11Os68/16h – OGH Entscheidung
Kopf
Der Oberste Gerichtshof hat am 11. Oktober 2016 durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofs Dr. Schwab als Vorsitzenden sowie die Hofrätinnen des Obersten Gerichtshofs Dr. Bachner Foregger, Mag. Michel und Mag. Fürnkranz und den Hofrat des Obersten Gerichtshofs Dr. Oberressl als weitere Richter in Gegenwart der Richteramtsanwärterin Mag. Rathgeb als Schriftführerin in der Strafsache gegen Jozef H***** wegen des Verbrechens des gewerbsmäßigen schweren und durch Einbruch begangenen Diebstahls nach §§ 127, 128 Abs 1 Z 5, 129 Abs 1 Z 1, Z 2, Abs 2 Z 1, Z 2, 130 Abs 3, 15 StGB und anderer strafbarer Handlungen über die Nichtigkeitsbeschwerde und die Berufung des Angeklagten gegen das Urteil des Landesgerichts Eisenstadt als Schöffengericht vom 11. Mai 2016, GZ 7 Hv 19/16k-87, nach Anhörung der Generalprokuratur in nichtöffentlicher Sitzung den
Beschluss
gefasst:
Spruch
Die Nichtigkeitsbeschwerde wird zurückgewiesen.
Zur Entscheidung über die Berufung werden die Akten dem Oberlandesgericht Wien zugeleitet.
Dem Angeklagten fallen die Kosten des bisherigen Rechtsmittelverfahrens zur Last.
Text
Gründe:
Mit dem angefochtenen Urteil wurde der Angeklagte Jozef H***** des Verbrechens des schweren gewerbsmäßigen und durch Einbruch begangenen Diebstahls nach §§ 127, 128 Abs 1 Z 5, 129 Abs 1 Z 1, Abs 2 Z 1, Z 2, 130 Abs 3, 15 Abs 1 StGB (I./) und der Vergehen der Urkundenunterdrückung nach § 229 Abs 1 StGB (II./), der Entfremdung unbarer Zahlungsmittel nach § 241e Abs 1 StGB (III./) und nach § 50 Abs 1 Z 2 WaffG (IV./) schuldig erkannt.
Danach hat er – soweit für die Erledigung der Nichtigkeitsbeschwerde von Relevanz zusammengefasst wiedergegeben – zwischen 21. August und 25. November 2015 in P***** und andernorts teilweise im bewussten und gewollten Zusammenwirken als Mittäter
I./ mit auf unrechtmäßige Bereicherung gerichtetem Vorsatz „gewerbsmäßig“ anderen fremde bewegliche Sachen „in einem 5.000 Euro übersteigenden Wert“ in insgesamt 32 im Urteil im Detail bezeichneten Angriffen teils durch Einbruch in Gebäude, Transportmittel und Wohnstätten weggenommen und wegzunehmen versucht, und zwar
I./A./ …
I./B./1./a./ bis c./ …
d./ Dominik L***** einen Rucksack im Wert von 150 Euro, einen USB Stick im Wert von 10 Euro sowie eine Fernbedienung im Wert von 40 Euro, indem er auf nicht festzustellende Art und Weise in dessen Fahrzeug eindrang;
e./ Stefan R***** eine Funkfernbedienung im Wert von 750 Euro, eine Handyhalterung im Wert von 100 Euro und zwei Packungen Kaugummi im Wert von 5 Euro, indem er auf nicht festzustellende Art und Weise in dessen Fahrzeug eindrang;
f./ Ante B***** ein Tablet im Wert von 269 Euro, eine Laptoptasche im Wert von 42 Euro und zwei Sonnenbrillen im Wert von 170 Euro, indem er auf nicht festzustellende Art und Weise in dessen Fahrzeug eindrang;
g./ Karin Z***** eine Geldbörse im Wert von 40 Euro, 70 Euro Bargeld und eine Sonnenbrille im Wert von 400 Euro, indem er auf nicht festzustellende Art und Weise in deren Fahrzeug eindrang;
h./ Ante B***** ein Navigationsgerät im Wert von 130 Euro, indem er auf nicht festzustellende Art und Weise in dessen weiteres Fahrzeug eindrang;
i./ bis l./ …
m./
aa./ Eduard Le***** eine Bohrmaschine im Wert von 300 Euro und eine Schlagbohrmaschine im Wert von 600 Euro, indem er eine Seitenscheibe dessen Fahrzeugs einschlug;
bb./ Rebecca D***** eine Handtasche im Wert von 50 Euro und Kleidungsstücke im Wert von 300 Euro, indem er eine Seitenscheibe deren Fahrzeugs einschlug;
cc./ Karoline Re***** ein Navigationsgerät im Wert von 150 Euro, eine Sonnenbrille im Wert von 600 Euro, Schlüssel im Wert von 20 Euro, ein Codiergerät und ein Fahrrad im Wert von 200 Euro, indem er auf nicht mehr festzustellende Art und Weise in deren Fahrzeug eindrang und sodann mit der Fernbedienung die Garage öffnete;
...
