14Os8/17h – OGH Entscheidung
Kopf
Der Oberste Gerichtshof hat am 4. April 2017 durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofs Dr. Philipp als Vorsitzenden, die Hofrätin des Obersten Gerichtshofs Mag. Hetlinger, die Hofräte des Obersten Gerichtshofs Dr. Nordmeyer und Dr. Oshidari sowie die Hofrätin des Obersten Gerichtshofs Dr. Mann in Gegenwart der Richteramtsanwärterin Mag. Melounek als Schriftführerin in der Strafsache gegen Stjepan K***** und andere Angeklagte wegen des Verbrechens des Suchtgifthandels nach § 28a Abs 1 zweiter und dritter Fall, Abs 2 Z 1, Abs 4 Z 3 SMG und weiterer strafbarer Handlungen über die Nichtigkeitsbeschwerde und die Berufung der Staatsanwaltschaft gegen das Urteil des Landesgerichts für Strafsachen Wien als Schöffengericht vom 25. Oktober 2016, GZ 044 Hv 94/16p 102, nach Anhörung der Generalprokuratur in nichtöffentlicher Sitzung den
Beschluss
gefasst:
Spruch
Die Nichtigkeitsbeschwerde wird, soweit sie den Angeklagten Stijepan B***** betrifft, zurückgewiesen.
Zur Entscheidung über die diesen Angeklagten betreffende Berufung werden die Akten dem Oberlandesgericht Wien zugeleitet.
Die Entscheidung über die von der Anklagebehörde zum Nachteil des Angeklagten Stjepan K***** erhobenen Rechtsmittel der Nichtigkeitsbeschwerde und der Berufung wird einem Gerichtstag zur öffentlichen Verhandlung vorbehalten.
Text
Gründe:
Mit dem angefochtenen Urteil wurde – soweit für das Verfahren über die diesen Angeklagten betreffende Nichtigkeitsbeschwerde relevant – Stijepan B***** des Verbrechens des Suchtgifthandels nach § 28a Abs 1 fünfter Fall, Abs 2 Z 3 SMG (B/1), des (richtig: der) Vergehen(s) der Vorbereitung von Suchtgifthandel nach § 28 Abs 1 SMG (B/2) und des Verbrechens des Suchtgifthandels nach § 28a Abs 1 zweiter und dritter Fall, „Abs 2 Z 1“, Abs 4 Z 3 SMG, „§ 12 dritter Fall StGB“ (B/3) schuldig erkannt.
Danach hat er
(B) in W***** vorschriftswidrig
1) am 8. April 2016 Stjepan K***** Suchtgift in einer das 15 fache der Grenzmenge (§ 28b SMG) übersteigenden Quantität, nämlich 5.000 Gramm Marihuana (Reinsubstanz 655 Gramm THCA und 50,2 Gramm Delta 9 THC), durch gewinnbringenden Verkauf überlassen;
2) bis zum 8. April 2016 (von Punkt 1 nicht erfasstes) Suchtgift in einer die Grenzmenge des § 28b SMG übersteigenden Quantität mit dem Vorsatz erworben und besessen, dass es in Verkehr gesetzt werde, und zwar insgesamt 5.000 Gramm Marihuana (Reinsubstanz etwa 432 Gramm THCA und 33,5 Gramm Delta 9 THC; a und b) sowie 15 Gramm Marihuana durchschnittlicher Qualität (c);
3) von Jänner 2015 bis 9. Februar 2016 den unter einem rechtskräftig verurteilten Mitangeklagten Aleksandar V***** dazu „bestimmt“, Suchtgift in einer das 25 fache der Grenzmenge (§ 28b SMG) übersteigenden Quantität, nämlich insgesamt 35 Kilogramm Marihuana (Wirkstoffgehalt 13,35 % THCA und 1 % Delta-9-THC), in sieben Angriffen versteckt in einem ansonsten von Stijepan B***** benützten, eigens für den Schmuggel umgebauten PKW aus Kroatien aus- und nach Österreich einzuführen (C).
