JudikaturOGH

11Os88/16z – OGH Entscheidung

Entscheidung
13. September 2016

Kopf

Der Oberste Gerichtshof hat am 13. September 2016 durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofs Dr. Schwab als Vorsitzenden sowie die Hofrätinnen des Obersten Gerichtshofs Dr. Bachner Foregger, Mag. Michel und Mag. Fürnkranz und den Hofrat des Obersten Gerichtshofs Dr. Oberressl als weitere Richter in Gegenwart der Richteramtsanwärterin Mag. Rathgeb als Schriftführerin in der Strafsache gegen M***** S***** wegen des Verbrechens der Vergewaltigung nach §§ 15, 201 Abs 1 StGB und weiterer strafbarer Handlungen über die Nichtigkeitsbeschwerde und die Berufung des Angeklagten gegen das Urteil des Landesgerichts Innsbruck als Schöffengericht vom 12. Mai 2016, GZ 27 Hv 14/16v 78, sowie über dessen Beschwerde gegen einen Beschluss gemäß § 494a StPO nach Anhörung der Generalprokuratur in nichtöffentlicher Sitzung den

Beschluss

gefasst:

Spruch

Die Nichtigkeitsbeschwerde wird zurückgewiesen.

Zur Entscheidung über die Berufung und die Beschwerde werden die Akten dem Oberlandesgericht Innsbruck zugeleitet.

Dem Angeklagten fallen die Kosten des bisherigen Rechtsmittelverfahrens zur Last.

Text

Gründe:

Mit dem angefochtenen Urteil wurde M***** S***** des Verbrechens der Vergewaltigung nach §§ 15, 201 Abs 1 StGB (I./) sowie der Vergehen der dauernden Sachentziehung nach § 135 Abs 1 StGB (II./), des unbefugten Gebrauchs von Fahrzeugen nach §§ 15,  136 Abs 1, Abs 2 StGB (III./) und des Diebstahls durch Einbruch nach §§ 127, 129 Abs 1 Z 2, 15 StGB (IV./) schuldig erkannt.

Danach hat er – soweit für das Verfahren über die Nichtigkeitsbeschwerde von Bedeutung – in I*****

I./ am 26. November 2015 V***** B***** mit Gewalt zur Duldung des Beischlafs oder einer dem Beischlaf gleichzusetzenden Handlung zu nötigen versucht, indem er sie mit der Faust ins Gesicht schlug, ihre Wohnungstür versperrte, sie auf den Boden warf, vor ihr kniend ihre Hose zerriss und versuchte, ihre Beine auseinander zu drücken;

II./ und III./ …

IV./ mit auf unrechtmäßige Bereicherung gerichtetem Vorsatz anderen fremde bewegliche Sachen teilweise durch Einbruch

a./ bis c./ ...

d./ weggenommen, nämlich am 4. Jänner 2016 dem Stadtpolizeikommando I***** ein Mobiltelefon, indem er es in einem unbeobachteten Moment an sich nahm.

Rechtliche Beurteilung

Dagegen richtet sich die auf Z 5, 9 [lit] a, 9 [lit] b und 10 StPO gestützte Nichtigkeitsbeschwerde des Angeklagten.

In seiner den Schuldspruch 1./ betreffenden Mängelrüge erachtet der Beschwerdeführer die Wahlfeststellung, wonach er zur Duldung des Beischlafs oder einer dem Beischlaf gleichzusetzenden Handlung zu nötigen versucht habe, als undeutlich (Z 5 erster Fall), die Art der intendierten Beischlafshandlung unzureichend beschrieben (inhaltlich Z 9 lit a), die Aussage der Zeugin B*****, die die „bevorstehende geschlechtliche Handlung oder einen intendierten Beischlaf“ nicht bezeichnet habe, übergangen (Z 5 zweiter Fall) und die Begründung, dass der Beschwerdeführer die Kleidung seines Opfers zerrissen habe „um offensichtlich ihren Vaginalbereich freizulegen“, unzureichend (Z 5 vierter Fall).

