1Ob127/16g – OGH Entscheidung
Kopf
Der Oberste Gerichtshof hat als Revisionsgericht durch den Senatspräsidenten Hon. Prof. Dr. Sailer als Vorsitzenden sowie die Hofräte Univ. Prof. Dr. Bydlinski, Mag. Wurzer, Mag. Dr. Wurdinger und die Hofrätin Dr. Hofer Zeni Rennhofer als weitere Richter in der Rechtssache der klagenden Partei R***** GmbH, *****, vertreten durch Holler Höfler Rechtsanwälte OG, Leibnitz, gegen die beklagte Partei CGO Insolvenzverwaltungs GmbH, Graz, Neutorgasse 47/1, als Masseverwalterin im Konkurs über das Vermögen der D***** GmbH Co KG, vertreten durch Dr. Raoul Troll, Rechtsanwalt in Graz, wegen 76.753,63 EUR sA, über die außerordentliche Revision der klagenden Partei gegen das Urteil des Oberlandesgerichts Graz als Berufungsgericht vom 20. Mai 2016, GZ 2 R 59/16p 55, mit dem das Urteil des Landesgerichts für Zivilrechtssachen Graz vom 12. Februar 2016, GZ 35 Cg 49/14x 51, bestätigt wurde, in nichtöffentlicher Sitzung den
Beschluss
gefasst:
Spruch
Die außerordentliche Revision wird gemäß § 508a Abs 2 ZPO mangels der Voraussetzungen des § 502 Abs 1 ZPO zurückgewiesen.
Begründung:
Rechtliche Beurteilung
1. Die Revisionswerberin tritt der Rechtsauffassung des Berufungsgerichts, dass die Klageforderung unbegründet ist, ausschließlich mit Ausführungen zu einem ihrer Ansicht nach vorliegenden konstitutiven Anerkenntnis entgegen. Auf die sonstigen bisher geltend gemachten Rechtsgründe ist daher nicht einzugehen.
2. Unberechtigt ist der unter dem Revisionsgrund der Mangelhaftigkeit des Berufungsverfahrens erhobene Vorwurf, das Berufungsgericht hätte zu Unrecht die Auffassung vertreten, die Klägerin habe im Zusammenhang mit einem behaupteten Erörterungsmangel dessen Relevanz nicht dargelegt und insbesondere nicht erkennen lassen, welche für sie günstigeren Beweisergebnisse erzielbar gewesen wären. Nach ihren eigenen Revisionsausführungen habe sie in der Berufung vorgebracht, der Haftpflichtversicherer der beklagten Partei, dessen Handeln „auf die klagende Partei durchschlage“, habe „den Schaden der klagenden Partei gegenüber im März bzw April 2013 (neuerlich) 'anerkannt'; daraus wäre ein Anspruchsgrund für die klagende Partei direkt gegen die beklagte Partei gegeben gewesen“. Dass das Berufungsgericht diese Ausführungen als unzureichend angesehen hat, ist nicht zu beanstanden. Der Berufungswerber hat im Rahmen der Darlegung der Relevanz eines behaupteten Verfahrensmangels nämlich insbesondere konkrete Tatsachen darzulegen, die sich seiner Ansicht nach bei einem mangelfreien Verfahren ergeben hätten und die geeignet wären, die von ihm angestrebte Rechtsfolge zu begründen (vgl nur RIS Justiz RS0043027 [T7]). Die bloße Rechtsbehauptung, der Haftpflichtversicherer der Beklagten habe „den Schaden anerkannt“, lässt vor allem völlig offen, von welcher (vertretungsbefugten) Person, in welcher Form und mit welchem Wortlaut ein Anerkenntnis abgegeben worden sein soll. Zudem setzt ein solches das Zugestehen eines Rechts des anderen, nicht aber bloß eines „Schadens“ voraus.
