JudikaturOGH

11Os70/16b – OGH Entscheidung

Entscheidung
13. September 2016

Kopf

Der Oberste Gerichtshof hat am 13. September 2016 durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofs Dr. Schwab als Vorsitzenden sowie die Hofrätinnen des Obersten Gerichtshofs Dr. Bachner Foregger, Mag. Michel und Mag. Fürnkranz und den Hofrat des Obersten Gerichtshofs Dr. Oberressl als weitere Richter in Gegenwart der Richteramtsanwärterin Mag. Rathgeb als Schriftführerin in der Strafsache gegen Gediminas P***** wegen des Verbrechens des gewerbsmäßigen schweren und durch Einbruch begangenen Diebstahls nach §§ 127, 128 Abs 2, 129 Abs 1 Z 1, 130 Abs 1 erster Fall, Abs 2, 15 StGB über die Nichtigkeitsbeschwerde und die Berufung der Staatsanwaltschaft gegen das Urteil des Landesgerichts Wiener Neustadt als Schöffengericht vom 15. März 2016, GZ 39 Hv 140/15g 114, nach Anhörung der Generalprokuratur in nichtöffentlicher Sitzung den

Beschluss

gefasst:

Spruch

Die Nichtigkeitsbeschwerde wird zurückgewiesen.

Zur Entscheidung über die Berufung werden die Akten dem Oberlandesgericht Wien zugeleitet.

Text

Gründe:

Mit dem angefochtenen Urteil wurde Gediminas P***** des Verbrechens des gewerbsmäßig schweren Diebstahls durch Einbruch nach §§ 127, 128 Abs 2, 129 (ergänze Abs 1 – s US 13) Z 1, 130 [Abs 1 erster Fall] Abs 2, 15 StGB schuldig erkannt.

Danach hat er in K***** und andernorts im bewussten und gewollten Zusammenwirken als Mittäter (§ 12 StGB) anderen fremde bewegliche Sachen mit auf unrechtmäßige Bereicherung gerichtetem Vorsatz,

I./ weggenommen, und zwar

1./ am 31. Mai 2015 mit Vytaras B***** und Liudas G***** Gewahrsamtsträgern der H***** GmbH ein Sattelfahrzeug der Marke Volvo im Wert von ca 80.500 Euro, indem „er das Türschloss aufbrach und anschließend das Zündschloss mit einem Schraubendreher überwand, um das Fahrzeug derart zu starten“;

2./ nachts zum 14. Juni 2015 mit Vytautas M***** und unbekannten Personen

a./ Gewahrsamsträgern des Unternehmens Franz L***** ein Sattelfahrzeug der Marke Volvo im Wert von ca 29.000 Euro;

b./ Gewahrsamsträgern des Unternehmens T***** den Sattelanhänger Schwarzmüller samt Ladung im Wert von ca 85.000 Euro;

II./ wegzunehmen versucht, und zwar

1./ am 31. Mai 2015 mit Vytaras B***** und Liudas G*****

a./ einen Lastkraftwagen der Marke Scania im Wert von ca 85.000 Euro,

b./ einen Lastkraftwagen der Marke Volvo im Wert von ca 35.000 Euro,

2./ nachts zum 14. Juni 2015 mit Vytautas M***** sowie unbekannten Personen Gewahrsams-trägern der MO***** GmbH ein Sattelfahrzeug der Marke Volvo samt Ladung im Wert von ca 125.000 Euro,

„wobei er den Diebstahl in einem Euro 300.000 übersteigenden, zumindest cirka 439.500 Euro betragenden, Wert durch Einbruch in ein Transportmittel, und zudem den schweren Diebstahl sowie den Diebstahl durch Einbruch in der Absicht beging und versuchte, zu begehen, sich durch die wiederkehrende Begehung der Tat ein nicht bloß geringfügiges Einkommen [fortlaufend über einen längeren Zeitraum – US 8] Einkommen zu verschaffen“.

Rechtliche Beurteilung

Gegen die Nichtannahme der Qualifikation nach § 130 Abs 1 zweiter Fall StGB richtet sich die auf § 281 Abs 1 Z 5 und Z 10 StPO gestützte Nichtigkeitsbeschwerde der Staatsanwaltschaft.

