JudikaturOGH

11Os74/16s – OGH Entscheidung

Entscheidung
13. September 2016

Kopf

Der Oberste Gerichtshof hat am 13. September 2016 durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofs Dr. Schwab als Vorsitzenden sowie die Hofrätinnen des Obersten Gerichtshofs Dr. Bachner Foregger, Mag. Michel und Mag. Fürnkranz und den Hofrat des Obersten Gerichtshofs Dr. Oberressl als weitere Richter in Gegenwart der Richteramtsanwärterin Mag. Rathgeb als Schriftführerin in der Strafsache gegen Markus A***** wegen des Verbrechens der Vergewaltigung nach § 201 Abs 1 StGB und weiterer strafbarer Handlungen über die Nichtigkeitsbeschwerde und die Berufung des Angeklagten sowie die Berufung der Staatsanwaltschaft gegen das Urteil des Landesgerichts Innsbruck als Schöffengericht vom 7. März 2016, GZ 25 Hv 125/15a 38, nach Anhörung der Generalprokuratur in nichtöffentlicher Sitzung den

Beschluss

gefasst:

Spruch

Die Nichtigkeitsbeschwerde wird zurückgewiesen.

Zur Entscheidung über die Berufungen werden die Akten dem Oberlandesgericht Innsbruck zugeleitet.

Dem Angeklagten fallen die Kosten des bisherigen Rechtsmittelverfahrens zur Last.

Text

Gründe:

Mit dem angefochtenen Urteil, das auch unbekämpft in Rechtskraft erwachsene Freisprüche von weiteren einschlägigen Vorwürfen enthält, wurde Markus A***** eines Vergehens der pornographischen Darstellungen Minderjähriger nach § 207a Abs 3 zweiter Satz StGB (I) sowie jeweils eines Verbrechens des schweren sexuellen Missbrauchs von Unmündigen nach §§ 15, 206 Abs 1 StGB (II) und der Vergewaltigung nach § 201 Abs 1 StGB (III) schuldig erkannt.

Danach hat er

(I) im März 2015 in V***** sich eine pornographische Darstellung einer unmündigen minderjährigen Person zu verschaffen versucht, indem er die am ***** geborene ***** F***** zumindest einmal zur Herstellung und Übermittlung eines Fotos ihres Schambereichs aufforderte;

(II) Anfang Juli 2013 in W***** mit der am ***** geborenen, somit unmündigen ***** P***** eine dem Beischlaf gleichzusetzende geschlechtliche Handlung zu unternehmen versucht, indem er sie zur Vornahme des Oralverkehrs aufforderte, wobei die Tatvollendung infolge Weigerung des Opfers unterblieb;

(III) vom 13. Juni 2015 bis zum 19. Juni 2015 in B***** ***** H***** mit Gewalt zur Duldung des Beischlafs genötigt, indem er sie an beiden Händen festhielt und sie mit seinem Körpergewicht nach unten drückte.

Rechtliche Beurteilung

Dagegen wendet sich die auf § 281 Abs 1 Z 5 und 5a StPO gestützte Nichtigkeitsbeschwerde des Angeklagten.

Entgegen der Mängelrüge (insoweit der Sache nach Z 5 erster Fall) lässt die Feststellung, wonach der Angeklagte bei Begehung der vom Schuldspruch I erfassten Tat gewusst habe, „dass ***** F***** zu diesem Zeitpunkt 13 Jahre“ alt war (US 8), an Deutlichkeit nichts vermissen. Diese Feststellung blieb auch keineswegs „gänzlich unbegründet“ (Z 5 vierter Fall), sondern wurde von den Tatrichtern – frei von Verstößen gegen Gesetze der Logik oder grundlegende Erfahrungswerte – auf das Geständnis des Angeklagten in der polizeilichen Vernehmung gestützt (US 14).

Dass aus einzelnen Beweismitteln auch andere Schlüsse hätten gezogen werden können, stellt den Nichtigkeitsgrund nicht her (RIS Justiz RS0098471).

