JudikaturOGH

12Os120/16p – OGH Entscheidung

Entscheidung
04. November 2016

Kopf

Der Oberste Gerichtshof hat am 4. November 2016 durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofs Hon. Prof. Dr. Schroll als Vorsitzenden sowie durch die Hofräte und die Hofrätinnen des Obersten Gerichtshofs Dr. T. Solé, Dr. Oshidari, Dr. Michel Kwapinski und Dr. Brenner in Gegenwart der Richteramtsanwärterin Krenn, LL.M. (WU), als Schriftführerin im Verfahren zur Unterbringung des Johann S***** in einer Anstalt für geistig abnorme Rechtsbrecher nach § 21 Abs 1 StGB über die Nichtigkeitsbeschwerde und die Berufung des Betroffenen gegen das Urteil des Landesgerichts Wels als Schöffengericht vom 5. August 2016, GZ 12 Hv 49/16a 70, nach Anhörung der Generalprokuratur in nichtöffentlicher Sitzung den

Beschluss

gefasst:

Spruch

Die Nichtigkeitsbeschwerde wird zurückgewiesen.

Zur Entscheidung über die Berufung werden die Akten dem Oberlandesgericht Linz zugeleitet.

Text

Gründe:

Mit dem angefochtenen Urteil, das auch eine Abweisung des wegen einer weiteren Anlasstat gestellten Unterbringungsantrags enthält, wurde Johann S***** nach § 21 Abs 1 StGB in eine Anstalt für geistig abnorme Rechtsbrecher eingewiesen.

Danach hat er am 28. April 2016 in W***** unter dem Einfluss eines seine Zurechnungsfähigkeit ausschließenden Zustands (§ 11 StGB), der auf einer geistigen oder seelischen Abartigkeit von höherem Grad beruht, nämlich einer kontinuierlich verlaufenden paranoiden Schizophrenie und einem Alkoholabhängigkeitssyndrom, den Polizeibeamten Philipp W***** mit Gewalt an einer Amtshandlung, nämlich an der Sachverhaltsfeststellung samt seiner anschließenden Festnahme zu hindern versucht, indem er unter Anwendung von Körperkraft mehrmals versuchte, sich vom Griff des Beamten loszureißen, und somit eine Tat begangen, die ihm, wäre er zum Tatzeitpunkt zurechnungsfähig gewesen, als das Vergehen des Widerstands gegen die Staatsgewalt nach §§ 15 Abs 1, 269 Abs 1 erster Fall StGB zuzurechnen gewesen wäre.

Rechtliche Beurteilung

Die dagegen aus Z 5, 5a, 9 lit a und 11 des § 281 Abs 1 StPO ergriffene Nichtigkeitsbeschwerde des Betroffenen schlägt fehl.

Die Mängelrüge (Z 5) bekämpft mit ihrer Kritik, dass aus einem „Wegreißen“ nicht zwingend auf den Einsatz von Körperkraft geschlossen werden könne, bloß die tatrichterliche Beweiswürdigung nach Art einer im kollegialgerichtlichen Verfahren nicht vorgesehenen Schuldberufung. Denn das Gericht ist – entsprechend dem Grundsatz der freien Beweiswürdigung (§ 258 Abs 2 StPO) – auch zu Tatsachenfeststellungen berechtigt, die auf bloßen Wahrscheinlichkeitsschlüssen beruhen, sofern sie (wie hier) logisch und im Einklang mit grundlegenden Erfahrungssätzen sind (RIS Justiz RS0098471).

Mit dem Hinweis auf das angebliche Fehlen von Beweisergebnissen für die angenommene Gewaltausübung weckt die Tatsachenrüge (Z 5a) keine erheblichen Bedenken gegen die Richtigkeit des Ausspruchs über entscheidende Tatsachen.

Indem die Rechtsrüge (Z 9 lit a) die im Urteil festgestellte Gewaltanwendung in Abrede stellt, verfehlt sie den im festgestellten Sachverhalt gelegenen Bezugspunkt materieller Nichtigkeit (RIS Justiz RS0099810).

Die Sanktionsrüge (Z 11 zweiter Fall) wendet sich gegen die über den Betroffenen angestellte Gefährlichkeitsprognose, ohne auch nur zu behaupten, dass eine der nach § 21 Abs 1 StGB erforderlichen Erkenntnisquellen (Person, Zustand, Art der Tat) unbeachtet geblieben sei. Da die Beschwerde auch nicht deutlich macht, weshalb die Prognose willkürlich sein soll, erschöpft sie sich in einem bloßen Berufungsvorbringen (RIS Justiz RS0090341).

Die Nichtigkeitsbeschwerde war daher – in Übereinstimmung mit der Stellungnahme der Generalprokuratur – bereits bei nichtöffentlicher Beratung sofort zurückzuweisen (§ 285d Abs 1 StPO). Daraus folgt die Zuständigkeit des Oberlandesgerichts zur Entscheidung über die Berufung (§ 285i StPO).

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