Die Mängelrüge (Z 5) bekämpft die erstgerichtlichen Annahmen (US 8), wonach nicht festgestellt werden kann, dass sich der Angeklagte mit den Mittätern B*****, G***** und M***** und/oder bislang unbekannten Tätern zu einer Gruppe, die darauf ausgerichtet war, Diebstähle von Lastkraftwägen, insbesondere durch Einbruch, zu begehen, auf längere Zeit zusammenschloss und er es ernstlich für möglich hielt und billigend in Kauf nahm, sich „durch seine Handlungen als Verbindungsmann“ an einer Gruppe von mehr als zwei Personen, die sich für eine längere Zeit zusammenschloss, um Diebstähle durch Einbrüche zu begehen, beteiligte oder diese unterstützte.

Die Rüge legt nicht dar, inwiefern diese Konstatierungen zu jenen, wonach

die Mittäter des Angeklagten litauische Staatsangehörige sind, die in ihrer Heimat über eine Internetplattform zur Überstellung von Fahrzeugen angeheuert wurden;

B***** dort „vom Auftraggeber“ einen totalgefälschten LKW Führerschein erhielt;

sie von Litauen nach Tschechien in die Nähe von Brünn kamen, wo B***** und G***** vom Angeklagten, der ein Vertrauensmann „des Auftraggebers“ war, in der Nacht auf den 31. Mai 2015 abgeholt und – nachdem dieser ihnen Geld zur Bezahlung von Kost und Logis gegeben hatte – im Fahrzeug des B***** von Tschechien nach Österreich gefahren wurden;

„die genauen Informationen über die Örtlichkeit“ der Angeklagte hatte, der den Kontakt „zum Auftraggeber“ und den weiteren Tätern vor Ort hielt (alle US 5 f),

in einem Widerspruch (Z 5 dritter Fall) stehen sollen – diese also nach den Denkgesetzen und grundlegenden Erfahrungssätzen nicht nebeneinander bestehen könnten (RIS Justiz RS0117402; Ratz , WK StPO § 281 Rz 438).

Dem Vorwurf der Unvollständigkeit (Z 5 zweiter Fall) zuwider hat sich das Erstgericht – gerade auch zur Frage der Ein- oder Mehrzahl von Auftraggebern – mit der Aussage des rechtskräftig verurteilten Mittäters B*****, der in der Hauptverhandlung am 15. März 2016 seine Angaben im gegen ihn geführten Strafverfahren (AZ 37 Hv 74/15m des Landesgerichts Wiener Neustadt) ausdrücklich aufrecht hielt, auseinandergesetzt (vgl US 12). Dass hieraus bei der von der Beschwerdeführerin vorgenommenen Auslegung einzelner Bezeichnungen andere Schlüsse denkbar gewesen wären, stellt kein Begründungsdefizit her (RIS Justiz RS0099455, RS0098362).

Das weitere Vorbringen der Mängelrüge (Z 5) sind – unter eigenständiger Interpretation des Tathergangs angestellte – Überlegungen zu einer im Allgemeinen für Diebstähle von Lastkraftwagen bei lebensnaher Betrachtung als notwendig erachteten Organisationsstruktur und Anzahl von Mitwirkenden „in Umsetzung des übergeordneten Planes“ und übt auf diese Weise nach Art einer im kollegialgerichtlichen Verfahren allerdings unzulässigen Berufung wegen des Ausspruchs über die Schuld Kritik an der tatrichterlichen Beweiswürdigung.

Die unter Verweis auf die Ausführungen zur Mängelrüge einen Feststellungsmangel behauptende Subsumtionsrüge (Z 10) ignoriert prozessordnungswidrig die negativen erstgerichtlichen Ausführungen und entzieht sich somit meritorischer Erledigung (RIS Justiz RS0118580 [T14]).

Die Nichtigkeitsbeschwerde war daher in Übereinstimmung mit der Stellungnahme der Generalprokuratur schon bei nichtöffentlicher Beratung sofort zurückzuweisen (§ 285d Abs 1 StPO), woraus die Zuständigkeit des Oberlandesgerichts zur Entscheidung über die Berufung folgt (§ 285i StPO).

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