Das Erstgericht nahm an, dass ***** P***** zur Zeit der Tat laut Schuldspruch II – vom Wissen des Angeklagten erfasst – 13 Jahre alt war (US 9), was es willkürfrei (Z 5 vierter Fall) aus den Angaben der genannten Zeugin erschloss, dies dem Angeklagten unmittelbar davor wahrheitsgemäß mitgeteilt zu haben (US 21).

Ausgehend davon betrifft die als „unbegründet“ (Z 5 vierter Fall) bekämpfte Feststellung, diese Tat sei (just) „Anfang Juli 2013“ begangen worden (US 9, 10), keinen entscheidenden Aspekt (RIS Justiz RS0098557 [insbesondere T14]). Anhand eigenständig entwickelter Spekulationen angestellte Mutmaßungen des Beschwerdeführers, wenn sich der „Vorfall zu Ende der Ferien 2013 zugetragen“ hätte, könnte bereits „die Mündigkeit der Zeugin P***** – konkret am 09.09.2013 – eingetreten“ gewesen sein, verlieren sich – abseits der Anfechtungskategorien des geltend gemachten Nichtigkeitsgrundes – in einem Angriff auf die tatrichterliche Beweiswürdigung nach Art einer (im kollegialgerichtlichen Verfahren nicht vorgesehenen) Berufung wegen des Ausspruchs über die Schuld.

Gleiches gilt, soweit

- zu Schuldspruch II unter lediglich nomineller Abstützung auf den zweiten („unvollständig“), den dritten („widersprüchlich“) und den vierten Fall („offenbar unzureichende Gründe“) des § 281 Abs 1 Z 5 StPO (vgl RIS Justiz RS0099563) und

- zu Schuldspruch III unter Anführung der Z 5a des § 281 Abs 1 StPO

inhaltlich bloß die Überzeugungskraft der vom Erstgericht mit eingehender Begründung (US 21 bis 26) als glaubhaft erachteten, den Angeklagten im Sinn des jeweiligen Schuldspruchs belastenden Aussagen der Zeuginnen P***** und H***** aufgrund eigener Plausibilitätserwägungen („nicht nachvollziehbar“, „unglaubwürdig“, „entfernt sich […] von der Lebensrealität“, „wenig wahrscheinlich“, „kritisch zu hinterfragen“) bezweifelt wird (RIS Justiz RS0106588, RS0099649).

Die – abseits des in der Hauptverhandlung Vorgekommenen (§ 258 Abs 1 StPO) entwickelte (siehe aber Ratz , WK StPO § 281 Rz 481) – Behauptung, ein „vor dem Landesgericht Innsbruck zu AZ 34 Hv 129/15f“ gegen die Ehefrau des Angeklagten geführtes Strafverfahren habe „infolge der Unzuverlässigkeit der dortigen Belastungszeugin ***** H***** mit Freispruch“ geendet, stellt den Ausspruch des Schöffengerichts über entscheidende Tatsachen ebenso wenig prozessordnungsgemäß in Frage wie die bloße Wiedergabe von Einschätzungen des Sachwalters des Angeklagten über dessen „Geisteszustand“ (nominell jeweils Z 5a).

Das übrige Vorbringen beanstandet das Unterbleiben (über die ohnehin durchgeführten hinausgehender) amtswegiger Beweisaufnahmen „zur Frage der Zurechnungsfähigkeit des Angeklagten“. Mangels einer Darlegung, wodurch der Rechtsmittelwerber an diesbezüglicher Antragstellung in der Hauptverhandlung gehindert war, werden indes – entgegen der Beschwerdeauffassung – schon die Anfechtungskriterien der Aufklärungsrüge (Z 5a) verfehlt (RIS-Justiz RS0114036, RS0115823).

Die Nichtigkeitsbeschwerde war daher gemäß § 285d Abs 1 StPO bereits bei nichtöffentlicher Beratung sofort zurückzuweisen, woraus die Zuständigkeit des Oberlandesgerichts zur Erledigung der Berufungen folgt (§ 285i StPO).

Die Kostenentscheidung beruht auf § 390a Abs 1 StPO.

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