JudikaturOGH

2Ob19/16g – OGH Entscheidung

Entscheidung
16. November 2016

Kopf

Der Oberste Gerichtshof hat als Revisionsgericht durch den Senatspräsidenten Hon.-Prof. Dr.

Danzl als Vorsitzenden, die Hofräte Dr. Veith und Dr. Musger, die Hofrätin Dr. E. Solé sowie den Hofrat Dr. Nowotny als weitere Richter in der Rechtssache der klagenden Partei F***** B*****, vertreten durch Rechtsanwälte Estermann Partner OG in Mattighofen, gegen die beklagte Partei H***** GmbH, *****, vertreten durch Dr. Herbert Harlander und Mag. Wolfgang Harlander, Rechtsanwälte in Salzburg, wegen (restlich) 26.269,17 EUR sA, über die Revision der klagenden Partei gegen das Endurteil des Oberlandesgerichts Linz als Berufungsgericht vom 25. November 2015, GZ 2 R 1/15b 43, womit infolge Berufung der klagenden Partei das Urteil des Landesgerichts Salzburg vom 23. Oktober 2014, GZ 4 Cg 27/13d 33, bestätigt wurde, in nichtöffentlicher Sitzung den

Beschluss

gefasst:

Spruch

Die Revision wird zurückgewiesen.

Die klagende Partei ist schuldig, der beklagten Partei die mit 1.725,84 EUR (darin 287,64 EUR USt) bestimmten Kosten der Revisionsbeantwortung binnen 14 Tagen zu ersetzen.

Text

Begründung:

Der Kläger begehrte Zahlung von 33.251,85 EUR sA Zug um Zug gegen die Rückgabe einer von der beklagten Partei erworbenen, aus einem gebrauchten Luftentfeuchter und zwei Neugeräten bestehenden Heutrocknungsanlage. Der Geschäftsführer der beklagten Partei habe ihm „dezidiert mitgeteilt“, dass die Anlage zehn Jahre alt sei, ihn dadurch über das richtige Alter getäuscht und ihn in Irrtum geführt.

Die beklagte Partei bestritt, dem Kläger die behauptete Zusage gemacht zu haben.

Das Erstgericht wies das Klagebegehren ab.

Es stellte ua fest:

„[Der Geschäftsführer der beklagten Partei] bot dem Kläger die zurückgenommene Gebrauchtanlage zum Kauf an. Er sagte ihm nicht, dass die wesentlichen Teile dieses Gerätes aus dem Jahr 1986 stammen. [Der Geschäftsführer der beklagten Partei] argumentierte mit der Laufzeit und erwähnte dabei einen Zeitraum von zehn Jahren . Der genaue Wortlaut ist nicht feststellbar, der Kläger verstand die Äußerung dahingehend, dass das Gerät zehn Jahre alt sei.“

Das Berufungsgericht bestätigte im ersten Rechtsgang diese Entscheidung.

Dabei unterließ es aus rechtlichen Erwägungen die Erledigung der Beweisrüge des Klägers, die sich ua gegen den in Kursivschrift hervorgehobenen Teil der oben wiedergegebenen Feststellungen richtete. Der Kläger habe seine Rügeobliegenheit nach den §§ 377 f UGB verletzt.

Mit Teilurteil vom 21. 10. 2015, 2 Ob 78/15g, bestätigte der Oberste Gerichtshof die Abweisung eines Teilbegehrens von 6.982,68 EUR sA. Hinsichtlich des verbliebenen Teilbegehrens von 26.269,17 EUR sA hob er das zweitinstanzliche Urteil zur neuerlichen Entscheidung über die Berufung des Klägers auf.

Der Oberste Gerichtshof trug dem Berufungsgericht die Erledigung (jedenfalls) der gegen die besagte Feststellung gerichteten Beweisrüge auf. Erst danach könne beurteilt werden, ob sich die beklagte Partei hinsichtlich des Alters des Luftentfeuchters erfolgreich auf die Verletzung der Rügeobliegenheit nach den §§ 377 f UGB stützen könne, und ob das Begehren auf Wandlung bzw Vertragsaufhebung zu Recht bestehe.

Das Berufungsgericht bestätigte in dem von der Aufhebung betroffenen Umfang nunmehr abermals das klagsabweisende Urteil des Erstgerichts. Es sprach in seinem Endurteil zunächst aus, dass die ordentliche Revision nicht zulässig sei.

Das Berufungsgericht hielt die gegen die erwähnte Feststellung gerichtete Beweisrüge für unberechtigt und übernahm die Feststellung als Ergebnis einer „ausführlichen und mit den Denkgesetzen im Einklang stehenden“ Beweiswürdigung des Erstgerichts. Die relevanten Rechtsfragen habe bereits der Oberste Gerichtshof in seiner aufhebenden Entscheidung geklärt.

Aufgrund des Abänderungsantrags des Klägers nach § 508 Abs 1 ZPO ließ das Berufungsgericht die ordentliche Revision nachträglich mit der Begründung zu, es erscheine „nicht ausgeschlossen, dass ihm bei der Erledigung der Beweisrüge ein Verfahrensmangel unterlaufen“ sei.

