Der Oberste Gerichtshof hat durch die Senatspräsidentin Dr. Kalivoda als Vorsitzende und durch die Hofräte Dr. Höllwerth, Mag. Dr. Wurdinger, Mag. Malesich und Dr. Singer als weitere Richter in der Rechtssache der klagenden Partei C***** F*****, vertreten durch Kinberger-Schuberth-Fischer Rechtsanwälte-GmbH in Zell am See, gegen die beklagte Partei H***** GmbH, *****, vertreten durch Pressl Endl Heinrich Bamberger Rechtsanwälte GmbH in Salzburg, wegen 5.305,33 EUR sA und Feststellung, über den Revisionsrekurs der klagenden Partei gegen den Beschluss des Landesgerichts Salzburg als Rekursgericht vom 6. April 2016, GZ 22 R 86/16z 12, womit der Beschluss des Bezirksgerichts Saalfelden vom 18. Februar 2016, GZ 2 C 1257/15w 8, abgeändert wurde, den
Beschluss
gefasst:
Dem Revisionsrekurs wird Folge gegeben.
Der angefochtene Beschluss wird aufgehoben.
Die Rechtssache wird an das Rekursgericht zur neuerlichen Entscheidung zurückverwiesen.
Die Kosten des Revisionsrekursverfahrens sind weitere Verfahrenskosten.
Begründung:
In seiner Klage vom 10. 11. 2015 begehrt der Kläger – gestützt auf Gewährleistung und Schadenersatz – von seinem Autoverkäufer die Zahlung von 5.305,33 EUR sA an Preisminderung und verhältnismäßigen Rückersatz der von ihm entrichteten Normverbrauchsabgabe sowie die Feststellung dessen Haftung für jene zukünftigen Schäden, die dem Kläger durch die Behebung der manipulierten Abgaswerte am erworbenen Kraftfahrzeug entstehen. Der Verkäufer richte seine Werbung auf Österreich aus, sodass der Kläger als Verbraucher gemäß Art 17 Abs 1 lit c EuGVVO 2012 die Zuständigkeit nach deren Kap II Abschn 4 in Anspruch nehmen könne. Als beklagte Partei wurde in der Klage die in Deutschland ansässige „H***** GmbH“ angeführt. Nach Bestreitung der Passivlegitimation beantragte der Kläger die Berichtigung der Parteibezeichnung auf den an derselben Adresse ansässigen Einzelunternehmer. Der Beklagten sei von vornherein klar gewesen, welche Person gemeint gewesen sei.
Die (in der Klage angeführte) Beklagte erhob die Einrede der fehlenden internationalen Zuständigkeit und bestritt unter anderem die Passivlegitimation. Die Voraussetzungen für die Anwendung des Art 17 Abs 1 lit c EuGVVO 2012 lägen nicht vor, weil sie ihre gewerbliche Tätigkeit nicht auf Österreich ausrichte. Vertragspartner des Klägers sei nicht sie, sondern der Einzelunternehmer. Die Berichtigung der Parteibezeichnung sei nicht zulässig, weil dies zu einem unzulässigen Personenwechsel führe.
Das Erstgericht verwarf die Einrede der fehlenden internationalen Zuständigkeit, berichtigte antragsgemäß die Parteibezeichnung und erklärte das bisherige Verfahren (mit Ausnahme des Zwischenstreits über die Berichtigung der Parteibezeichnung) bis zum Zeitpunkt vor Klagszustellung für nichtig. Zur Frage der internationalen Zuständigkeit traf es ausschließlich Feststellungen zur Inserierung des vom Kläger gekauften Fahrzeugs und zum Verkaufsformular und leitete daraus eine internationale Ausrichtung der Geschäftstätigkeit der Beklagten im Sinn des Art 17 Abs 1 lit c EuGVVO 2012 ab. Die Berichtigung der Parteibezeichnung ließ es zu, weil bereits in der Klage auf das Fahrzeug Bezug genommen und die Rechnung als Beweis angeboten worden sei, sodass insbesondere dem Geschäftsführer der GmbH der zugleich der Einzelunternehmer ist, der als Beklagter gemeint war, zu jedem Zeitpunkt klar gewesen sein habe müssen, wer vom Kläger in Anspruch genommen werden sollte.
