JudikaturOGH

4Ob153/16b – OGH Entscheidung

Entscheidung
30. August 2016

Kopf

Der Oberste Gerichtshof hat durch den Senatspräsidenten Dr. Vogel als Vorsitzenden und die Hofräte Dr. Jensik, Dr. Musger, Dr. Schwarzenbacher und Dr. Rassi als weitere Richter in der Rechtssache der klagenden Partei A***** AG, *****, vertreten durch Huber Swoboda Oswald Aixberger Rechtsanwälte GmbH in Wien, gegen die beklagte Partei M***** S*****, vertreten durch Dr. Patrick Ruth, Rechtsanwalt in Wien, wegen Unterlassung (Streitwert 34.900 EUR) und Urteilsveröffentlichung (Streitwert 100 EUR), aus Anlass des Rekurses beider Parteien gegen den Beschluss des Oberlandesgerichts Wien als Berufungsgericht vom 27. April 2016, GZ 3 R 8/16t, 3 R 25/16t 35, womit das Urteil des Landesgerichts Wr. Neustadt als Handelsgericht vom 22. Dezember 2015, GZ 27 Cg 74/14s 27, in der Fassung des Ergänzungsbeschlusses vom 7. Jänner 2016, GZ 27 Cg 74/14s 29 aufgehoben wurde, in nichtöffentlicher Sitzung den

Beschluss

gefasst:

Spruch

Das Rekursverfahren wird bis zur Entscheidung des Verfassungsgerichtshofs über den mit hg Beschluss vom 30. März 2016 zu 4 Ob 31/16m ua gestellten Antrag an den Verfassungsgerichtshof, näher bezeichnete Normen des Glücksspielrechts als verfassungswidrig aufzuheben, unterbrochen .

Die Aufnahme des Verfahrens erfolgt von Amts wegen.

Begründung:

Rechtliche Beurteilung

Der Senat hat jüngst in (sechs) verbundenen Verfahren, denen Sachverhalte zugrunde lagen, die mit jenem des gegenständlichen Verfahrens vergleichbar sind, mit dem im Spruch genannten Beschluss die dort näher bezeichneten Bestimmungen des Glücksspielgesetzes (GSpG) und des NÖ Spielautomatengesetzes 2011 beim Verfassungs-gerichtshof als verfassungswidrig angefochten.

Grundlage der Anfechtung war ua folgender Sachverhalt:

Die Österreichische Lotterien GmbH, Inhaberin aller in § 14 GSpG vorgesehenen Lotteriekonzessionen, investiert für Werbung jährlich 40 bis knapp 50 Millionen EUR und ist unter den Top Acht Investoren bei den Werbeausgaben in Österreich. Die Österreichische Lotterien GmbH sprach dabei ein breites Publikum an, etwa indem sie in Zeitungen bei religiös und kulturell interessierten Menschen warb, in ihrer Werbung auf das Sponsoring großer Festivals (zB dem Donauinselfest) und wohltätiger Zwecke (Einsätze der Rettungshunde Niederösterreich) hinwies, Personen mit einer Spielquittung den Eintritt in den Tiergarten Schönbrunn spendierte und für Schüler von 10 bis 14 Jahren eine große Sportveranstaltung (mit )finanzierte.

Die Casinos Austria AG, Inhaberin aller in § 21 GSpG vorgesehenen Spielbankkonzessionen, warb oder wirbt unter anderem mit Slogans wie „Gewinnen macht schön“, „Das Glück steht Ihnen gut“, „Ein Abend so schön wie die Frauen. Mittwoch ist Damentag“, „Frauen haben nicht nur Glück im Spiel“, „Mittwoch packt alle das Diamantenfieber“, „Der Damentag zieht alle an. Jetzt Don Gil Gutscheine und Mailand Trip gewinnen“. Es wurde auch eine U Bahn Garnitur in Wien im Stil der „Golden Roulette“-Kampagne mit dem Schriftzug der Casinos Austria AG gebrandet. In Zeitungen wurden Gutscheine der Casinos Austria beigegeben, mit welchen unter dem Titel „Tag des Glücks“ ein Bonus von 10 EUR geboten wurde. Für eine Reihe von kulturellen Veranstaltungen im Casino wurde ua damit geworben, dass im Kartenpreis auch Begrüßungsjetons für das Casino enthalten seien. In mehreren Presseaussendungen wies die Casinos Austria AG darauf hin, dass ihre „Glückstage“ mit jeder Menge Gewinnchancen für Besuchsrekorde von weit über 10.000 Gästen täglich sorgten. Die Besucher wurden dabei mit Unterhaltungsprogrammen und Verlosungen angelockt, wobei Kraftfahrzeuge und Lottogutscheine gewonnen werden konnten.

Zu den Anfechtungsgründen wird auf den Beschluss 4 Ob 31/16m ua verwiesen. Die dort angefochtenen Bestimmungen des GSpG sind auch für das vorliegende Verfahren präjudiziell.

Da zu erwarten ist, dass der Verfassungsgerichtshof im Fall der Aufhebung der angefochtenen Gesetzesbestimmungen eine Anlassfall-erstreckung gemäß Art 140 Abs 7 B VG aussprechen wird, erweist sich die Unterbrechung des Verfahrens als zweckmäßig (vgl auch 4 Ob 233/15s ua).

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