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8ObA18/16d – OGH Entscheidung

Entscheidung
20. Dezember 2016

Kopf

Der Oberste Gerichtshof hat durch den Vizepräsidenten des Obersten Gerichtshofs Prof. Dr. Spenling als Vorsitzenden, die Hofrätin Dr. Tarmann-Prentner und den Hofrat Dr. Brenn (Senat gemäß § 11a Abs 3 Z 1 ASGG) in der Arbeitsrechtssache der klagenden Partei Mag. D***** M*****, vertreten durch Dr. Martin Riedl, Rechtsanwalt in Wien, gegen die beklagte Partei Republik Österreich, *****, vertreten durch die Finanzprokuratur, 1011 Wien, Singerstraße 17–19, wegen 14.441,70 EUR sA, im Verfahren über die Revision der beklagten Partei gegen das Urteil des Oberlandesgerichts Wien als Berufungsgericht in Arbeits und Sozialrechtssachen vom 21. Dezember 2015, GZ 7 Ra 104/15p 18, mit dem das Urteil des Arbeits und Sozialgerichts Wien vom 11. Juni 2015, GZ 41 Cga 1/14p 13, bestätigt wurde, den

Beschluss

gefasst:

Spruch

Das Verfahren 8 ObA 18/16d wird bis zur Entscheidung des Gerichtshofs der Europäischen Union über den vom Obersten Gerichtshof am 19. Dezember 2016 zu 9 ObA 141/15y gestellten Antrag auf Vorabentscheidung unterbrochen.

Nach Einlangen der Vorabentscheidung wird das Verfahren von Amts wegen fortgesetzt.

Text

Begründung:

Der Kläger ist Lehrer an einem Bundesgymnasium und Bundesrealgymnasium. Auf sein Dienstverhältnis kommt das VBG 1948 zur Anwendung.

Der Landeschulrat für Niederösterreich setzte am 14. 3. 2008 den Vorrückungsstichtag des Klägers gemäß § 26 Abs 1 und 2 sowie Abs 6 und 7 VBG mit 15. 6. 1993 fest. Zur Ermittlung des Vorrückungsstichtags wurden die zwischen der Vollendung des 18. Lebensjahres des Klägers am 13. 8. 1988 und dem Tag der Überstellung, dem 1. 1. 2008, liegenden Zeiten nach § 26 Abs 1 und 2 VBG dem Tag der Aufnahme in das vertragliche Dienstverhältnis vorangesetzt.

Am 22. 11. 2010 beantragte der Kläger die Neufestsetzung des Vorrückungsstichtags. Daraufhin wurde dieser mit 16. 3. 2011 antragsgemäß gemäß §§ 3, 26 und 82 Abs 10 VBG durch zusätzliche Voransetzung von Zeiten, nämlich von drei Jahren Schulzeiten von 1. 7. 1985 bis 30. 6. 1988 sowie sonstigen Zeiten im Ausmaß von 21 Tagen vom 1. 7. 1988 bis 12. 8. 1988 zur Hälfte, dem Tag der Anstellung vorangestellt. Die Neufestsetzung des Vorrückungsstichtages führte aufgrund der Neuregelung der §§ 19, 26 Abs 1 VBG mit BGBl I 2010/82 nicht zu einer besoldungsrechtlichen Änderung beim Kläger.

Hätte die Beklagte die mit BGBl I 2010/82 dahingehend geänderte Regelung des § 19 Abs 1 zweiter Satz VBG 1948, wonach der für die Vorrückung in die zweite in jeder Entlohnungsstufe in Betracht kommende Entlohnungsstufe erforderliche Zeitraum fünf Jahre, ansonsten zwei Jahre betrage, nicht angewandt bzw anwenden müssen, hätte sich durch die Neufestsetzung des Vorrückungsstichtags die besoldungsrechtliche Situation des Klägers finanziell dahin verbessert, dass konkret für den Zeitraum vom 1. 7. 2009 bis 30. 6. 2013 die mit der Klage eingeklagten Entgeltdifferenzen von 14.441,70 EUR sA zu bezahlen gewesen wären.

