JudikaturOGH

5Ob133/16v – OGH Entscheidung

Entscheidung
25. Oktober 2016

Kopf

Der Oberste Gerichtshof hat durch den Senatspräsidenten Dr. Hradil als Vorsitzenden sowie den Hofrat Dr. Höllwerth, die Hofrätin Dr. Grohmann, die Hofräte Mag. Wurzer und Mag. Painsi als weitere Richter in der Grundbuchsache der Antragsteller 1. N***** D***** und 2. H***** D*****, beide *****, vertreten durch Dr. Harald Mezriczky, öffentlicher Notar in Schwechat, wegen Berichtigungen gemäß § 136 GBG ob der EZ 146 KG *****, über die Revisionsrekurse der Einschreiter 1. G***** A*****, 2. V***** M*****, 3. H***** D*****, 4. I***** F*****, 5. Dr. H***** S*****, 6. KR R***** S*****, 7. I***** K*****, 8. Dr. A***** G*****, 9. Mag. M***** G*****, 10. P***** F*****, 11. G***** W*****, 12. Dr. R***** D*****, 13. M***** K*****, 14. S***** K*****, 15. Mag. U***** P*****, 16. W***** E*****, 17. Ing. K***** R*****, 18. F***** R*****, 19. E***** S*****, 20. Mag. A***** H*****, 21. A***** L*****, 22. G***** L*****, 23. Dr. K***** U*****, 24. G***** B*****, 25. H***** F*****, 26. G***** D*****, 27. F***** H*****, 28. H***** H*****, 29. A***** H*****, 30. C***** L*****, 31. J***** B*****, 32. P***** K*****, 33. Ing. K***** S*****, 34. Dr. H***** K*****, 35. E***** K*****, 36. H***** A*****, 37. E***** A*****, 38. Ing. J***** L*****, 39. Ing. G***** R*****, 40. C***** R*****, 41. R***** S*****, 42. B***** S*****, 43. Dr. M***** C*****, 44. F***** Z*****, 45. J***** Z*****, 46. H***** J*****, 47. A***** J*****, 48. T***** Z*****, 49. H***** S*****, 50. E***** S*****, 51. H***** B*****, 52. T***** B*****, 53. H***** K*****, 54. G***** K*****, 55. H***** L*****, 56. Mag. B***** L*****, 57. Dipl. Ing. C***** U*****, 58. Dr. A***** K*****, 59. C***** S*****, 60. Dr. R***** H*****, 61. M***** P*****, 62. Mag. G***** L*****, 63. A***** K*****, 64. U***** P*****, 65. W***** L*****, 66. M***** L*****, 67. T***** K*****, 68. N***** L*****, 69. W***** L*****, 70. A***** W*****, 71. C***** K*****, 72. G***** C*****, 73. R***** S*****, alle vertreten durch Ing. Mag. Dr. Roland Hansely, Rechtsanwalt in Wien, gegen den Beschluss des Landesgerichts Wiener Neustadt als Rekursgericht vom 23. Mai 2016, AZ 17 R 36/16i, mit dem der Beschluss des Bezirksgerichts Mödling vom 3. Februar 2016, TZ 98/2016, bestätigt wurde, den

Beschluss

gefasst:

Spruch

Die Revisionsrekurse werden zurückgewiesen.

Text

Begründung:

Die Antragsteller sind Eigentümer der Liegenschaft EZ 146 KG *****. Im C Blatt dieser Liegenschaft war aufgrund diverser Mietverträge unter anderem zugunsten der Einschreiter (bzw deren Rechtsvorgängern) jeweils ein „Bestandrecht“ an spezifischen Teilflächen („Parzellen“) „bis 2015 12 31“ einverleibt.

Das Rekursgericht bestätigte die vom Erstgericht über Gesuch der Antragsteller angeordnete Löschung der zugunsten der Einschreiter einverleibten Bestandrechte. Diese seien im Hauptbuch jeweils „bis 2015-12-31“ befristet gewesen. Nach § 136 GBG könnten nachträgliche Unrichtigkeiten des Grundbuchs auf Antrag berichtigt werden. Voraussetzung sei, dass das Grundbuch aufgrund nachträglicher Änderungen nicht die richtige Rechtslage wiedergebe. Berührungspunkte mit §§ 131 ff GBG seien dort gegeben, wo das Recht nachträglich außerbücherlich erloschen sei. Dazu zählten jene Fälle, in denen ein Recht zunächst bestanden habe, in der Folge jedoch außerbücherlich erloschen sei. Hierher gehörten alle befristeten oder auflösend bedingten Rechte. Das Erstgericht wäre nach § 131 GBG auch amtswegig zur Löschung der Eintragung über die bis 31. 12. 2015 befristeten Bestandrechte berechtigt gewesen, sodass die über Antrag nach § 136 GBG erfolgten Löschungen nicht zu beanstanden seien.

Den Revisionsrekurs erklärte das Rekursgericht nachträglich über Antrag gemäß § 63 AußStrG (iVm § 126 Abs 2 GBG) für zulässig, weil zur konkreten Fallgestaltung keine höchstgerichtliche Rechtsprechung vorliege und von der Entscheidung eine große Personenanzahl betroffen sei.

