6Ob105/16h – OGH Entscheidung
Kopf
Der Oberste Gerichtshof hat durch den Senatspräsidenten Hon.-Prof. Dr. Kuras als Vorsitzenden und durch die Hofräte Dr. Schramm, Dr. Gitschthaler, Univ. Prof. Dr. Kodek und Dr. Nowotny als weitere Richter in der Rechtssache der klagenden und gefährdeten Partei E***** A*****, vertreten durch Dr. Helene Klaar Dr. Norbert Marschall Rechtsanwälte OG in Wien, gegen die beklagte Partei und Gegner der gefährdeten Partei Dipl. HTL Ing. W***** J*****, vertreten durch Dr. Richard Wolf, Rechtsanwalt in Wien, als Verfahrenshelfer, wegen Unterhalts, über den Revisionsrekurs der beklagten Partei gegen den Beschluss des Landesgerichts für Zivilrechtssachen Wien als Rekursgericht vom 7. April 2016, GZ 45 R 104/16a 275, mit dem der Beschluss des Bezirksgerichts Hernals vom 11. Jänner 2016, GZ 8 C 92/05p 260, teilweise abgeändert wurde, in nichtöffentlicher Sitzung den
Beschluss
gefasst:
Spruch
Der Revisionsrekurs wird zurückgewiesen .
Der Beklagte ist schuldig, der Klägerin die mit 225,43 EUR (darin 37,57 EUR Umsatzsteuer) bestimmten Kosten der Revisionsrekursbeantwortung binnen 14 Tagen zu ersetzen.
Begründung:
Rechtliche Beurteilung
Entgegen dem – den Obersten Gerichtshof nicht bindenden (§§ 402, 78 EO, § 526 Abs 2 ZPO) – Ausspruch des Rekursgerichts ist der ordentliche Revisionsrekurs nicht zulässig:
Das Rekursgericht, das der unterhaltsberechtigten Frau während aufrechter Ehe einen weiteren Unterhaltsbetrag von 53,56 EUR zuerkannt hatte, begründete seinen über Antrag des unterhaltspflichtigen Mannes abgeänderten Zulässigkeitsausspruch damit, es sei dessen Einwand nicht von der Hand zu weisen, dass der Lebensunterhalt der Frau nicht gefährdet sei, weil sie ohnehin über einen Unterhaltstitel über 763,06 EUR verfüge. Tatsächlich trete auch die jüngere Literatur für eine strengere Prüfung der Gefährdung des Lebensunterhalts im Unterhaltsprovisorialverfahren ein.
Der Oberste Gerichtshof hat erst jüngst (1 Ob 235/11g; 7 Ob 226/11b) auf seine ständige Rechtsprechung verwiesen, wonach Gegenstand einer Provisorialmaßnahme nach § 382 Abs 1 Z 8 lit a EO der einstweilige angemessene und nicht bloß der notwendige Unterhalt sei (8 Ob 1647/91; 1 Ob 179/00f; 9 Ob 113/01k; 6 Ob 22/02g; 6 Ob 23/02d; 6 Ob 134/03d; 3 Ob 243/03m; 5 Ob 29/04g; 6 Ob 299/05x uva; vgl auch 8 Ob 49/16p), und die gegen diese Rechtsprechung erhobene Kritik von König (Einstweilige Verfügungen im Zivilverfahren³ [2007] Rz 4/7, 4/15) und Gitschthaler (Unterhaltsrecht² [2008] Rz 825/4 sowie in Gitschthaler/Höllwerth , EuPR [2011] § 382 Abs 1 Z 8 lit a EO Rz 15) verworfen. Einer neuerlichen Auseinandersetzung mit dieser Kritik bedarf es nicht. Dass der nunmehr insgesamt festgesetzte (Provisorial ) Unterhalt in Höhe von 816,62 EUR unter Berücksichtigung der Einkommensverhältnisse der Parteien nicht angemessen wäre, führt der Revisionsrekurs nicht näher aus, sondern verweist auf die fehlende Rechtskraft der Entscheidung im Hauptverfahren.
Der in der Hauptsache eingebrachte Antrag nach Art 140 Abs 1 Z 1 lit d B-VG führt schon deshalb nicht dazu, dass die Gerichte im Verfahren zur Erlassung einer einstweiligen Verfügung im Sinne des § 62a Abs 6 VerfGG innezuhalten hätten, weil die Dringlichkeit einstweiliger Verfügungen keinen Aufschub gestattet und die Entscheidungen ohnehin keine abschließenden Regelungen darstellen ( Grabenwarter/Musger, Praxisfragen der Gesetzesbeschwerde im Zivilverfahren, ÖJZ 2015/75; vgl im Übrigen auch § 62a Abs 1 Z 9 VerfGG und VfGH G 84/2016).
Die Entscheidung über die Kosten des Revisionsrekursverfahrens gründet sich auf §§ 41, 50 ZPO, §§ 78, 402 EO. Die Revisionsrekursbeantwortung hat auf die Unzulässigkeit des Revisionsrekurses hingewiesen. Der Schriftsatz ist daher als zur zweckentsprechenden Rechtsverteidigung notwendig anzusehen. Im Revisionsrekursverfahren war aber nur mehr ein Teilbetrag von 53,56 EUR strittig, womit die Bemessungsgrundlage unter Berücksichtigung des § 9 Abs 3 RATG 642,72 EUR betrug.