3. Soweit die Revisionswerberin ein konstitutives Anerkenntnis im E Mail des nun in Anspruch genommenen (Gemein )Schuldners vom 13. 4. 2011 erkennen will, unternimmt sie nicht einmal ansatzweise den Versuch, zu erklären, warum sich ein solches aus dem Wortlaut dieser Erklärung ergeben sollte. Ein konstitutives Anerkenntnis liegt vor, wenn eine vertragliche Vereinbarung (Feststellungs-vertrag) in der Weise zustande kommt, dass eine mit dem behaupteten Recht eines anderen konfrontierte Person (sinngemäß) erklärt, dass mit Abschluss dieser Vereinbarung das behauptete Recht jedenfalls und ohne Rücksicht darauf bestehen soll, ob es bisher tatsächlich existiert hat (vgl nur Welser/Zöchling Jud , BR II 14 Rz 530 ff mwN).
Hier hat die nunmehrige Schuldnerin gegenüber der Klägerin erklärt, es gebe keinen Grund, warum offene Rechnungen zurückgehalten werden, darauf hingewiesen, dass die Klägerin für Zusicherungen zum Schadensfall direkt mit der Versicherung Kontakt aufnehmen könne, und abschließend dringend ersucht, die offenen Beträge zu überweisen. Inwieweit darin die Abgabe einer Verpflichtungserklärung liegen könnte, ist unverständlich, wendete sich die Schuldnerin doch gerade gegen jegliche Geltendmachung von Gegenforderungen und verwies sie die Klägerin nur ganz allgemein an ihre Haftpflichtversicherung. An dieser Beurteilung ändert sich auch nichts, wenn man das dem E Mail angeschlossene Schreiben einer Versicherungs-maklerin berücksichtigt, von der nicht einmal behauptet wird, dass sie berechtigt gewesen wäre, namens des Haftpflichtversicherers bindende Erklärungen für die Schuldnerin abzugeben.
4. Ebenso unerfindlich bleibt, wie die Revisionswerberin aus der Zahlung des Haftpflichtversicherers von 31.057,72 EUR ein konstitutives Anerkenntnis ableiten möchte, mit dem ein unmittelbares Vertragsverhältnis zwischen ihr und der nunmehrigen Schuldnerin zustande gekommen wäre, aus dem Letztere verpflichtet wäre, den nunmehr geltend gemachten Klagebetrag zu zahlen. Naheliegenderweise enthält die Revision auch keine Ausführungen dazu, welchen Inhalt ihrer Ansicht nach der Anerkenntnisvertrag gehabt haben sollte und welchen vernünftigen Grund sie gehabt haben könnte, aus der – auf der Grundlage eines vom Versicherer eingeholten Sachverständigengutachtens geleisteten – Zahlung den Schluss zu ziehen (vgl RIS Justiz RS0014279), der Versicherer habe damit für seinen Versicherungsnehmer die bindende Erklärung abgeben wollen, er werde darüber hinaus – ohne Rücksicht auf die wahre Sach- und Rechtslage – auch die Haftung für darüber hinausgehende Vermögensnachteile der Klägerin übernehmen. Mit der weiters erörterten Frage, ob auch ein „Anerkenntnis dem Grunde nach“ im Sinne des § 1497 ABGB verjährungsunterbrechend wirkt, hat dies im Übrigen nichts zu tun, ist doch ein konstitutives Anerkenntnis (bloß) dem Grunde nach kaum denkbar (vgl 8 Ob 61/81 = RIS Justiz RS0032991). Ein bloß deklaratives Anerkenntnis vermag aber eine Anspruchsgrundlage für die erhobene Klageforderung nicht herzustellen.
Unverständlich ist schließlich die Ausführung, der Haftpflichtversicherer habe sich wohl auch der Klägerin gegenüber verpflichten wollen, nachdem er Zahlung direkt an diese geleistet habe, was „keinen Spielraum für eine andere Sicht als jene eines konstitutiven Anerkenntnisses“ lasse. Abgesehen davon, dass auch an dieser Stelle völlig unbegründet bleibt, warum die bloße Zahlung eines bestimmten Betrags zu einem konstitutiven Anerkenntnis über weitere Verbindlichkeiten führen sollte, übersieht die Revisionswerberin offenbar auch, dass das Bestehen eines Anerkennungsvertrags zwischen ihr und dem Haftpflichtversicherer für das vorliegende Verfahren bedeutungslos wäre, ist die Klage doch nicht gegen diesen gerichtet.
5. Einer weiteren Begründung bedarf es nicht (§ 510 Abs 3 ZPO).