I./D./
1./ ...
2./ Ingrid G***** wegzunehmen versucht, indem er mit widerrechtlich erlangten Schlüsseln eine Tür des Wohnhauses öffnen wollte, als er betreten wurde, wobei er bei dem Diebstahl eine Waffe, nämlich ein als Taschenlampe getarntes Elektroschockgerät bei sich führte, um den Widerstand einer Person zu überwinden oder zu verhindern;
II./ bis III./ ...
IV./ wenn auch nur fahrlässig eine verbotene Waffe, nämlich ein als Taschenlampe getarntes Elektroschockgerät unbefugt besessen, und zwar
a./ am 25. November 2015
b./ am 15. November 2015.
Rechtliche Beurteilung
Die (nominell) auf § 281 Abs 1 Z 5 und 11 StPO gestützte Nichtigkeitsbeschwerde des Angeklagten wendet sich gegen die Schuldsprüche I./B./1./d./ bis h./, I./B./1./m./aa./ bis cc./ und IV./ sowie insgesamt gegen die Annahme gewerbsmäßiger Tendenz und des Vorsatzes in Richtung § 128 Abs 1 Z 5 StGB und § 129 Abs 2 Z 2 StGB.
Der auf die Schuldsprüche I./B./1./d./ bis h./ bezogene Einwand eines Rechtsfehlers mangels näherer Feststellungen zur Art des Eindringens (inhaltlich Z 10) unterlässt die gebotene Ableitung aus dem Gesetz (RIS Justiz RS0116569), weshalb sich der damit angestrebte Wegfall der – zu den weiteren Schuldsprüchen des Komplexes B./ nicht in Frage gestellten – Qualifikation des § 129 Abs 1 Z 1 StGB hinsichtlich einzelner Taten auf den rechtlichen Bestand der nach § 29 StGB zu bildenden Subsumtionseinheit auswirken sollte (RIS Justiz RS0120980; vgl Ratz in WK² StGB § 29 Rz 5 ff; Ratz , WK StPO § 281 Rz 568, 578), und bringt solcherart den geltend gemachten Nichtigkeitsgrund nicht zur gesetzesgemäßen Darstellung. Im Übrigen verkennt der Beschwerdeführer, dass die Feststellung eines Eindringens durch Überwindung eines Sperrmechanismus (US 13, 23) für die Unterstellung auch dieser Taten unter § 129 Abs 1 Z 1 StGB hinreichte.
Entgegen der weiteren gegen diese Schuldsprüche gerichteten Rüge (Z 5 zweiter Fall) mussten einzelne Beschreibungsdetails (Tätowierungen, Amtsbekanntheit in Österreich) der nicht bekannten Person, von der der Angeklagte die verfahrensgegenständliche Bankomatkarte (Schuldspruchpunkte I./B./I./g./ und III./) erhalten haben will, schon mit Blick auf das Gebot einer gedrängten Darstellung der Entscheidungsgründe nicht gesondert erörtert werden (RIS Justiz RS0098642 [T1]; RS0098377 [T22 und T24]). Die Verantwortung des Angeklagten wurde diesbezüglich im Übrigen ohnedies berücksichtigt (US 26).