Undeutlichkeit läge vor, wenn den Feststellungen des Urteils nicht klar zu entnehmen wäre, welche entscheidenden Tatsachen das Gericht sowohl auf der objektiven als auch auf der subjektiven Tatseite als erwiesen angenommen hat und aus welchen Gründen dies geschah (RIS Justiz RS0089983). Wahlfeststellungen sind bei einem alternativen Mischdelikt ( Fabrizy , StGB 12 § 201 Rz 1) infolge rechtlicher Gleichwertigkeit – was die Beschwerde lediglich begründungslos bestreitet – jedoch zulässig (vgl RIS Justiz RS0098710; Ratz , WK StPO § 281 Rz 398 f, 573 f) und der Gebrauch der verba legalia bei – hier vorliegendem (US 6 f) – Sachverhaltsbezug ausreichend ( Ratz , WK StPO § 281 Rz 8) und demzufolge keineswegs undeutlich.

Die aus dem gewaltsamen Entkleiden gezogenen Schlüsse des Gerichts sind nicht willkürlich; die diesbezügliche Kritik des Beschwerdeführers richtet sich gegen die sachverhaltsmäßige Bejahung oder Verneinung einzelner von mehreren erheblichen Umständen und verlässt daher den Anfechtungsrahmen dieses Nichtigkeitsgrundes (RIS Justiz RS0116737; Ratz , WK StPO § 281 Rz 410).

Die Aussagen der Zeugin B***** hat das Gericht nicht unerwähnt gelassen (US 9 ff); aufgrund der im Entwicklungsstadium des Versuchs gebliebenen Tatbegehung erübrigt sich ein Eingehen darauf, dass die Zeugin die konkret bevorstehende geschlechtliche Handlung nicht bezeichnen konnte (RIS Justiz RS0097545; Ratz , WK StPO § 281 Rz 352).

Weshalb das Gericht bei Bejahung der Tatbestandsmäßigkeit wegen des Verbrechens der Vergewaltigung nach § 201 Abs 1 StGB in Richtung (weiterer) Tatbestandsverwirklichungen zu prüfen gehabt hätte, bleibt unerfindlich.

Entgegen der den Schuldspruch 1./ betreffenden Rechtsrüge (Z 9 lit a) hat das Gericht die intendierten Tathandlungen ohnedies festgestellt (US 6 f); dies verschweigend hält der Beschwerdeführer prozessordnungswidrig nicht an den Urteilskonstatierungen fest (RIS Justiz RS0099810; Ratz , WK StPO § 281 Rz 584, 593).

Weshalb bei unbemerktem (US 8) Einstecken eines Mobiltelefons der Gewahrsam des Bestohlenen erhalten bleiben solle, führt der Beschwerdeführer in seiner den Schuldspruch 4./c./ betreffenden Rechtsrüge nicht aus (RIS Justiz RS0090605; RS0116565; Ratz , WK StPO § 281 Rz 588).

Erforderliche Feststellungen für einen freiwilligen Rücktritt vom Versuch zu 1./ erachtet der Beschwerdeführer durch „Feststellungen im Urteil“ indiziert. Mit dem ausschließlichen Hinweis auf (im Übrigen konträre – US 17) Urteilskonstatierungen verfehlt er jedoch die Anfechtungskriterien für einen Rechtsfehler mangels Feststellungen (RIS Justiz RS0118580; Ratz , WK StPO § 281 Rz 600).

Das Vorbringen zur Subsumtionsrüge (Z 10) beschränkt sich auf den Vorwurf, das Gericht habe „sich mit der Abgrenzung des Deliktes von den alternativen Möglichkeiten des Verhaltens des Angeklagten nach §§ 83, 99, 105, 125, 127 … 202 StGB“ nicht auseinandergesetzt und verfehlt solcherart einmal mehr die prozessordnungsgemäße Ausführung (RIS Justiz RS0118342; Ratz , WK StPO § 281 Rz 584, 593).

Die Nichtigkeitsbeschwerde war daher bereits bei nichtöffentlicher Beratung gemäß § 285d Abs 1 StPO sofort zurückzuweisen, woraus die Zuständigkeit des Oberlandesgerichts zur Entscheidung über die Berufung und die Beschwerde folgt (§§ 285i, 498 Abs 3 StPO).

Die Kostenentscheidung beruht auf § 390a Abs 1 StPO.

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