mai 2017 durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofs Hon. Prof. Dr. Kirchbacher als Vorsitzenden sowie den Hofrat und die Hofrätinnen des Obersten Gerichtshofs Dr. Lässig, Dr. Bachner-Foregger, Mag. Michel und Dr. Brenner in Gegenwart der Richteramtsanwärterin Mag. Adamowitsch als Schriftführerin in der Strafsache gegen Noemi A***** wegen des Verbrechens des Suchtgifthandels nach § 28a Abs 1 vierter Fall, Abs 2 Z 2, Abs 4 Z 3 SMG sowie weiterer strafbarer Handlungen über die Nichtigkeitsbeschwerde und die Berufung der Angeklagten gegen das Urteil des Landesgerichts Eisenstadt als Schöffengericht vom 2. Februar 2017, GZ 7 Hv 59/16t 163, nach Anhörung der Generalprokuratur in nichtöffentlicher Sitzung den

Beschluss

gefasst:

Spruch

Die Nichtigkeitsbeschwerde wird zurückgewiesen.

Zur Entscheidung über die Berufung werden die Akten dem Oberlandesgericht Wien zugeleitet.

Der Angeklagten fallen auch die Kosten des bisherigen Rechtsmittelverfahrens zur Last.

Text

Gründe:

Mit dem angefochtenen Urteil wurde Noemi A***** des Verbrechens des Suchtgifthandels nach § 28a Abs 1 „sechster“ (offensichtlich gemeint: vierter) Fall, Abs 2 Z 2, Abs 4 Z 3 SMG (1), des Verbrechens des Suchtgifthandels nach § 12 dritter Fall StGB, § 28a Abs 1 zweiter und dritter Fall, Abs 2 Z 2, Abs 4 Z 3 SMG (2) und des Verbrechens des Suchtgifthandels nach § 12 dritter Fall StGB, § 28a Abs 1 fünfter Fall, Abs 2 Z 2, Abs 4 Z 3 SMG (3) schuldig erkannt.

Danach hat sie im bewussten und gewollten Zusammenwirken als Mittäterin (§ 12 StGB) und als Mitglied einer kriminellen Vereinigung unter Mitwirkung eines anderen Mitglieds dieser Vereinigung rund um die abgesondert verfolgten Gabor T***** und andere Mitglieder (Csaba V*****, Gabor N***** und unbekannte Täter) vorschriftswidrig Suchtgift in einer das 25 fache der Grenzmenge (§ 28b SMG) übersteigenden Menge

1) in „S***** bzw Sc*****“ im bewussten und gewollten Zusammenwirken (§ 12 StGB) mit dem abgesondert verurteilten Gabor T***** nach dem 10. November 2015 (US 5) zwei verdeckten Ermittlern angeboten, nämlich in der Kalenderwoche des 22. November 2015 verfügbare (US 6) acht Kilogramm Speed mit einer Reinsubstanz von 960 Gramm Amphetamin zum Preis von 6.500 Euro pro Kilogramm (US 6);

2) in E***** und S***** zwischen 23. November und 1. Dezember 2015 als Beitragstäterin durch Führung der Verhandlungen (über den Kaufpreis und die Übergabemodalitäten) und durch telefonische Vereinbarung von Zeit und Ort der Übergabe des Suchtgifts, und zwar von 3.000 Gramm Speed mit einer Reinsubstanz von 291,3 Gramm Amphetamin und 500 Stück XTC Tabletten mit einer Reinsubstanz von 74,6 Gramm MDMA, wobei allen Beteiligten bewusst war, dass die beiden verdeckten Ermittler das Suchtgift in Österreich übernehmen wollten, dadurch gleichzeitig auch

3) als Beitragstäterin am 2. Dezember 2015 in D***** an die verdeckten Ermittler überlassen.

Rechtliche Beurteilung

Die dagegen aus Z 2, 3, 4, 5, „9“ und 10 des § 281 Abs 1 StPO erhobene Nichtigkeitsbeschwerde der Angeklagten geht fehl.

In der Behauptung von Nichtigkeit gemäß § 281 Abs 1 Z 2, 3 und 4 StPO bleibt sie inhaltlich unausgeführt und entzieht sich damit einer meritorischen Erwiderung.

Mit dem Vorwurf fehlender Begründung (Z 5 vierter Fall) der Feststellungen zum näheren Zeitpunkt des laut Urteilssachverhalt im Sommer 2015 erfolgten Zusammenschlusses zur kriminellen Vereinigung (US 4) spricht die Mängelrüge keine für die Schuld- oder die Subsumtionsfrage entscheidende Tatsache an (vgl dazu RIS Justiz RS0106268; US 15 zweiter Absatz, 16 erster Absatz).

Die gesetzmäßige Ausführung eines materiell-rechtlichen Nichtigkeitsgrundes hat das

Festhalten am gesamten im Urteil festgestellten Sachverhalt, dessen Vergleich mit dem darauf anzuwendenden Gesetz und die Behauptung, dass das Erstgericht bei Beurteilung dieses Sachverhalts einem Rechtsirrtum unterlegen ist, zur Voraussetzung (RIS-Justiz RS0099810). Daran orientiert sich die Rüge (nominell Z 5 dritter Fall, der Sache nach Z 9 lit a) nicht.