Rechtliche Beurteilung

Der Revisionsrekurs ist entgegen dem den Obersten Gerichtshof nicht bindenden Ausspruch des Rekursgerichts (§ 71 Abs 1 AußStrG) nicht zulässig, weil die Rechtssache nicht von der Lösung einer Rechtsfrage von der Bedeutung gemäß § 62 Abs 1 AußStrG abhängt.

1. Eine Eintragung des Bestandrechts (§ 9 GBG, § 1095 ABGB), die wegen Zeitablaufs gegenstandslos geworden ist, kann vom Grundbuchsgericht gemäß § 131 GBG auch von Amts wegen gelöscht werden (vgl dazu Kodek in Kodek , Grundbuchsrecht § 131 GBG Rz 12). Dass in einem solchen Fall grundsätzlich auch eine Berichtigung des Grundbuchs gemäß § 136 GBG (allgemein dazu: RIS-Justiz RS0079847; RS0060992) vorgenommen werden kann, mit der die Nachführung des Grundbuchstands an die wahre außerbücherlich eingetretene Rechtslage erfolgt (für viele 5 Ob 138/14a), stellen die Revisionsrekurswerber nicht in Frage.

2. Soweit die Revisionsrekurswerber unter Berufung auf die jüngere Judikatur des erkennenden Senats (vgl 5 Ob 194/15p mwN) ins Treffen führen, dass (auch) ein auf unbestimmte Zeit abgeschlossener Bestandvertrag nach § 1095 ABGB verbücherungsfähig ist, wenn nur eine Einschränkung der Kündigungsmöglichkeiten des Bestandgebers vereinbart ist, und dazu meinen, in konsequenter Fortführung dieser Rechtsprechung müsse ein Bestandverhältnis auch dann gemäß § 1095 ABGB verbücherungsfähig sein, wenn die Einschränkungen der Kündigungsmöglichkeiten unmittelbar aus den Bestimmungen des MRG resultierten, sprechen sie schon deshalb keine Rechtsfrage von der Bedeutung gemäß § 62 Abs 1 AußStrG an, weil hier die Verbücherungsfähigkeit von Bestandverträgen nicht zu beurteilen ist.

3. Die Einschreiter stellen auch gar nicht in Abrede, dass die jeweiligen Bestandverträge im Hauptbuch mit der Befristung „bis 2015-12-31“ eingetragen waren. Damit geht aber auch ihr Hinweis auf die Entscheidung 5 Ob 258/08i (= RIS-Justiz RS0124631) ins Leere, weil dort unter Berufung auf § 136 GBG die Löschung eines eingetragenen Bestandrechts vor Ablauf der vertraglich festgelegten Bestandzeit begehrt wurde. Aus dem Umstand, dass bei einer solchen Sachlage der Nachweis der Auflösung des Bestandvertrags durch ein auf Räumung lautendes Urteil gefordert wird (vgl auch Kodek in Kodek , Grundbuchsrecht, § 136 GBG Rz 55), lässt sich für den hier zu beurteilenden Fall daher nichts gewinnen.

4.

Gemäß §

93 GBG iVm § 94 Abs 1 Z 1 GBG ist für die Beurteilung des Grundbuchsgesuchs der Zeitpunkt maßgeblich, in dem dieses beim Grundbuchsgericht einlangt (RIS-Justiz RS0061117). Damit kommt es allein auf den Grundbuchstand zu diesem Zeitpunkt und nicht auf eine davon allenfalls abweichende materielle Rechtslage an (vgl RIS Justiz RS0060803 [T1]). Bei Einlangen des Berichtigungsgesuchs der Antragsteller war die aus dem Hauptbuch ersichtliche Befristung der Bestandverträge bereits abgelaufen. Ob die Befristung unwirksam ist und Kündigungsbeschränkungen des MRG zur Anwendung gelangen, wie die Revisionsrekurswerber meinen, ist im Grundbuchsverfahren nicht zu untersuchen. Es begründet daher weder eine aufzugreifende Fehlbeurteilung durch die Vorinstanzen noch eine Nichtigkeit von deren Entscheidungen, wenn sie die Einverleibung der Löschung auch ohne Vorliegen der von den Revisionsrekurswerbern vermissten Urteile zum Nachweis der Beendigung der Bestandverhältnisse bewilligten. Darüber hinaus verweisen sie selbst auf die Wirkung der grundbücherlichen Einverleibung eines Bestandvertrags (§ 1095 ABGB), die darin besteht, dass nicht nur der derzeitige Eigentümer der Liegenschaft, sondern auch jeder spätere Erwerber entgegen der sonst geltenden Regel des § 1120 ABGB an den einverleibten Bestandvertrag „für die übrige Zeit“ gebunden bleibt (RIS-Justiz RS0020428 [T1; T2]; Binder/Pesek in Schwimann/Kodek 4 § 1095 ABGB Rz 11; Würth in Rummel ³ § 1095 ABGB Rz 1). Diese Bindung des Rechtsnachfolgers ist im Anwendungsbereich des MRG, wie ihn die Einschreiter für sich reklamieren, aber ohnedies gegeben, auch wenn das Bestandverhältnis nicht in die öffentlichen Bücher eingetragen ist (für viele: Binder/Pesek aaO § 1095 ABGB Rz 14).

6. Einer weiteren Begründung bedarf dieser Beschluss nicht (§ 71 Abs 3 AußStrG).

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