JudikaturOGH

9Ob48/16y – OGH Entscheidung

Entscheidung
29. September 2016

Kopf

Der Oberste Gerichtshof hat als Revisionsgericht durch den Senatspräsidenten Dr. Hopf als Vorsitzenden, die Hofrätin Hon. Prof. Dr. Dehn, den Hofrat Dr. Hargassner sowie die Hofrätinnen Mag. Korn und Dr. Weixelbraun Mohr als weitere Richter in der Rechtssache der klagenden Partei T*****, vertreten durch Estermann Partner OG, Rechtsanwälte in Mattighofen, gegen die beklagte Partei Ö***** GmbH Co KG, *****, vertreten durch Dr. Reinfried Eberl, Dr. Robert Hubner, Dr. Robert Krivanec, Dr. Günther Ramsauer, Mag. Walter Unzeitig, Rechtsanwälte in Salzburg, wegen 23.206,42 EUR sA, über die Revision der klagenden Partei gegen das Urteil des Oberlandesgerichts Linz als Berufungsgericht vom 22. April 2016, GZ 3 R 39/16z 14, mit dem den Berufungen der Parteien gegen das Urteil des Landesgerichts Salzburg vom 27. Jänner 2016, GZ 13 Cg 38/15s 8, teilweise Folge gegeben wurde, in nichtöffentlicher Sitzung den

Beschluss

gefasst:

Spruch

Die Revision wird zurückgewiesen.

Die klagende Partei ist schuldig, der beklagten Partei die mit 1.489,86 EUR (darin enthalten 248,31 EUR USt) bestimmten Kosten des Revisionsverfahrens binnen 14 Tagen zu ersetzen.

Text

Begründung:

1. Die Beklagte, ein Fachunternehmen für Sicherheitstechnik, hat für den Kläger Videokameras im Außenbereich seines Wohnobjekts angebracht. In der Folge wurde der Kläger aufgrund einer Klage der übrigen Miteigentümer verpflichtet, zwei dieser Kameras wieder zu entfernen. Das auf Ersatz der Prozesskosten dieses Vorverfahrens gerichtete Begehren des Klägers wurde vom Berufungsgericht in teilweiser Abänderung der Entscheidung des Erstgerichts zur Gänze abgewiesen.

Die Revision ließ das Berufungsgericht nachträglich zu, weil der Frage, ob bei Anbringung von Überwachungskameras durch einen Fachbetrieb diesen Aufklärungspflichten über rechtliche Voraussetzungen einer solchen Überwachung treffen, über den Einzelfall hinausgehende Bedeutung zukomme.

Rechtliche Beurteilung

2. Gegen das Urteil des Berufungsgerichts ist die Revision nur dann zulässig, wenn die Entscheidung von der Lösung einer Rechtsfrage des materiellen Rechts oder des Verfahrensrechts abhängt, der zur Wahrung der Rechtseinheit, Rechtssicherheit oder Rechtsentwicklung erhebliche Bedeutung zukommt, etwa weil das Berufungsgericht von der Rechtsprechung des Obersten Gerichtshofs abweicht oder eine solche Rechtsprechung fehlt oder uneinheitlich ist (§ 502 Abs 1 ZPO). Dies ist hier entgegen dem – den Obersten Gerichtshof nicht bindenden (§ 508a Abs 1 ZPO) – nachträglichen Zulassungsausspruch nicht der Fall. Die Zurückweisung der Revision kann sich auf die Ausführung der Zurückweisungsgründe beschränken (§ 510 Abs 3 letzter Satz ZPO).

3. Richtig ist, dass Prozesskosten, zu deren Ersatz jemand verurteilt wurde, zu einer Verminderung seines Vermögens führen und daher Gegenstand einer Schadenersatzforderung des Verurteilten einem Dritten gegenüber sein können, wenn diese Kosten durch das Verschulden des Dritten verursacht wurden (RIS Justiz RS0023619).

Nach der Rechtsprechung führt aber die Schlechterfüllung eines Vertrags noch nicht zu einer Haftung für Prozesskosten aus einem Verfahren gegen einen Dritten (RIS Justiz RS0045850), weil ein solcher Schaden im Allgemeinen außerhalb des Schutzzwecks des Vertrags oder des Rechtswidrigkeitszusammenhangs liegt. Nur wenn etwa ein Werkunternehmer über die Schlechterfüllung des Werkvertrags hinaus weitere Vertragspflichten verletzt und diese Pflichtverletzung für das Vorverfahren kausal ist, kann es zu einer Haftung des Regresspflichtigen für die Kosten des Vorprozesses kommen. Eine solche Haftung wird bei der Verletzung von vertraglichen Nebenpflichten, etwa von Informationspflichten bejaht. Dabei ist anhand einer am konkreten Vertragszweck ausgerichteten individualisierenden Betrachtung zu prüfen, ob die verletzte Verpflichtung gerade den konkret geltend gemachten Schaden verhindern sollte (8 Ob 8/15g mwN).

4. Ob und welche Informationspflichten den Auftragnehmer gegenüber dem Auftraggeber treffen, richtet sich nach den Umständen des Einzelfalls und könnte nur bei einer gravierenden Fehlbeurteilung des Berufungsgerichts eine erhebliche Rechtsfrage im Sinn des § 502 Abs 1 ZPO begründen (RIS Justiz RS0123381).

5. Ob die Beklagte im konkreten Fall eine Informationspflicht hinsichtlich der rechtlichen Voraussetzungen für die Zulässigkeit einer Überwachung allgemein zugänglicher Flächen getroffen hat, kann aber dahingestellt bleiben.

Der Kläger hat geltend gemacht, dass die Beklagte ihn spätestens bei Anbringung der Kameras auf rechtliche Probleme aufgrund der Einstellung der Kameras hätte hinweisen müssen und ihn hätte anleiten müssen, einen Rechtsanwalt aufzusuchen, um die Sach und Rechtslage zu überprüfen. Er hat jedoch nicht vorgebracht, dass er, hätte die Beklagte dieser Verpflichtung entsprochen, eine Anbringung der Kameras unterlassen oder eine andere Ausrichtung vorgenommen hätte. Im Vorverfahren war der Kläger bereits anwaltlich vertreten und beharrte dessen ungeachtet auf seine Berechtigung zur Überwachung des von der Kamera erfassten Bereichs. Selbst in der vorliegenden Revision geht er nach wie vor davon aus, dass die damalige Verfahrensführung nicht aussichtslos war. Insoweit ist schon eine Kausalität der behaupteten mangelhaften Aufklärung für den eingetretenen Schaden nicht ersichtlich.

Dass die Beklagte im Vorverfahren nach Streitverkündung dem Verfahren als Nebenintervenientin beigetreten ist, ist nicht von Bedeutung, da der Kläger nicht behauptet hat, dass sein Entschluss, sich auf das Verfahren einzulassen, davon beeinflusst wurde. Daher kommt es auch nicht darauf an, ob die Beklagte selbst von der Zulässigkeit der Überwachung ausging oder sich nur aus anwaltlicher Vorsicht dem Verfahren anschloss.

6. Mangels einer entscheidungsrelevanten Rechtsfrage von der Qualität des § 502 Abs 1 ZPO ist die Revision des Klägers daher zurückzuweisen.

Die Kostenentscheidung gründet sich auf §§ 41, 50 ZPO. Die Beklagte hat auf die Unzulässigkeit der Revision hingewiesen.

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