Die in diesem Zusammenhang vermisste Begründung (Z 5 vierter Fall) der Urteilsannahmen zur Wegnahme (auch) der Bankomatkarte durch den Angeklagten findet sich in US 23.
Soweit die Rüge hiezu schließlich die Beweiskraft der vom Erstgericht zur Begründung herangezogenen Fotos (US 22) erörtert, in weiterer Folge den aus der Verwendung der Bankomatkarte der Karin Z***** (I./B./1./g./ und III./) und den aus dem örtlichen und zeitlichen Zusammenhang zu den Anklagepunkten I./B./1./d./ bis h./ gezogenen Schluss auf eine entsprechende Tatbegehung des Anklagten in Frage stellt und die erstgerichtlichen Erwägungen zum Mobiltelefon des Angeklagten (US 23 f) als nicht nachvollziehbar bezeichnet, übt sie lediglich – im schöffengerichtlichen Verfahren unzulässige – Beweiswürdigungskritik (RIS Justiz RS0098471).
Gleiches gilt für den gegen die Schuldsprüche I./B./1./m./aa./ bis cc./ gerichteten Vorwurf, die Tatrichter hätten die zu diesen – für den Angeklagten angesichts seines sonstigen Geständnisses völlig unbedeutenden – Anklagepunkten leugnende Verantwortung des Angeklagten nicht gesondert berücksichtigt (siehe aber US 22 ff).
Der Vorwurf eines Rechtsfehlers mangels weiterer Feststellungen eines auf die Erzielung eines fortlaufenden Einkommens durch Einbruchsdiebstähle und die Überschreitung der Wertgrenze von 5.000 Euro gerichteten Vorsatzes (inhaltlich Z 10) übergeht die entsprechenden Urteilsannahmen (US 20 f, 28 f) und verfehlt damit die gesetzmäßige Darstellung materieller Nichtigkeit (RIS Justiz RS0099810).
Von einer unzureichenden Begründung der Feststellungen zur subjektiven Tatseite – insbesondere zur gewerbsmäßigen Tendenz – der Schuldsprüche I./ (Z 5 vierter Fall) kann im Hinblick auf die tatrichterlichen Erwägungen (US 28 f) keine Rede sein.
Soweit sich die Rüge in Ansehung der bei einzelnen Angriffen mitgeführten Waffen (I./B./1./p./, I./D./2./a./ und IV./) gegen die Würdigung der Verantwortung des Angeklagten als reine Schutzbehauptung (US 26) wendet und sie hiezu vorbringt, der Angeklagte hätte sich „sichtlich in einem Verbotsirrtum“ befunden, übt sie erneut unzulässige Beweiskritik. Als Beschwerde nach § 281 Abs 1 Z 9 lit b StPO verstanden, verfehlt sie mit dem bloßen Hinweis auf die Verantwortung des Angeklagten und die Tatsache, dass dieser „Ausländer“ sei, die Ausrichtung am Verfahrensrecht, weil sie nicht darlegt
, aus welchen ausdrücklich zu bezeichnenden Tatsachen welche rechtliche Konsequenz hätte abgeleitet werden sollen (RIS Justiz RS0099810).
Mit dem Vorwurf, das Erstgericht hätte die Bereitschaft des Angeklagten, sein Leben zu verändern, dessen Entschuldigung bei den Opfern sowie dessen Möglichkeit, in seiner Heimat jederzeit einen festen Arbeitsplatz zu bekommen, nicht mildernd gewertet, macht die Sanktionsrüge (Z 11) lediglich Berufungsgründe geltend (RIS Justiz RS0099911).
Die Nichtigkeitsbeschwerde war daher schon bei nichtöffentlicher Beratung sofort zurückzuweisen (§ 285d Abs 1 StPO), woraus die Zuständigkeit des Oberlandesgerichts zur Entscheidung über die Berufung folgt (§ 285i StPO).
Die Kostenentscheidung beruht auf § 390a Abs 1 StPO.