Rechtliche Beurteilung
Dagegen hat die Staatsanwaltschaft – ausdrücklich auch hinsichtlich Stijepan B***** – rechtzeitig Nichtigkeitsbeschwerde und Berufung angemeldet (ON 104), die Nichtigkeitsbeschwerde aber nach Zustellung der Urteilsausfertigung (ON 109 S 2) insoweit nicht ausgeführt und auch bei der
Anmeldung keine Nichtigkeitsgründe deutlich und bestimmt bezeichnet.
Die Nichtigkeitsbeschwerde war daher in diesem Umfang bereits bei der nichtöffentlichen Beratung sofort zurückzuweisen ( §§ 285d Abs 1 Z 1, 285a Z 2 StPO). Daraus folgt die Zuständigkeit des Oberlandesgerichts zur Entscheidung über die diesen Angeklagten betreffende Berufung (§ 285i StPO).
Bezüglich der von der Anklagebehörde zum Nachteil des Angeklagten Stjepan K***** erhobenen Rechtsmittel der Nichtigkeitsbeschwerde und der Berufung wird die Entscheidung einem Gerichtstag zur öffentlichen Verhandlung vorbehalten.
Bleibt anzumerken, dass das Urteil in Ansehung der vom Erstgericht zum Schuldspruch B/3 des Stijepan B***** angenommenen Qualifikation nach § 28a Abs 2 Z 1 SMG (US 5, 15) keinerlei Feststellungen zur Gewerbsmäßigkeit enthält. Dieser Umstand bietet jedoch keinen Anlass für eine amtswegige Maßnahme nach § 290 Abs 1 zweiter Satz erster Fall StPO, weil der
Subsumtionsfehler (Z 10) zufolge gleichzeitiger Verwirklichung der Qualifikation nach § 28a Abs 4 Z 3 SMG auf den Strafrahmen keinen Einfluss hatte, damit per se keinen
Nachteil im Sinn der genannten Bestimmung darstellt (vgl Ratz , WK-StPO §
290 Rz 23) und im konkreten Fall auch die mehrfache Qualifikation nicht aggravierend gewertet wurde (US 17). Bei der Entscheidung über die Berufung besteht in diesem Umfang keine Bindung des Oberlandesgerichts an den Ausspruch des Erstgerichts über das anzuwendende Strafgesetz (RIS Justiz RS0118870; Ratz , WK StPO § 290 Rz 27/1 und § 295 Rz 15).
Nach den zu diesem Schuldspruch (B/3) getroffenen Urteilsannahmen hat der Genannte darüber hinaus – mit auf Aus- und Einfuhr einer das 25-fache der Grenzmenge übersteigenden Suchtgiftquantität gerichtetem Vorsatz – den unter einem rechtskräftig verurteilten Mitangeklagten Aleksandar V***** dazu überredet, bei den vom Schuldspruch C umfassten Schmuggelfahrten als Fahrer zu fungieren, diesen jedoch in der Folge jeweils nach Kroatien begleitet, die Fahrten und die Beladung des Fahrzeugs organisiert und das Suchtgift gemeinsam mit Aleksandar V***** nach Österreich gebracht (US 9 und 13), womit er dem Tatbild entsprechende Ausführungshandlungen gesetzt hat. Dem Umstand, dass er demnach als unmittelbarer Täter und nicht als Bestimmungs- oder Beitragstäter (§ 12 zweiter oder dritter Fall StGB; vgl die Tatbeschreibung im Referat der entscheidenden Tatsachen „bestimmt“ sowie das – damit nicht übereinstimmende – Erkenntnis [„§ 12 dritter Fall StGB“]; US 4 f) zu verurteilen gewesen wäre (RIS-Justiz RS0089635; vgl auch RS0113616) , kommt allerdings angesichts der rechtlichen Gleichwertigkeit der Täterschaftsformen keine Bedeutung zu (RIS Justiz RS0090648), womit auch insoweit keine amtswegige Maßnahme erforderlich war.
Da die Nichtigkeitsbeschwerde der Staatsanwaltschaft zur Gänze erfolglos blieb, fallen dem Angeklagten Stijepan B***** ungeachtet der noch unerledigten Berufung (vgl Lendl , WK-StPO § 390a Rz 8, 10 zum insoweit vergleichbaren Fall mehrerer eingebrachter Rechtsmittel) die Kosten des bisherigen Rechtsmittelverfahrens nicht zur Last.