JudikaturOGH

7Ob228/16d – OGH Entscheidung

Entscheidung
29. März 2017

Kopf

Der Oberste Gerichtshof hat als Revisionsgericht durch die Senatspräsidentin Dr. Kalivoda als Vorsitzende und die Hofrätinnen und Hofräte Dr. Höllwerth, Dr. E. Solé, Mag. Malesich und MMag. Matzka als weitere Richter in der Rechtssache der klagenden Partei R* T*, vertreten durch Mag. Johannes Polt, Rechtsanwalt in Horn, gegen die beklagte Partei Land Niederösterreich, 3109 Sankt Pölten, Landhausplatz 1, vertreten durch die Urbanek Lind Schmied Reisch Rechtsanwälte OG in Sankt Pölten, wegen Wiederherstellung, Unterlassung und Feststellung, über die außerordentliche Revision der klagenden Partei gegen das Urteil des Oberlandesgerichts Wien als Berufungsgericht vom 8. November 2016, GZ 12 R 12/16x 14, womit das Urteil des Landesgerichts Korneuburg vom 30. November 2015, GZ 5 Cg 24/15z 10, bestätigt wurde, den

Beschluss

gefasst:

Spruch

Die Revision wird gemäß § 508a Abs 2 ZPO mangels der Voraussetzungen des § 502 Abs 1 ZPO zurückgewiesen.

Begründung:

Rechtliche Beurteilung

Die Schlüssigkeit einer Klage ist ebenso eine Frage des Einzelfalls (RIS Justiz RS0116144) wie die Beurteilung der Wiederholungsgefahr (RIS Justiz RS0042818) oder Fragen der Vertragsauslegung (RIS Justiz RS0042936; RS0042776). Einzelfallbezogene Fragen sind einem Rechtsmittel an den Obersten Gerichtshof nur dann zugänglich, wenn die Vorinstanzen bei ihrer Beantwortung einer groben Fehlbeurteilung erlegen sind (RIS Justiz RS0042405; RS0044088). Die außerordentliche Revision zeigt jedoch keine solchen Rechtsfragen von erheblicher Bedeutung auf.

Der Kläger als Pächter der streitgegenständlichen landwirtschaftlichen Grundstücke sieht sich im Verhältnis zum beklagten Land mit Feststellungen zu den von diesem mit dem Grundeigentümer getroffenen Vereinbarungen konfrontiert, wonach es durch Errichtung eines Entwässerungsgrabens für die Ableitung von Oberflächenwasser zu sorgen hatte, und – im Jahr 2013 – der Grundeigentümer auf eigene Kosten Drainagen errichten sollte, um die Ableitung des – nach den Feststellungen die Ursache der Vernässung bildenden – Grundwassers sicherzustellen.

Jeder Unterlassungsanspruch setzt die Rechtswidrigkeit der begangenen oder drohenden Eingriffshandlung voraus (RIS Justiz RS0037656); er wird durch zwei Elemente konkretisiert, nämlich eine Unterlassungspflicht und die Gefahr, dass dieser Unterlassungspflicht zuwidergehandelt wird. Fehlt eines dieser Elemente, dann besteht kein Unterlassungsanspruch (RIS Justiz RS0037660). Dabei ist auf die Sachlage und Rechtslage zur Zeit des Schlusses der mündlichen Verhandlung in erster Instanz abzustellen; dass das Verhalten des Beklagten zu diesem Zeitpunkt rechtmäßig war, hat für die Beurteilung der Wiederholungsgefahr dann keine Bedeutung, solange die Möglichkeit besteht, dass sich die Verhältnisse neuerlich ändern und das Verhalten wieder rechtswidrig wird. Ist ein bestimmtes Verhalten aufgrund der tatsächlichen Umstände bei Schluss der Verhandlung erster Instanz nicht mehr rechtswidrig, ist das Unterlassungsgebot insofern – angepasst an die materiell rechtliche Verpflichtung – einzuschränken (RIS Justiz RS0037619 [insb T7, T8]).

