JudikaturOGH

4Ob171/16z – OGH Entscheidung

Entscheidung
25. Oktober 2016

Kopf

Der Oberste Gerichtshof hat durch den Senatspräsidenten Dr. Vogel als Vorsitzenden und die Hofräte Dr. Jensik, Dr. Musger, Dr. Schwarzenbacher und Dr. Rassi als weitere Richter in der Rechtssache des Klägers W*****verband *****, vertreten durch Dr. Bernd Roßkothen, Rechtsanwalt in Salzburg, gegen die Beklagte H***** Gesellschaft mbH, *****, vertreten durch Hudelist/Primig Rechtsanwälte OG in Feldkirchen, wegen Unterlassung und Urteilsveröffentlichung (Streitwert im Provisorialverfahren 31.500 EUR), infolge Rekurses der Beklagten gegen den Beschluss des Oberlandesgerichts Graz als Rekursgericht vom 15. Juni 2016, GZ 5 R 48/16t 30, womit der Beschluss des Landesgerichts Klagenfurt vom 1. März 2016, GZ 22 Cg 37/15f 26, aufgehoben wurde, den

Beschluss

gefasst:

Spruch

Der Akt wird dem Rekursgericht mit dem Auftrag zurückgestellt, seinen Bewertungsausspruch um die gesonderte Bewertung der Teilbegehren zu ergänzen bzw zu berichtigen.

Begründung:

Rechtliche Beurteilung

1. Werden in einer Klage mehrere Forderungen geltend gemacht, dann bilden sie nur dann einen einheitlichen Streitgegenstand – und damit einen einheitlichen Entscheidungsgegenstand des Rechtsmittelgerichts –, wenn die Voraussetzungen des § 55 Abs 1 JN vorliegen; sonst sind sie getrennt zu behandeln (RIS Justiz RS0053096, RS0037838, RS0042349). Ein tatsächlicher Zusammenhang liegt vor, wenn die Ansprüche aus demselben Klagesachverhalt abgeleitet werden können, wenn also das für einen Anspruch erforderliche Sachvorbringen ausreicht, um auch über den anderen Anspruch ohne ergänzendes weiteres Sachvorbringen entscheiden zu können (RIS Justiz RS0042766). Ein rechtlicher Zusammenhang liegt etwa dann vor, wenn die Ansprüche aus demselben Vertrag oder derselben Rechtsnorm abgeleitet werden, nicht aber, wenn die Ansprüche ein unterschiedliches rechtliches Schicksal haben können (17 Ob 22/10z; 4 Ob 79/10m; vgl auch RIS Justiz RS0037899). Ob die Voraussetzungen für eine Zusammenrechnung gegeben sind, ist nach den Klagebehauptungen (Antragsbehauptungen) zu beurteilen (RIS Justiz RS0042741; zu allem 4 Ob 67/11y; zuletzt 4 Ob 161/16d).

2. Falls eine Zusammenrechnung nicht zu erfolgen hat, ist ein Ausspruch iSd § 500 Abs 2 Z 1 ZPO über jeden einzelnen Anspruch gesondert zu tätigen ( Pimmer in Fasching/Konecny 2 § 500 ZPO Rz 11). Soweit einzelne Ansprüche als Streitgegenstände einer Klage, über die das Zweitgericht erkannte, nicht zusammenzurechnen sind, ist die Anrufbarkeit des Obersten Gerichtshofs für jeden Anspruch gesondert zu prüfen ( Zechner aaO § 502 ZPO Rz 151).

3. Im vorliegenden Fall stützt sich der Kläger auf mehrere Wettbewerbsverstöße der Beklagten (Gegenstand der begehrten einstweiligen Verfügung ist die Vermarktung neun verschiedener Produkte mit jeweils unterschiedlichen vom Kläger beanstandeten Angaben). Daraus leitet er mehrere voneinander getrennte Unterlassungsansprüche ab. Diese sind auf unterschiedliche Sachverhalte gestützt, ein hinreichender rechtlicher oder tatsächlicher Zusammenhang liegt nicht vor, zumal hinsichtlich jedes beanstandeten Produkts unabhängig von den anderen Produkten zu prüfen ist, ob die beanstandeten Angaben lauterkeitswidrig sind. Die Ansprüche sind daher nach § 55 Abs 1 JN nicht zusammenzurechnen. Damit hat das Rekursgericht über von einander getrennte Gegenstände entschieden, die gesondert zu bewerten sind.

4. Der Akt ist daher dem Rekursgericht mit dem Auftrag zu übermitteln, den Bewertungsausspruch dahin zu ergänzen, dass die Teilbegehren gesondert bewertet werden. Sollte das Rekursgericht auch bei der noch vorzunehmenden Einzelbewertung wie bereits bei seiner bisherigen Gesamtbewertung der – wenn auch hierfür nicht bindenden (vgl RIS-Justiz RS0043252 ua) – Bewertung durch den Kläger von 3.500 EUR pro Unterlassungsbegehren folgen, wäre der Rekurs insoweit gemäß § 528 Abs 2 Z 1 ZPO iVm §§ 78, 402 Abs 4 EO absolut unzulässig. Der bisherige Zulassungsausspruch wäre diesfalls zu berichtigen (vgl 7 Ob 13/15k; 1 Ob 182/15v).

Rückverweise