JudikaturOGH

12Os118/16v – OGH Entscheidung

Entscheidung
26. Januar 2017

Kopf

Der Oberste Gerichtshof hat am 26. Jänner 2017 durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofs Hon. Prof. Dr. Schroll als Vorsitzenden sowie durch die Hofräte und die Hofrätinnen des Obersten Gerichtshofs Dr. T. Solé, Dr. Oshidari, Dr. Michel Kwapinski und Dr. Brenner in Gegenwart der Richteramtsanwärterin Mag. Jorda als Schriftführerin in der Strafsache gegen Christian H***** wegen des Vergehens der sexuellen Belästigung und öffentlichen geschlechtlichen Handlungen nach § 218 Abs 1 Z 2 StGB, AZ 4 U 24/15f des Bezirksgerichts Gmunden, über den Antrag des Verurteilten auf Erneuerung des Strafverfahrens gemäß § 363a Abs 1 StPO sowie Beigebung eines Verfahrenshilfeverteidigers nach Anhörung der Generalprokuratur in nichtöffentlicher Sitzung den

Beschluss

gefasst:

Spruch

Die Anträge auf Erneuerung des Strafverfahrens sowie auf Beigebung eines Verfahrenshilfeverteidigers werden zurückgewiesen.

Text

Gründe:

Mit Urteil des Bezirksgerichts Gmunden vom 10. Juni 2015, GZ 4 U 24/15f-18, wurde Christian H***** des Vergehens der sexuellen Belästigung und öffentlichen geschlechtlichen Handlungen nach § 218 Abs 1 Z 2 StGB schuldig erkannt.

Danach hat er am 6. November 2014 in A***** Patricia K***** durch eine geschlechtliche Handlung vor ihr unter Umständen, unter denen dies geeignet ist, berechtigtes Ärgernis zu erregen, belästigt, indem er im Großraumabteil des Regionalexpresszugs ***** auf der Fahrt nach T***** gegenüber der Genannten sitzend seinen Penis aus der Hose holte und daran manipulierte.

Mit Entscheidung vom 14. Dezember 2015 gab das Landesgericht Wels, AZ 24 Bl 101/15a, der wegen Nichtigkeit und gegen die Aussprüche über die Schuld und die Strafe erhobenen Berufung des anwaltlich vertretenen Angeklagten sowie der zum Nachteil des Genannten gegen den Strafausspruch ausgeführten Berufung der Staatsanwaltschaft jeweils keine Folge und bestätigte das Ersturteil (ON 28 im U Akt).

Die Rechtsmittelentscheidung wurde dem Verteidiger des Verurteilten am 17. Februar 2016 zugestellt.

Mit nicht anwaltlich gefertigtem, am 12. September 2016 beim Obersten Gerichtshof per Boten eingebrachtem Schriftsatz begehrt Christian H***** in Ansehung der angeführten Entscheidungen des Bezirksgerichts Gmunden und des Landesgerichts Wels die Erneuerung des Strafverfahrens gemäß § 363a StPO per analogiam.

Der Antragsteller behauptet eine „Grundrechtsverletzung des Art 50 GRC“, weil er „in der selben Sache“ bereits mit am 5. Mai 2015 mündlich verkündetem Urteil des Landesverwaltungsgerichts Oberösterreich, GZ LVwG 650354/9/Sch, rechtskräftig freigesprochen worden sei und solcherart die gegenständlichen Urteile des Bezirksgerichts Gmunden vom 10. Juni 2015 und des Landesgerichts Wels vom 14. Dezember 2015 gegen das Recht, wegen derselben Straftat nicht zweimal strafrechtlich verfolgt oder bestraft zu werden, verstoßen (und damit auch eine Verletzung von Art 4 des 7. ZPEMRK).

Rechtliche Beurteilung

Der Antrag war mangels Vorliegens einer gemäß § 363b Abs 2 Z 1 StPO zwingend erforderlichen Unterschrift eines Verteidigers, was einer Verbesserung nicht zugänglich ist (RIS Justiz RS0122737 [T30]), bereits bei nichtöffentlicher Beratung als unzulässig zurückzuweisen.

Im Übrigen ist ein Erneuerungsantrag, der sich nicht auf eine Entscheidung des Europäischen Gerichtshofs für Menschenrechte berufen kann, nach gefestigter Rechtsprechung des Obersten Gerichtshofs zulässig (RIS Justiz RS0122228), muss aber allen gegenüber dem Europäischen Gerichtshof für Menschenrechte normierten Zulässigkeitsvoraussetzungen der Art 34 und 35 EMRK sinngemäß entsprechen (RIS Justiz RS0122737; Reindl Krauskopf , WK StPO § 363a Rz 31).

Diesen Erfordernissen wird der Erneuerungsantrag schon deshalb nicht gerecht, weil die Einhaltung der gebotenen Antragsfrist von sechs Monaten ab der am 17. Februar 2016 an den Verteidiger des nunmehrigen Erneuerungswerbers erfolgten Zustellung der letztinstanzlichen und rechtskräftigen Entscheidung des Landesgerichts Wels vom 14. Dezember 2015 nicht gegeben ist (RIS Justiz RS0122736; Reindl Krauskopf , WK StPO § 363a Rz 33).

Schon aus diesem Grund war daher auch der Antrag auf Beigebung eines Verfahrenshilfeverteidigers wegen offensichtlicher Aussichtslosigkeit der angestrebten Prozesshandlung zurückzuweisen.

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