JudikaturOGH

12Os99/16z – OGH Entscheidung

Entscheidung
22. September 2016

Kopf

Der Oberste Gerichtshof hat am 22. September 2016 durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofs Hon. Prof. Dr. Schroll als Vorsitzenden sowie durch die Hofräte und die Hofrätinnen des Obersten Gerichtshofs Dr. T. Solé, Dr. Oshidari, Dr. Michel-Kwapinski und Dr. Brenner in Gegenwart des Richteramtsanwärters Mag. Beran als Schriftführer in der Strafsache gegen Arshdeep S***** und andere Angeklagte wegen des Verbrechens des schweren Raubes nach §§ 142 Abs 1, 143 Abs 1 zweiter Fall StGB über die Nichtigkeitsbeschwerde und die Berufung des Angeklagten Sunil B***** sowie die Nichtigkeitsbeschwerde der Staatsanwaltschaft gegen das Urteil des Landesgerichts Wiener Neustadt als Schöffengericht vom 6. April 2016, GZ 36 Hv 11/16s-159, nach öffentlicher Verhandlung in Anwesenheit der Vertreterin der Generalprokuratur, Generalanwältin Mag. Gföller, des Angeklagten Sunil B***** und seines Verteidigers Lindner, LL.M., zu Recht erkannt:

Spruch

In Stattgebung der Nichtigkeitsbeschwerden wird das angefochtene Urteil, das im Übrigen unberührt bleibt, in dem Sunil B***** betreffenden Strafausspruch (einschließlich der Vorhaftanrechnung) aufgehoben.

Sunil B***** wird für das ihm nach dem unberührt bleibenden Schuldspruch (I./) zur Last liegende Verbrechen des schweren Raubes nach §§ 142 Abs 1, 143 Abs 1 zweiter Fall StGB nach § 143 Abs 1 StGB zu einer Freiheitsstrafe von vier Jahren verurteilt.

Mit seiner Berufung wird Sunil B***** auf diese Entscheidung verwiesen.

Ihm fallen auch die Kosten des Rechtsmittelverfahrens zur Last.

Text

Gründe:

Mit dem angefochtenen Urteil, das auch Schuldsprüche Mitangeklagter enthält, wurde Sunil B***** des Verbrechens des schweren Raubes nach §§ 142 Abs 1, 143 Abs 1 zweiter Fall StGB (vgl aber 12 Os 58/15v, EvBl 2016/14, 84) schuldig erkannt.

Der Schöffensenat verurteilte den Angeklagten hiefür nach § 143 Abs 1 StGB (idgF) – ausgehend von der Annahme, dass diese Bestimmung eine Mindeststrafdrohung von fünf Jahren aufweise (US 27 f) – unter Anwendung des § 41 Abs 1 StGB zu einer Freiheitsstrafe von vier Jahren.

Dem Schuldspruch zufolge hat Sunil B***** in einverständlichem Zusammenwirken (§ 12 erster Fall StGB) mit Arshdeep S***** und Rajinder S***** am 3. Oktober 2015 in B***** mit Gewalt gegen Personen und durch Drohung mit gegenwärtiger Gefahr für Leib oder Leben (§ 89 StGB) den Tankstellenmitarbeiterinnen Nikoletta C***** und Judit M***** fremde bewegliche Sachen mit auf unrechtmäßige Bereicherung gerichtetem Vorsatz unter Verwendung einer Waffe weggenommen, indem er und die genannten Mittäter vermummt die Tankstellenfiliale betraten, Rajinder S***** die Kunden Peter und Robert T***** sowie die diensthabenden Kassiererinnen Nikoletta C***** und Judit M***** mit Pfefferspray besprühte, Arshdeep S***** Peter und Robert T***** mit einem CO2-Revolver bedrohte und „Hände hoch, Überfall!“ rief, in weiterer Folge drei Schüsse auf Robert T***** abgab, wodurch er diesen am Oberkörper und am Unterarm verletzte, und im Anschluss daran Rajinder S***** sowie Sunil B***** 678,93 Euro aus der Kasse entnahmen.

Rechtliche Beurteilung

Die gegen den Strafausspruch gerichteten, inhaltsgleich aus Z 11 des § 281 Abs 1 StPO ergriffenen Nichtigkeitsbeschwerden des Sunil B***** und der Staatsanwaltschaft sind berechtigt.

Denn die Sanktionsrügen wenden zutreffend ein, dass die Tatrichter zum Nachteil des Angeklagten von einem falschen Strafrahmen, nämlich jenem des § 143 erster Satz StGB idF vor BGBl I 2002/134, ausgegangen sind ( Ratz , WK StPO § 281 Rz 667). Der Schöffensenat hat dadurch seine Strafbefugnis überschritten (§ 281 Abs 1 Z 11 erster Fall StPO), woran auch der Umstand nichts ändert, dass die tatsächlich verhängte Strafe innerhalb des an sich zur Verfügung stehenden Rahmens liegt (vgl RIS-Justiz RS0116127; Ratz , WK StPO § 281 Rz 667).

Die Kassation des Strafausspruchs war daher unvermeidlich.

Bei der Strafneubemessung wertete der Oberste Gerichtshof den bisher ordentlichen Lebenswandel (§ 34 Abs 1 Z 2 StGB), die großteils erfolgte Schadensgutmachung (§ 34 Abs 1 Z 14 StGB; vgl Ebner in WK 2 StGB § 34 Rz 33) und das (in der Hauptverhandlung abgeschwächte; US 18) reumütige Geständnis (§ 34 Abs 1 Z 17 StGB) mildernd, erschwerend der Umstand, dass vier Personen bedroht wurden.

Im Rahmen allgemeiner Strafbemessungs-erwägungen (§ 32 Abs 3 StGB) schlägt aber die massive Gewaltanwendung sowohl gegen Tankstellenmitarbeiterinnen und Kunden, die Verletzung einer Person sowie die durch geplante und arbeitsteilige Vorgehensweise gesteigerte kriminelle Energie zum Nachteil des Angeklagten aus.

Somit erweist sich die verhängte Strafe als tat- und schuldangemessen.

Angemerkt sei, dass die Anwendung des § 41 StGB schon deshalb ausgeschlossen ist, weil hiefür ein beträchtliches Zurückbleiben des konkret verwirklichten Unrechts- und Schuldgehalts der Tat hinter den typischerweise im Tatbestand angelegten Fällen Voraussetzung wäre ( Flora in WK 2 StGB § 41 Rz 12).

Mit seiner (infolge Zurückziehung; vgl ON 176) unzulässigen Berufung (§ 294 Abs 4 StPO) war der Angeklagte auf diese Entscheidung zu verweisen.

Der Kostenausspruch beruht auf § 390a Abs 1 StPO (vgl RIS-Justiz RS0105881).

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