Der lediglich unter Hinweis auf die Feststellungen zum Ort der Tatbegehung in Ungarn erhobene Einwand des Fehlens von den Schuldspruch 1 tragenden Konstatierungen nimmt, obwohl geboten, nicht an der Gesamtheit der Entscheidungsgründe Maß.

Mit der bloßen Bestreitung der Begehung einer strafbaren Handlung in Sc***** wird kein Nichtigkeitsgrund deutlich und bestimmt bezeichnet.

Mit der Bekämpfung einer Tatbegehung am genannten Ort, der sich zwar im Referat der entscheidenden Tatsachen zu 1, nicht aber in den Entscheidungsgründen findet (vgl US 5), verfehlt die Mängelrüge (Z 5 zweiter oder/und vierter Fall) überdies den gesetzlichen Bezugspunkt der Anfechtung.

Dem Einwand unzureichender Begründung (Z 5 vierter Fall) zuwider ist die von den Tatrichtern aus den Angaben der verdeckt ermittelnden Beamten und deren Bericht erfolgte Ableitung der Feststellungen zum im Spruch bezeichneten Anbot der Angeklagten (US 5 f, 11 ff) unter dem Aspekt der Begründungstauglichkeit nicht zu beanstanden.

Indem die Rüge aus den Verfahrensergebnissen andere Schlüsse als die Tatrichter zieht, zeigt sie den behaupteten Begründungsmangel auch nicht auf, sondern bekämpft die tatrichterliche Beweiswürdigung nach Art einer im kollegialgerichtlichen Verfahren nicht zulässigen Schuldberufung.

Der Einwand unzulässiger Tatprovokation (nominell Z 5 und „9“, der Sache nach Z 9 lit b) zufolge Verleitung der bisher unbescholtenen Angeklagten unter anderem durch verdeckte Ermittelungen in Ungarn orientiert sich nicht an den Feststellungen zur aktiven Suche von Abnehmern für mehrere Kilogramm Suchtgift durch ein Mitglied der kriminellen Vereinigung, zur seitens der Angeklagten erfolgten Kontaktaufnahme und zur Erstellung eines 960 Gramm Amphetamin betreffenden Kaufanbots an die an einer Übernahme von einem Kilogramm Speed nicht interessierten Ermittler (US 5, 6, 7, 18) und verfehlt damit die prozessordnungsgemäße Darstellung des geltend gemachten Nichtigkeitsgrundes.

Die unter Bezugnahme auf Art 14 des Übereinkommens über die Rechtshilfe in Strafsachen zwischen den Mitgliedstaaten der Europäischen Union aufgestellte Behauptung eines Rechtsfehlers mangels Feststellungen (nominell Z 5 und „9“, der Sache nach Z 9 lit a) zur die Ausweitung der Ermittlungen auf Ungarn betreffenden Rechtsgrundlage spricht keinen Subsumtionsfehler an (RIS Justiz RS0130194; vgl Kirchbacher , WK StPO § 246 Rz 44).

Mit dem Hinweis auf die (die Ablehnung der Übernahme von einem Kilogramm Suchtgift betreffenden) Angaben des als Zeugen vernommenen Ermittlers, die in den Feststellungen ausdrücklich Berücksichtigung fanden (vgl dazu US 6), lässt die Beschwerde (nominell „Z 5 und Z 9“) keinen Konnex zu den Kriterien eines Nichtigkeitsgrundes des § 281 Abs 1 StPO erkennen.

Unter Hinweis auf die Feststellung zur Ablehnung der angebotenen sofortigen Übernahme von einem Kilogramm Speed in Ungarn durch die verdeckt ermittelnden Beamten behauptet die Rüge unter nomineller Heranziehung der „Z 9“ und Z 10 des § 281 Abs 1 StPO zu 1 das Vorliegen eines Subsumtionsfehlers, weil das Erstgericht zur „Verschaffung“ im Sinn des § 28a Abs 1 sechster Fall SMG keine Feststellungen getroffen habe. Unter dem Aspekt der Z 9 lit a des § 281 Abs 1 StPO legt die Rüge nicht aus dem Gesetz abgeleitet dar, weshalb der Urteilssachverhalt eine Unterstellung unter § 28a Abs 1 vierter Fall, Abs 2 Z 2, Abs 4 Z 3 SMG nicht tragen sollte. Als Subsumtionsrüge (Z 10) betrachtet lässt sie das Anfechtungsziel völlig offen, sodass sich das Vorbringen insgesamt einer meritorischen Erwiderung entzieht.

Im Übrigen ist dem Urteil zweifelsfrei zu entnehmen, dass der Schöffensenat die Angeklagte zu 1 nicht des Verschaffens, sondern des Anbietens von Suchtgift, also einer Tathandlung im Sinn des vierten Falls des § 28a Abs 1 SMG schuldig erachtete (US 2, 6, 8, 13, 16), dem Erstgericht aber im Schuldspruch bei der numerischen Bezeichnung der entsprechenden Tathandlung des § 28a Abs 1 SMG („sechster“, statt richtig: vierter Fall) ein diesbezüglicher Fehler unterlief.

Die Nichtigkeitsbeschwerde war daher gemäß § 285d Abs 1 StPO schon bei nichtöffentlicher Beratung sofort zurückzuweisen.

Die Entscheidung über die Berufung kommt dem Oberlandesgericht zu (§ 285i StPO).

Der Kostenausspruch beruht auf § 390a Abs 1 StPO.

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