Gegen jede rechtswidrige Beeinträchtigung des Bestandrechts an einer unbeweglichen Sache durch Dritte steht dem Bestandnehmer eine Unterlassungsklage gegen den Störer zu (RIS Justiz RS0010644). Diese Klage kann aber nicht zum Erfolg führen, wenn der Bestandgeber dem Dritten ein Recht eingeräumt hat, dessen Ausübung zu der Störung führt, und der Dritte dieses Recht gutgläubig erworben hat (RIS Justiz RS0010655). Besteht zwischen Nachbarn über die gegenseitigen Rechte und Pflichten eine vertragliche Regelung, sind nur diese für daraus entstehende Ersatzansprüche für Schäden maßgebend; zur Anwendung des Nachbarrechts und damit zur Gewährung von verschuldensunabhängigen Ausgleichsansprüchen besteht kein Anlass (RIS Justiz RS0010569; RS0010642). Sich aus dem Nachbarrecht ergebende Ansprüche sind somit durch rein schuldrechtliche Vereinbarungen modifizierbar; besteht eine solche Sonderrechtsbeziehung zwischen Nachbarn, so bestimmt sie das Ausmaß der hinzunehmenden Immissionen (RIS Justiz RS0010534 [T1, T2]).

Die Ansicht der Vorinstanzen, dass die Vereinbarungen zwischen beklagtem Land und Grundeigentümer den Klagebegehren entgegenstehen, selbst wenn eine durch Grundwasser erfolgte Durchnässung des Bodens auf den Jahre zuvor erfolgten Straßen und Lärmschutzdammbau, durch das beklagte Land zurückzuführen und an sich als Immission anzusehen gewesen wäre, hält sich im Rahmen dieser Rechtsprechung. Im Übrigen weist das Berufungsgericht darauf hin, dass dieser Zustand schon im Zeitpunkt der Verpachtung der Liegenschaften an den Kläger gegeben war (vgl RIS Justiz RS0112502). Dem setzt die Revision nichts entgegen. Damit ist auch die Abweisung des Feststellungsbegehrens nicht zu beanstanden.

Soweit der Revisionswerber in Ansehung des Eventual-Leistungsbegehrens nur noch einen Eingriff in sein Eigentumsrecht und eine Wertminderung der Grundstücke anspricht, entfernt er sich vom festgestellten Sachverhalt, wonach er Bestandnehmer der Grundstücke ist. Ein Schaden, der durch die Beschädigung einer in Bestand gegebenen Sache entsteht, tritt aber nicht in seinem Vermögen, sondern in dem des Eigentümers der Sache ein (vgl RIS Justiz RS0020699). Da dem Kläger das Bestandobjekt schon im Zustand nach Straßenbau und Lärmschutzdammerrichtung übergeben wurde, können ihn auch keine Erhaltungspflichten gegenüber dem Bestandgeber treffen, die eine bloße Verlagerung des diesen treffenden Schadens auf den Bestandnehmer bewirken könnten.

Vom Berufungsgericht geprüfte und verneinte Mängel des erstinstanzlichen Verfahrens können in dritter Instanz nicht mehr aufgegriffen werden (RIS Justiz RS0042963). Es gehört zur Beweiswürdigung, wenn das Berufungsgericht der Ansicht ist, dass weitere Beweise an dem festgestellten Sachverhalt nichts ändern könnten; auch diese sogenannte vorgreifende Beweiswürdigung ist in der dritten Instanz nicht überprüfbar (RIS Justiz RS0043099). Mängel des Berufungsverfahrens sind nicht erkennbar, weil es im Lichte der schuldrechtlichen Vereinbarungen zwischen Eigentümer und beklagtem Land auf die Ursachen der Grundwasserproblematik auf den vom Kläger gepachteten Grundstücken nicht ankommt. Dass das beklagte Land schlechtgläubig gewesen wäre oder mit dem Eigentümer kollusiv zusammengewirkt hätte, behauptet der Revisionswerber nicht.

Einer weiteren Begründung bedarf dieser Beschluss nicht (§ 510 Abs 3 ZPO).

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