Das Rekursgericht gab dem Rekurs der Beklagten Folge. Es sprach die internationale Unzuständigkeit des Erstgerichts aus, erklärte das gesamte Verfahren für nichtig, wies die Klage zurück und lehnte in der Begründung eine Entscheidung über die Berichtigung der Parteibezeichnung ab; es bewertete – über Auftrag des Obersten Gerichtshofs – den Entscheidungsgegenstand mit 30.000 EUR übersteigend und ließ den ordentlichen Revisionsrekurs mangels Vorliegens einer erheblichen Rechtsfrage nicht zu. Die vom Erstgericht getroffenen und zur Begründung der internationalen Zuständigkeit herangezogenen Feststellungen beträfen ausschließlich das Einzelunternehmen. Anhaltspunkte einer internationalen Ausrichtung der von der GmbH ausgeübten Geschäftstätigkeit lägen nicht vor. Eine nachträgliche Begründung der internationalen Zuständigkeit durch Parteiberichtigung sei in der österreichischen Zivilprozessordnung nicht vorgesehen.
Der dagegen vom Kläger erhobene und von der Beklagten – nach Freistellung – beantwortete Revisionsrekurs ist zulässig; er ist auch im Sinn des Aufhebungsantrags berechtigt.
1. Der Zivilprozess ist vom Grundsatz des Zweiparteiensystems beherrscht (vgl RIS Justiz RS0035075). Der Kläger bestimmt, wer Partei ist. Bei Unklarheiten ist jene Person als Partei anzusehen, die bei objektiver Betrachtung der Klagsangaben als solche erkennbar ist. Zu dieser objektiven Auslegung sind nicht nur die gemäß den §§ 226 Abs 3, 75 Z 1 ZPO vorgeschriebenen Angaben im Kopf des Schriftsatzes heranzuziehen, sondern jedenfalls der gesamte Inhalt der Klagsschrift (RIS Justiz RS0035060). Prozesspartei ist immer derjenige, dessen Parteistellung sich aus dem Vorbringen und dem Begehren der Klage klar und deutlich ergibt (RIS Justiz RS0039446).
2. Ein mit der Berichtigung der Parteibezeichnung verbundener Personenwechsel kann dann erfolgen, wenn schon aus dem gesamten Inhalt der Klage in einer „jeden Zweifel ausschließenden Weise“ erkennbar ist, wen der Kläger als Beklagten in Anspruch nehmen will (RIS Justiz RS0039337, RS0039871). Ergibt sich aus der Klagserzählung – etwa durch Bezugnahme auf eine Rechnung, von der die in Anspruch Genommenen wissen mussten, wen sie betraf – wer Beklagter sein sollte, liegt selbst in der Einbeziehung eines anderen Rechtssubjekts keine Klagsänderung, wenn nur die Beziehung auf Beklagtenseite entsprechend eng ist (RIS Justiz RS0039300). Die in den Prozess einbezogene, aber von der klagenden Partei tatsächlich nach ihrem Vorbringen nicht in Anspruch genommene Partei ist eine „Quasi-Partei“. Die ihr gegenüber gesetzten Prozesshandlungen sind nichtig, weil sie, bezogen auf die wirkliche Partei, gegen § 477 Abs 1 Z 4 ZPO verstoßen (RIS Justiz RS0112754 [T1]).
3. Die inländische Gerichtsbarkeit im Sinn der internationalen Zuständigkeit ist eine selbständige allgemeine Prozessvoraussetzung (RIS Justiz RS0046261). Als solche betrifft sie die Zulässigkeit des mit der Klage geltend gemachten Rechtsschutzes ( Rechberger/Klicka in Rechberger 4 Vor § 226 ZPO Rz 6). Rechtsschutz begehrt ein Kläger gegenüber dem von ihm bestimmten Beklagten.
4. Es ist im vorliegenden Verfahren daher – wie dargelegt – zuerst über den Antrag auf Berichtigung der Parteibezeichnung zu entscheiden, um abzuklären, wer vom Kläger als beklagte Partei in Anspruch genommen wird. Wird die Parteibezeichnung berichtigt, tritt das Verfahren in das Stadium vor Klagszustellung zurück. Nur wenn keine Berichtigung erfolgt, ist auch über die vorliegende Einrede der fehlenden internationalen Zuständigkeit zu entscheiden.
5. Das Rekursgericht hat daher zunächst über die von der Beklagten angefochtene Berichtigung der Parteibezeichnung zu entscheiden.
6. Der Kostenvorbehalt beruht auf § 52 ZPO.
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