JudikaturOGH

7Ob155/16v – OGH Entscheidung

Entscheidung
28. September 2016

Kopf

Der Oberste Gerichtshof hat als Revisionsgericht durch die Senatspräsidentin Dr. Kalivoda als Vorsitzende und durch die Hofräte Dr. Höllwerth, Mag. Dr. Wurdinger, Mag. Malesich und Dr. Singer als weitere Richter in der Rechtssache der klagenden Partei G***** GmbH *****, vertreten durch Dr. Ernst Maiditsch M.B.L. HSG Rechtsanwalt in Klagenfurt, gegen die beklagte Partei Dr. A***** G*****, Rechtsanwalt, *****, wegen 290.000 EUR sA, über die außerordentliche Revision der klagenden Partei gegen das Urteil des Oberlandesgerichts Graz als Berufungsgericht vom 2. Juni 2016, GZ 2 R 68/16m 46, den

Beschluss

gefasst:

Spruch

Die außerordentliche Revision wird gemäß § 508a Abs 2 ZPO mangels der Voraussetzungen des § 502 Abs 1 ZPO zurückgewiesen.

Begründung:

Rechtliche Beurteilung

Die außerordentliche Revision zeigt keine erhebliche Rechtsfrage im Sinn des § 502 Abs 1 ZPO auf:

1. Gemäß § 9 RAO ist der Rechtsanwalt verpflichtet, die Rechte seiner Partei mit Gewissenhaftigkeit zu vertreten; diese Bestimmung ergänzt § 1009 ABGB, der den Gewalthaber verpflichtet, das ihm durch den Bevollmächtigungsvertrag aufgetragene Geschäft umsichtig und redlich zu besorgen. Daraus ergeben sich für den Rechtsanwalt eine Reihe von Pflichten, wie unter anderem Warn-, Aufklärungs- und Verhütungspflichten, die alle Ausprägung der Kardinalspflicht des Rechtsanwalts sind, nämlich der Pflicht zur Interessenwahrung und zur Rechtsbetreuung (RIS Justiz RS0112203). Wer einen Rechtsanwalt betraut, darf davon ausgehen, dass dieser alle nach der Rechtsordnung erforderlichen Schritte zur Verwirklichung des ihm bekannten Geschäftszwecks unternimmt (RIS Justiz RS0038724, RS0026566). Zu den wichtigsten Aufgaben gehört dabei auch die Belehrung des meist rechtsunkundigen Mandanten (RIS Justiz RS0038682). Die Anforderungen an die Sorgfaltspflicht eines Rechtsanwalts dürfen jedoch nicht überspannt werden (RIS Justiz RS0026584). Ob ein Rechtsanwalt die gebotene Sorgfalt eingehalten hat, kann nur nach den Umständen des Einzelfalls geprüft werden (RIS Justiz RS0026584 [T21]).

2. Die Rechtsansicht der Vorinstanzen, dem Beklagten sei kein Vertretungsfehler im Rahmen eines gerichtlichen Vergleichsabschlusses in einem Verfahren anzulasten, in dem die von ihm vertretene Generalunternehmerin (Rechtsvorgängerin der Klägerin) von der Bauträgerin den ausständigen Werklohn begehrte, steht im Einklang mit der Judikatur. Im Vergleich wurde die Zahlung eines Teilbetrags (vereinbarter Haftrücklass) vom rechtzeitigen Erlag zweier Bankgarantien abhängig gemacht. Das entsprach dem von der Generalunternehmerin mit dem Vergleich verfolgten Zweck, rasch Barmittel zu erlangen. Der Geschäftsführer der Generalunternehmerin meinte, dass die Beibringung der Bankgarantien „machbar“ sei. Damit, dass er dazu dann nicht in der Lage sein würde, musste der Beklagte nach den festgestellten Umständen nicht rechnen. Einer exequierbaren Verpflichtung der Bauträgerin zur Auszahlung des Haftrücklasses nach Ablauf der Haftungszeit stand die Vereinbarung entgegen, dass vom Vergleich Schadenersatz- und Gewährleistungsansprüche unberührt bleiben sollten. Vor diesem Hintergrund haben die Vorinstanzen vertretbar einen Aufklärungsfehler des Beklagten verneint.

Abgesehen davon hält sich die Rechtsansicht des Erstgerichts, dass der Anspruch, würde er bestehen, auch verjährt wäre, im Rahmen der Judikatur. § 12 VersVG betrifft Ansprüche aus dem Versicherungsverhältnis nicht jedoch Schadenersatzansprüche gegen den Schädiger.

3. Mangels Zulässigkeit des Rechtsmittels erübrigte sich die Durchführung eines Verbesserungsverfahrens für den Rechtsmittelschriftsatz, den der Rechtsvertreter entgegen § 89c Abs 5 Z 1 GOG idF BGBl I 2012/26 persönlich überreichte und nicht im Elektronischen Rechtsverkehr einbrachte (vgl RIS Justiz RS0128266 [T1, T12]).

4. Einer weiteren Begründung bedarf dieser Beschluss nicht (§ 510 Abs 3 ZPO).

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