Der Kläger brachte vor, die Neufestsetzung des Vorrückungsstichtags vom 16. 3. 2011, unter zusätzlicher Anrechnung von drei Jahren und 21 Tagen habe seine tatsächliche besoldungsrechtliche Stellung nicht verbessert, weil § 19 Abs 1 zweiter Satz VBG 1948 idF BGBl I 82/2010 einen Verbleib in der ersten Gehaltsstufe für die Dauer von fünf statt zwei Jahren vorgesehen habe. Diese Bestimmung prolongiere die durch Nichtanrechnung von Vordienstzeiten vor dem 18. Geburtstag verwirklichte, gemeinschaftsrechtswidrige Altersdiskriminierung. Die Verbesserung des Vorrückungsstichtags führe richtigerweise auch zu einer Verbesserung der Vorrückung um drei Jahre.

In weiterer Folge brachte der Kläger vor, § 94a VBG 1948 idF BGBl I 32/2015 regle die Anwendbarkeit der §§ 169c, 169d und 169e Gehaltsgesetz für die Überleitung von Vertragsbediensteten in das neu geschaffene Besoldungssystem. Gemäß § 169c Abs 1 Gehaltsgesetz würden nach der Interpretation der Beklagten die Beamten (VB) alleine auf Grundlage ihrer bisherigen Gehälter in das neu geschaffene Besoldungssystem übergeleitet und ihr bisheriges Gehalt in eine Gehaltsstufe des neuen Besoldungssystems eingereiht, in der das bisherige Gehalt gewahrt werde. Die Beklagte meine, gemäß § 100 Abs 70 Z 2 und 3 VBG seien die Regelungen über den Vorrückungsstichtag in allen früheren Fassungen in laufenden und künftigen Verfahren nicht mehr anzuwenden. Damit wäre eine Kontrolle der rechts- und unionswidrig festgesetzten Vorrückungsstichtage in Hinkunft nicht mehr möglich. Dies widerspreche grob den rechtsstaatlichen Grundsätzen und dem verfassungsrechtlichen Gleichheitsgrundsatz.

Die beklagte Partei bestritt das Klagebegehren, die neu geschaffene Rechtslage sei weder altersdiskriminierend, noch verstoße sie sonst gegen Grundsätze des Unionsrechts bzw des Verfassungsrechts.

Das Erstgericht gab dem Klagebegehren statt. Es sei nicht vorgebracht worden, dass die Besoldungsreform 2015 ein diskriminierungsfreies System geschaffen habe, das die Ungleichbehandlung des Klägers in der Vergangenheit zu kompensieren geeignet wäre. Im Ergebnis sei daher die Regelung des § 100 Abs 70 Z 2 und 3 VBG richtlinienkonform dahingehend zu reduzieren, dass sie sich nur auf nach dem Inkrafttreten der Besoldungsreform 2015 entstandene Ansprüche beziehe.

Das Berufungsgericht gab dem Rechtsmittel der beklagten Partei keine Folge und erklärte die ordentliche Revision wegen Vorliegens der Voraussetzungen des § 502 Abs 1 ZPO für zulässig.

Mit ihrer Revision aus dem Anfechtungsgrund der unrichtigen rechtlichen Beurteilung strebt die beklagte Partei die Abänderung der Entscheidungen der Vorinstanzen im Sinne einer Klagsabweisung an. Der Kläger hat eine Revisionsbeantwortung erstattet.

Rechtliche Beurteilung

Im Verfahren 9 ObA 141/15y, einem gegen die hier beklagte Partei als Antragsgegnerin eingeleiteten besonderen Feststellungsverfahren gemäß § 54 Abs 2 ASGG, hat der Oberste Gerichtshof mit Beschluss vom 19. Dezember 2016, GZ 9 ObA 141/15y 1, ein Ersuchen um Vorabentscheidung an den EuGH gerichtet.

Die in diesem Ersuchen gestellten Rechtsfragen betreffen die Vereinbarkeit der Bestimmungen der Besoldungsreform 2015 (unter Berücksichtigung der Rechtslage nach dem BGBl I Nr 104/2016) mit dem Gemeinschaftsrecht und sind auch für das vorliegende Verfahren präjudiziell.

Es ist daher aus prozessökonomischen Gründen zu unterbrechen (RIS Justiz RS0110583).

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