11Os22/17w – OGH Entscheidung
Kopf
Der Oberste Gerichtshof hat am 21. März 2017 durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofs Dr. Schwab als Vorsitzenden sowie die Hofrätinnen des Obersten Gerichtshofs Dr. Bachner Foregger, Mag. Michel und Mag. Fürnkranz und den Hofrat des Obersten Gerichtshofs Dr. Oberressl als weitere Richter in Gegenwart der Richteramtsanwärterin Mag. Melounek als Schriftführerin in der Strafsache gegen Xhavid G***** wegen des Verbrechens der Vergewaltigung nach § 201 Abs 1, Abs 2 erster Fall StGB und weiterer strafbarer Handlungen über die Nichtigkeitsbeschwerde und die Berufung des Angeklagten gegen das Urteil des Landesgerichts Korneuburg als Schöffengericht vom 5. Dezember 2016, GZ 630 Hv 1/16k 69, nach Anhörung der Generalprokuratur in nichtöffentlicher Sitzung den
Beschluss
gefasst:
Spruch
Die Nichtigkeitsbeschwerde wird zurückgewiesen.
Zur Entscheidung über die Berufung werden die Akten dem Oberlandesgericht Wien zugeleitet.
Dem Angeklagten fallen die Kosten des bisherigen Rechtsmittelverfahrens zur Last.
Text
Gründe:
Mit dem angefochtenen Urteil, das auch einen unbekämpft gebliebenen Freispruch des Angeklagten enthält, wurde Xhavid G***** der Verbrechen der Vergewaltigung nach § 201 Abs 1, Abs 2 erster Fall StGB (I) und des sexuellen Missbrauchs einer wehrlosen oder psychisch beeinträchtigten Person nach § 205 Abs 1 StGB (II) sowie des Vergehens der fortgesetzten Gewaltausübung nach § 107b Abs 1 StGB (IV) schuldig erkannt.
Danach hat er in K*****
I) Anfang Oktober 2015 M***** L***** mit Gewalt zur Duldung einer dem Beischlaf gleichzusetzenden geschlechtlichen Handlung, nämlich von Analverkehr bis zur Ejakulation genötigt, indem er sie trotz geleisteten Widerstands niederdrückte und ungeachtet ihrer Schmerzensschreie und Aufforderungen aufzuhören, mit seinem Penis in ihren Anus eindrang, wobei die Tat eine schwere Körperverletzung (§ 84 Abs 1 StGB), und zwar Einrisse der analen Schleimhaut und des Schließmuskels, der dabei auch überdehnt wurde, zur Folge hatte;
II) Mitte Oktober 2015 eine wehrlose Person, nämlich die schlafende und somit willenlose M***** L*****, unter Ausnützung dieses Zustands dadurch missbraucht, dass er an ihr eine dem Beischlaf gleichzusetzende geschlechtliche Handlung vornahm, indem er mit seinem Penis in ihren Anus eindrang;
IV) gegen M***** L***** dadurch eine längere Zeit hindurch fortgesetzte Gewalt ausgeübt, dass er sie vorsätzlich am Körper verletzte und zumindest mit einer Verletzung am Körper gefährlich bedrohte, um sie in Furcht und Unruhe zu versetzen und zwar
1) von September 2015 bis zum 16. Jänner 2016 im Zuge von Streitigkeiten in zumindest drei Angriffen, indem er sie an den Armen packte und gegen Mobiliar drückte, wodurch die Genannte Hämatome erlitt;
2) am 16. Jänner 2016, indem er sie am Arm packte, schrie, „Du Hure! Sicher, ich bring dich um!,“ und ihr im Zuge eines Gerangels die Fahrzeugtüre gegen den Kopf stieß, wodurch die Genannte Abschürfungen und eine Beule erlitt;
3) von September 2015 bis zum 16. Jänner 2016 durch regelmäßige (sinngemäße) Äußerungen, wonach er sie umbringen werde, wenn sie einen anderen Mann hätte.
Rechtliche Beurteilung
Dagegen richtet sich die aus § 281 Abs 1 Z 5 und 5a des § 281 Abs 1 StPO erhobene Nichtigkeitsbeschwerde des Angeklagten.
Der von den Tatrichtern gezogene Schluss vom gezeigten Verhalten auf das diesem zugrunde liegende Wissen und Wollen des Angeklagten (US 28) ist – dem gegen den Schuldspruch IV gerichteten Vorwurf der unzureichenden Begründung (Z 5 vierter Fall) zuwider – unter dem Aspekt der
Begründungstauglichkeit nicht zu beanstanden (RIS Justiz RS0116882, RS0098671).
Die Tatsachenrüge (Z 5a) verkennt, dass die Überzeugung der Tatrichter von der Glaubwürdigkeit einer Person – hier der M***** L***** – damit nicht releviert werden kann (RIS-Justiz RS0099649). Die Beurteilung der Überzeugungskraft von Aussagen kann zwar unter dem Gesichtspunkt einer Unvollständigkeit mangelhaft erscheinen, wenn sich das Gericht mit gegen die
Glaubwürdigkeit sprechenden Beweisergebnissen nicht auseinandergesetzt hat (RIS Justiz RS0106588 [T15]). Solche Umstände zeigt die Rüge aber weder mit der Bezugnahme auf einen Amtsvermerk, wonach Beamte den Angeklagten nach der Anzeigenerstattung am 16. Jänner 2016 im nahe dem Tatort gelegenen Wohnhaus nicht mehr auffinden konnten, noch mit ihrem Hinweis auf die leugnende Verantwortung des Angeklagten (US 20 ff) auf. Die zu IV/2 getroffenen Feststellungen wurden im Übrigen gerade nicht auf die Aussage der V***** L***** gestützt (US 20). Indem die Tatsachenrüge anhand eigener Beweiswerterwägungen für den Beschwerdeführer günstige Schlüsse ableitet, bringt sie eine Tatsachenrüge nicht zu prozessordnungsgemäßer Darstellung.
Die Nichtigkeitsbeschwerde war daher gemäß § 285d Abs 1 StPO schon bei nichtöffentlicher Beratung sofort zurückzuweisen, woraus die Zuständigkeit des Oberlandesgerichts zur Erledigung der Berufung folgt (§ 285i StPO).
Die Kostenentscheidung beruht auf § 390a Abs 1 StPO.