Rechtliche Beurteilung

Die gegen das Berufungsurteil erhobene Revision des Klägers ist jedoch entgegen diesem den Obersten Gerichtshof gemäß § 508a Abs 1 ZPO nicht bindenden Ausspruch des Berufungsgerichts nicht zulässig. Weder in der zweitinstanzlichen Zulassungsbegründung noch im Rechtsmittel wird eine erhebliche Rechtsfrage iSd § 502 Abs 1 ZPO dargetan:

1. Es begründet einen vom Obersten Gerichtshof wahrzunehmenden Verfahrensfehler, wenn das Berufungsgericht von Tatsachenfeststellungen des Erstgerichts ohne Beweiswiederholung oder Beweisergänzung abgeht oder ergänzende Feststellungen trifft (RIS-Justiz RS0043026, RS0043057). Ein Verfahrensmangel liegt aber dann nicht vor, wenn das Berufungsgericht nur auf weitere Beweisergebnisse verweist oder bislang nicht ins Treffen geführte Argumente zur Untermauerung der Richtigkeit der erstinstanzlichen Beweiswürdigung heranzieht (1 Ob 147/11s mwN; RIS-Justiz RS0043021 [T2]).

Das Berufungsgericht ist weder von den erstinstanzlichen Tatsachenfeststellungen abgegangen noch hat es den Sachverhalt ergänzt. Wenn es aber aus der Aussage eines Zeugen, auf die sich schon das Erstgericht gestützt hat, ohne Beweiswiederholung zusätzliche Aspekte für die Richtigkeit der erstinstanzlichen Beweiswürdigung zu gewinnen vermochte, so begründet diese „ergänzende Beweiswürdigung“ keine Mangelhaftigkeit des Berufungsverfahrens.

2. Das Verständnis, das das Berufungsgericht dieser Aussage zugrundelegte, verwirklicht auch keine Aktenwidrigkeit. Eine solche wäre nur dann gegeben, wenn Feststellungen auf aktenwidriger Grundlage getroffen werden, wenn also der Inhalt einer Urkunde, eines Protokolls, oder eines sonstigen Aktenstückes unrichtig wiedergegeben und infolgedessen ein fehlerhaftes Sachverhaltsbild der rechtlichen Beurteilung unterzogen wurde (2 Ob 47/16z; RIS Justiz RS0043347).

Davon kann hier keine Rede sein. Das Berufungsgericht orientierte sich ausschließlich am protokollierten Wortlaut der Aussage dieses Zeugen (dieser antwortete auf die Frage, „ob es also keine Möglichkeit gibt , festzustellen, wie alt der war oder wie viele Betriebsstunden er bereits gelaufen ist“), die es im Zusammenhang mit einem weiteren Beweisergebnis dahin würdigte, dass die Anzahl der Betriebsstunden zwar nicht mehr „zum Zeitpunkt seiner Einvernahme“, wohl aber zu einem früheren Zeitpunkt, nämlich vor dem Einbau des Kompressors, durchaus feststellbar gewesen sein konnte. Ob aber diese vom Berufungsgericht im Rahmen seiner Beweiswürdigung gezogene, allein dem Tatsachenbereich zugehörige Schlussfolgerung richtig oder fehlerhaft ist, entzieht sich der Überprüfung in dritter Instanz (3 Ob 49/11v; RIS-Justiz RS0043150 [T4, T5, T7]).

3. Auch ein – mit Rechtsrüge geltend zu machender – Verstoß gegen die Denkgesetze, der voraussetzen würde, dass die Schlussfolgerungen des Berufungsgerichts mit den Gesetzen der Erfahrung und Logik unvereinbar sind (RIS-Justiz RS0043356), ist dem Berufungsgericht nicht unterlaufen. Ein Verstoß gegen die Denkgesetze wäre nur anzunehmen, wenn der Schluss des Gerichts logisch unmöglich ist (3 Ob 241/13g; auch 16 Ok 2/15b; RIS-Justiz RS0043356 [T3]).

Das Berufungsgericht hat sich mit den Aussagen der Zeugen der beklagten Partei eingehend auseinandergesetzt und ausführlich und auch nachvollziehbar begründet, weshalb die bekämpfte Feststellung aus diesen Aussagen abgeleitet werden kann. Diese Begründung ist nicht „logisch unmöglich“. Dass infolge allfälliger Widersprüche auch eine andere, für den Kläger günstigere Deutung möglich gewesen wäre, ist eine Frage der Beweiswürdigung, die, selbst wenn sie mangelhaft und unzureichend wäre, in dritter Instanz nicht mehr bekämpft werden kann (RIS-Justiz RS0043371).

4. Der Oberste Gerichtshof ist ausschließlich als Rechtsinstanz zur Überprüfung von Rechtsfragen berufen (RIS-Justiz RS0123663). Solche werden in der Revision nicht geltend gemacht. Die Revisionsausführungen erweisen sich vielmehr in ihrer Gesamtheit als im Revisionsverfahren unzulässige Anfechtung der Beweiswürdigung der Tatsacheninstanzen. Eine für die Entscheidung relevante Mangelhaftigkeit des Berufungsverfahrens wird nicht aufgezeigt.

5. Da es somit der Lösung von Rechtsfragen iSd § 502 Abs 1 ZPO nicht bedarf, ist die Revision zurückzuweisen.

Die Kostenentscheidung gründet sich auf die §§ 41, 50 ZPO. Die beklagte Partei hat auf die Unzulässigkeit der Revision hingewiesen.

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